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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Barth, Hans: Römische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0458

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Komische Kunst

von lln. Dans

ie Ausstellungssaison, die in allen Landen ihre
Bluten treibt, hat auch uns Römern drei — nicht
weniger als drei! — Kunstausstellungen auf einmal be-
schert. Und zwar die der Olympier-Gesellschaft (denn
für „Olympier" halten die Herren sich wenigstens selbst)
»In arte lidertas«; die der zwar anspruchsloseren, aber
gewiß nicht minder tüchtigen „Aquarellisten" und zu-
guterletzt die der sehr, sehr sterblichen und von den er-
wähnten beiden Künstlergenossenschaften durch eine un-
überbrückbare Kluft — die des Dilettantismus — ge-
trennten »^.matori e Onltori (teile belle -Vrti«; alle drei
Ausstellungen im schönen Palazzo dell' Esposizione der
„Via Nazionale" vereinigt, wobei »In arte libertasr
und „Aquarellisten" ihrer geringeren Ausdehnung wegen,
wie üblich, das Erdgeschoß, die Legion der sogenannten
»^rnatori e cuitori«, vulgo Stümper, aber den ganzen
ersten Stock mit Beschlag belegten. Was nun zunächst
die erste Ausstellung betrifft, so sei bemerkt, daß die »In
arte Ubertaor eine aus elf Mitgliedern bestehende oli-
garchische Künstlerrepublik ist, die — man verzeihe den
Ausdruck — trotz der anerkannten Tüchtigkeit ihrer meisten
Bürger — nur zu gerne in den Fehler einer gewisser-
maßen auf geheimen Accord beruhenden gegenseitigen Be-
weihräucherung verfällt. Exclusiv durch und durch zieht
die »In arte libertas« nur widerstrebend solche Künstler
zu ihrer „Elite"-Ausstellung heran, die sich an Ruf oder
wirklichem Können mit ihren elf Aposteln messen dürfen.
Müssen diese doch stets befürchten, von dem jungen Ele-
ment verdunkelt zu werden. Immerhin stoßen wir auf
„Geladene", wie Biseo, Brandt, Cabianca, Kopf,
Lenbach und Sartorio, doch leider auch auf ein ganzes
Mädchen-Pensionat ältern Jahrgangs, das — warum
wohl? — der hohen Ehre gewürdigt worden ist, in der
Künstlerrepublik »In arte libertas« dicht neben den mo-
dernen römischen Kunstheroen zu paradieren. Die letztem, ^
d. h. die eigentlichen Bürger dieser Olympierrepublik sind
Costa, Coleman, Carlandi, Ettore Ferrari etc. —-
Merkwürdig ist nun, daß, nimmt man etwa Coleman
aus, die besten und größten Leistungen in der Elite-
Ausstellung vornehmlich von Geladenen d. h. nicht
Olympiern stammen. Ta ragt vor allem in der Land-
schaft der blutjunge und trotz aller ihm vielleicht noch
anhaftenden Unklarheit durch und durch künstlerisch ver-
anlagte Sartorio glänzend hervor, der vom Hause aus
eigentlich Historienmaler ist und dessen „Söhne Kains"
bei der Pariser Welt-Ausstellung die goldene Medaille
errangen. Der mit eisernem Fleiße an seiner Ausbildung
arbeitende Künstler führt uns hier Wohl ein Dutzend
duftiger, mit dem vollen Zauber der Poesie übergossener
Pastelle vor. So ist namentlich sein „Frühling" eine
wahre Perle und unstreitig das beste Landschaftsbild in
der Ausstellung. Nächst Aristide Sartorio bieten uns
Coleman, Biseo, Brandt, Petiti und auch der
Pontifex Maximus der Künstlerrepublik, Giovanni
Costa viele treffliche Werke. Da finden wir von Costa,
dessen Kolorit mit der vorzüglichen Zeichnung nicht immer
gleichen Schritt hält, ein ganzes Museum reizender Land-
schaftsbildchen, besser gefüllt uns jedoch ein gleichfalls
aus seinem Pinsel stammendes Kinderporträt. Dann

Larth (Rom)

die fleißig, manchmal wohl etwas pedantisch, aber immer
talentvoll ausgeführten rheinischen Landschaftsbildchen
Petitis, die Campagnestudien Colemans, die farbenfrohen
Orientbilder Biseos, endlich die anmutigen Umbrischen
Pastelle Brandts. Im Genre und Porträt herrscht
gänzliche Ebbe. Nur Sir Fred. Leighton, Direktor
der Londoner Kunstakademie, und Ernest Hebert,
Direktor der Akademie Franqaise in Rom, haben den —
für das Publikum und wohl auch für die Jury nicht
übermäßig erfreulichen — Mut besessen, der erstere eine...
„Psyche", der zweite eine „Schwindsuchtskandidatin"
auszustellen. Zwei Werke, die zu „verbrechen" man
weder englischer Lord, noch Akademiedirektor zu sein
braucht; der Griffel des kleinen Moritz und ein ent-
sprechender Pinsel genügt vollauf. — Besser, wenn schon
nicht so trefflich wie sonst, ist ein Damenporträt Giu-
seppe Ferraris. Von Lenbach endlich sind 'zwei
wie immer unvergleichliche Porträts, der Gräfin Paso-
lini, einer blondhaarigen interessanten Römerin, zu sehen.
Tie Bildhauerei endlich ist nur ganz wenig vertreten.
Außer ein paar herzlich unbedeutenden und in der Mo-
dellierung gründlich verfehlten Bronzestatuetten kommt
eigentlich nur eine leidliche Saffi-Büste Ferraris und
eine Büste, wie eine Reihe Reliefs Joseph Kopss in
Betracht. Tie Aufnahme-Jury der „Elite-Ausstellung"
ist leider von dem Vorwurf nicht ganz freizusprechen, da
und dort absichtlich ein Auge zugedrückt zu haben, wo
die Contrabande des Dilettanten- und Stümpertums ganz
ungeniert in den Hafen der »In arte libertao« hinein-
segelte. Und damit ist über die Olympier-Republik, als
exclusive Elite-Genossenschaft, das Urteil gesprochen.

Treten wir nun aus der Welt der Anmaßung
hinüber in die Welt der ehrlichen Arbeit. Von den
Heroen und Göttern zu den Sterblichen, von den Trium-
-phatoren, die in satter Selbstvergötterung auf den Lor-
beeren vergangener Jahrzehnte ruhen — wie gewisse
Akademiedirektoren —- zu der jungen Generation, die
da ringt und vorwärts drängt. Bei den Aquarellisten
begegnen wir einer Reihe guter und in Deutschland
wohlbekannter Namen: Sartorio, Biseo, Rösler-
Franz, Ferrari, Benlliure, Scipione und
Gustav Simoni u. a. —- zum Teil Künstler, welche
die »In.arte libertas« zur Beschickung ihrer Elite-Aus-
stellung geladen, weil sie zu ihrem eigenen Ruhm auf
die Mitwirkung jener jungen Kräfte nicht verzichten
wollte, so wenig als —- man verzeihe den historischen
Vergleich — das gealterte und entnervte Rom ans die
Kräfte der jugendfrischen Barbaren, die er unter dem
Schein der Protektion in seine Dienste nahm. Wie in
der »In arte libertas«,- wo die erbgesessenen Kunstjunkcr
und Kunstphilister sich gegen die jungen Eindringlinge
nicht wenig gesträubt haben mögen, so gebührt auch in
der Aquarellisten-Ausstellung der Palm dem genialen
und hoffnungsvollen Sartorio, der wieder eine Reihe
seiner entzückend-poetischen Waldbilder-Pastelle ausstellt.
Vergessen wir übrigens an erster Stelle nicht die von
ebenso vornehmer Naturempfindung als vorzüglicher Tech-
nik zeugenden Landschaftsstudien Enrico Colemans
und die mit Coleman in Ton und Technik, aber nicht
 
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