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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Lange, Konrad von: Die Notlage unserer Maler, [1]
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Schölermann, Wilhelm: Die Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0311

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i

DIE AUSSTELLUNG DES DEUTSCHEN KÜNSTLERBUNDES IN BREMEN

auf den Standpunkt des Künstlers stellen, daß käufe im Vergleich zu den Privatankäufen! i
der Inhalt nichts, die Form alles bedeute. Man sollte sich doch nicht wundern, wenn
Und es ist reiner Zufall, wenn der Künstler solche Bilder unverkauft bleiben. i
einmal einen Inhalt trifft, der dem kaufenden Die Ausstellungspraxis verführt sodann zur
Publikum sympathisch oder wenigstens nicht Wahl seltsamer Stoffe, um die Aufmerksam-
unsympathisch ist. keit zu erregen. Gewisse Werke bekannter
Auch die künstlerische Gestaltung ist es oft, lebender Maler sind unter diesem Einfluß ent-
die den Verkauf eines Bildes erschwert. Die standen. Man darf sich gewiß nicht wundern,
einfachen Verhältnisse der alten Zeit, die daß ein Privatmann, der doch eine natürliche
Uebereinstimmung des Künstlers mit dem Neigung hat, sich Bilder mit sympathischem
Publikum in wichtigen Fragen der Kultur Inhalt in sein Zimmer zu hängen, solche Bilder
3 und des Geschmacks erzeugte jene Ruhe und nicht kauft.

3 Sicherheit des Stils, die wir an den alten Werken Und selbst wenn Größe, Format und Inhalt

3 immer von neuem bewundern. Heutzutage haben sympathisch sind, wie selten ist es, daß Kom-

1 wir keinen einheitlichen malerischen Stil. Es position und Farbenstimmung zu der Umgebung

'1 ist auch nicht einmal wünschenswert, daß ein passen! Die alten Meister wußten genau, wie i

< solcher künstlich wieder erzeugt werde. Aber die farbige Umgebung ihrer Werke sein würde, i
ij man muß sich auch die wirtschaftliche Konse- Sie konnten ihr Kolorit danach berechnen, und

J quenz davon klar machen. Sie lautet, daß der waren sicher, daß die Bilder mit ihrer Um- i

J Geschmack des Publikums ziemlich selten mit gebung ein dekoratives Ensemble bilden würden. I

5 dem des Künstlers übereinstimmen wird. Der heutige Maler steht auch in dieser Be- I

) Das gilt schon für rein äußerliche Dinge. Ziehung vor einer unbekannten Größe. Sein

5 Die alten Bilder hatten alle ihre bestimmte Bild ist losgelöst von allen äußeren Bedingungen

l Größe und ihr hergebrachtes Format. Das des Daseins, ein Ding an sich, das in der Luft

j! Altarbild sollte auf dem Altar, also in der schwebt, von niemandem begehrt wird, nirgends j

( Achse der Kirche und in einer bestimmten eine Lücke ausfüllt, kein Bedürfnis befriedigt. |

5 architektonischen Umgebung stehen. Das Por- Man hat ihm so oft gesagt, der „Plakatstil" j

J trät sollte in einer jener niedrigen dunkel- sei das einzig Wahre. Es komme nicht auf I

h getäfelten Bürgerstuben hängen, in denen un- intime Versenkung, sondern auf „dekorative I

3 sere Altvorderen wohnten. Daraus ergaben sich Wirkung" an. Kein Wunder, daß er nun Pia- I

3 gewisse Grenzen für Größe und Format, die kate malt, daß ganze Schulen und Gruppen '

w nur selten überschritten wurden. Unsere heu- einen Plakatstil ausgebildet haben, der für

l tigen Staffeleibilder haben den Zusammenhang unsere Wohnungen nicht paßt (Der Schluß folgt)

jj mit dem Raum verloren. Der Maler, der ja den _ g

J künftigen Käufer nicht kennt, weiß auch nicht, ^
j in welchem Raum, an welcher Stelle der Wand DIE AUSSTELLUNG DES DEUTSCHEN
J sein Bild einst hängen wird. Es ist aber klar, KÜNSTLERBUNDES IN BREMEN

) daß darunter die Verkäuflichkeit des letzteren , „ , . . _._ . .

I , . , , . . „ . ,. Tve Ausstellung des Deutschen Kunstlerbundes

leiden muß, denn es ist reiner Zufall, wenn U 1912 in Bremen wurde in der Kunsthalle am

| ein Bild, das sonst gefällt, gerade an die Stelle 4. Februar (statt wie geplant am 1.) eröffnet. Anläßlich

\ paßt, die allein dafür in Betracht kommen der ersten Ausstellung des Künstlerbundes in Wei-

kann. Das Schlimme ist eben, daß unsere maJ"> der Gründungsstadt und Alma Mater dieses

) , . , ..... ,. ,v, , Schutz- und Trutz-Bundes, schrieb ich in dieser

heutigen Bilder nicht für die Wohnung, son- Zeitsehrift über die Gefahr des zu häufigen Aus-

[ dern für die Ausstellung gemalt werden. Sie stellens. Es schadet mehr, als man glaubt. Seit-

) sollen sich in großen Sälen neben zahllosen dem hat der Bund alle Jahre ausgestellt, hat aus-
anderen Bildern zur Geltung bringen. Daraus |,e!Ien müssen w.eii - der Preis der Villa Romana-

: ..... ,. , °. ° _ Stiftung alljährlich verteilt werden soll! Gerade

ergibt sich eine Vorliebe für große Formate, das> was heute der Kunst und den Künstlern so

) die vielfach gar nicht mehr im Wesen des sehr schädlich ist, das für jede Ausstellung etwas

\ Staffeleibildes liegen. Die zurückgedrängte Sehn- „fertighaben"müssen,dasmußderDeutcheKünstIer-

sucht nach monumentaler Gestaltung findet ^und mitmachen, anstatt sich von dieser Unsitte

) , . ., _ „ . ,. . , . , t> ■ frei zu machen und dahin zu wirken und zu stre-

J hier ihre Befriedigung. Aber welcher Privat- beil) daß jedes TaIent zu seiner Probe> dem Kunst.

) mann hätte über seinem Sofa Platz, um das werk, Zeit und Ruhe zur Reife gewinnt. Das ist

J Bild einer lebensgroßen Kuhherde oder einer bedauerlich und die 1906 drohende Gefahr des All-

j) kolossalen Gebirgslandschaft aufzuhängen? zuviel droht noch heute Sie w^rd nicht eher be-

< _ . & . ,6 . seitigt oder gemindert, bis man sich entschließt,
3 Derartige Bilder passen nur für eine Galerie. bewußt zu „verzichten" und nur nach längeren
3 Wie gering ist aber die Zahl der Galeriean- Zwischenräumen wieder Heerschau zu halten. Alle

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