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Willi Geiger. Pyrenäenlandschaft

nen wie zerstreute allegorische Andeutungen und
Auflichtungen aus einem großen Reich des Schwei-
gens. Es war zu Beginn des Jahrhunderts noch unge-
wöhnlich, daß ein Münchner Maler nach Spanien
ging, aber als Willi Geiger am Ende des akademi-
schen Studiums 1905 den Graf-Schack-Preis erhielt,
teilte er das zweijährige Stipendium in ein Jahr Rom
und ein Jahr Madrid. In Spanien fand er die Land-
schaft, die Menschen und das Leben, die ihn als
Künstler fesseln und fördern konnten. Es entstanden
die ersten Radierungen von Stierkämpfen, denen er
später zahlreiche neue Erfindungen und Abwandlun-
gen hinzufügte, bis er sie in sechs Bänden veröffent-
lichen konnte.

Nachdem Geiger auch den Villa-Romana-Preis erhal-
ten und 1915 ein Jahr in Florenz verbracht, und nach-
dem er im Weltkrieg in Frankreich und Mazedonien
gestanden und dann einige Jahre an der Münchner
Kunstgewerbeschule als Lehrer gewirkt, zog er 1925
wieder nach Spanien, diesmal zu einem zweijährigen

Aufenthalt in Madrid und auf Reisen durch das
ganze Land und auf die Inseln. Zuletzt hielt er sich
nochmals 1929 längere Zeit in Madrid auf. Er fühlte
sich mit dem Lande durch eine Art von Wahlver-
wandtschaft vielleicht keltischen Ursprungs verbun-
den, und das Land und die Menschen, Figuren einer
Rasse, die ihre Erdkraft noch nicht verloren, kamen
seinem künstlerischen Sinn entgegen. In Toledo
radierte er 1925 die „Phantasien aus Greco", einen
Zyklus von Blättern aus dem Begräbnis des Grafen
Orgaz in San Tome, von dem Geiger auch eine far-
bige Kopie gemalt hat. In den Radierungen griff er
einzelne Bildnisköpfe und Hände heraus und über-
setzte sie aus der flammenden Pinselschrift des Grie-
chen in seine metallreiche sinnliche Nadelarbeit, wo
die Gesichter und Hände entkörpert wie Blumen aus
dem Dunkel hervorscheinen und in ihrem geisterhaf-
ten Ausdruck noch gesteigert sind. Diese Studien aus
Grero sind später mit dem in Toledo geschriebenen
einführenden Text über die Persönlichkeit des Grie-

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