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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 24.1875

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Heft 3/4
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Miller, Ferdinand von: Aus der Geschichte der Münchener Erzgießerei, [2]: Vortrag gehalten im Kunstgewerbeverein von Inspektor Ferdinand v. Miller
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https://doi.org/10.11588/diglit.7030#0017

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Zeitschrift

des

Knnst-Gewerlie-Vereins.

Fünfundzwanzigster Jahrgang.

München.

JWr± 3 4'

1875.

Die Zeitschrift erscheint monatlich mit wenigstens zwei Seiten Text und zwei Kunstbeilagen. Die Bereinsmitglieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich. Im Buch-
handel kostet dieselbe ^ fl. s. W. — 2 Thlr. 12 Sgr, der Jahrgang. Inserate geeigneten Inhaltes werden mit 6 kr. 2 Sgr. für den Raum einer gespaltenen
Petitzeile berechnet. St and ig e Inserate erhalten eine entsprechende Preisermäßigung. In- und Auswärtige wollen sich dieserhalb an die Buchhandlung von

Theodor Ackermann dahier wenden.

Aus der Geschichte

der

Münchener Cr?gieherei.

Vortrag

gehalten im Kunstgewerbeverein

von

Inspektor Uerdinand t>. Miller.

(Schluß.)

Es gehörte Muth und großes Selbstvertrauen dazu, unter
diesen Verhältnissen mit jungen, ungeübten Arbeitern die kolos-
salsten Erzgüsse zu unternehmen, wie sie sich schon in den ersten
Jahren des Bestehens der neuen Anstalt darboten.

Graf Schönborn errichtete in Gaibach die Konstitutions-
Säule; ein korinthisches Kapital aus Erz und eine 10 Fuß weite
Schale mit vergoldeter Flamme sollte diese Säule bekrönen.

Dieß waren die ersten größeren Güsse aus dem neuen
Flammenofen, der sich dabei trefflich bewährte. — Ferner ließ
der Magistrat Münchell von Rauch ein Denkmal für den ge-
liebten König Max I. modelliren, das in München gegossen
werden sollte. Der Magistrat bewilligte die Mittel, ein größeres
Gußhaus mit noch größerem Ofen zu bauen — auch König
Ludwig I. wollte für die in Rußland gebliebenen Bayern aus
eroberten Kanonen einen 100 Fuß hohen Obelisk errichten, ließ
später außer den Statuen Jean Pauls für Bayreuth und des
Markgrafen Friedrich von Brandenburg für Erlangen auch die
Thore der Glyptothek und der Walhalla in Erz ausführen und
was Stiglmayer ganz besondere Befriedigung gewährte, die von
Thorwaldsen in Rom modellirte Reiterstatne des Churfürsten
Maximilian in Erz gießen.

Das, was ihm Righctti iit Neapel nicht einmal zu sehen
erlaubte, konnte er selbst nun ausführen.

Es läßt sich denken, daß bei so großen Unternehmungen
manch harter Strauß zu bestehen war; viel schwere Ereignisse
trafen Stiglmayer, wogegen jene in Neapel nur Kinderspiel
waren. Es hat jede Statue, jedes Kunstwerk seine manchmal
sehr interessante Entstehungsgeschichte, aber es würde mich zu
weit führen, wollte ich Ihnen hierüber berichten.

Nur ein paar Ereignisse aus den jüngeren Jahren der
königl. Erzgießerei möchte ich berühren, weil Sie dadurch einen
Einblick in alle die zu überwindenden Schwierigkeiten und Ge-
fahren erhalten. Schon der erste Guß im neuen großen Guß-
hause am 9. August 1832 war ein höchst unglücklicher.

Die sitzende Figur des Königs Max mit dem reichen Thron-
mantel wollte Stiglmayer in einem Stück gießen.

Er hatte noch keine Ahnung von der Wucht so großer
Massen flüssigen Erzes — es mochten etwa 150 Zentner Erz
in der Form sein, als die Fundamente der Gießgrube wichen,
und unter furchtbarem Donner schleuderte eine Explosion
das Erz in die Luft; die mühevoll erzeugte Form, das Werk

eines 18 Monat langen Fleißes war zerstört und 15 Personen
wurden dabei verwundet.

Die so einfach scheinenden Güsse des Obelisk wollten an-
fangs nicht gelingen, die großen Flächen veränderten sich beim
Erkalten, zogen sich ungleich ein und die Vierecke paßten dann
nicht mehr aufeinander und mußten wieder eingeschmolzen werden.

Solche Unfälle wurden dann von den eifersüchtigen Gegnern
in Paris und Berlin eifrig ausgebeutet und es bedurfte der
größten Energie, das schwankend gewordene Vertrauen wieder
zu gewinnen.

Stiglmayr's zäher Ausdauer gelang es indeß, der Münchener
Erzgießerei nicht allein im eigenen Lande einen guten Ruf zu
erringen, sondern ihn auch über Bayerns Grenzen hinaus zu
verbreiten.

Das Schiller-Comite in Stuttgart wandte sich im Jahre
1836 nicht mehr nach Paris, um Thorwaldseu's Schiller-Statue
in Erz gießen zu lassen, sondern an die Münchener Erzgießerei;
die Mozart-Statue für Salzburg und die des Großherzogs
Ludwig von Darmstadt, wurden in München gegossen und eine
der schwierigsten Aufgaben für die Gießkunst, die es geben konnte,
ersann König Ludwig I., indem er die 12 Ahnenstatuen für
den Thronsaal ans feuervergoldeteiK Erz zu machen befahl.

Die Pariser Erzgießer lachten über diese Idee und erklärten
die Feuervergoldung solcher Kolosse für unausführbar; der
Mailänder Gießer Manfredini darüber befragt, erklärte, wenn
eine solche Statue im Feuer vergoldet werde, ohne 3 Mann da-
bei zu vergiften, lasse er sich den Hals abschneiden.

Wir kennen bis jetzt feine solide Vergoldung, die nachweis-
bar der Ewigkeit zu trotzen vermöchte, als die Feuervergoldung.
Das Gold wird dabei mit Quecksilber amalgamirt und der zu
vergoldende Gegenstand unter Anwendung von Scheidewasfer-
Beize mit diesem Amalgame gleichmäßig überzogen. — Wird nun
die so mit Gold und Quecksilber überzogene Statue ans dem
Feuer gleichmäßig erhitzt, so verflüchtigt sich das Quecksilber,
während das Gold auf dem Metalle eingeschmolzen zurückbleibt.

Diese Operation wäre so weit ziemlich einfach, wenn sich
das Gold während des Abdampfens gleichmäßig auf der Metall-
oberfläche vertheilen möchte; das thut es aber nicht, sondern vian
muß es mit Bürsten und Pinseln auf der Metallfläche ver-
treiben, d. h. gleichmäßig auseinander bürsten, was für den
Arbeiter höchst gefährlich ist, weil sich von der erhitzten Statue
die giftigen Quecksilberdämpfe entwickeln; Zittern, Ausfallen
der Zähne, Speichelfluß und tödtliche Vergiftung sind die Folgen
unvorsichtigen Einathmens solcher Quecksilberdämpfe.

Ein nach d'Arzet'schem Systeme eingerichteter Vergolder-
herd mit künstlichem Luftzuge, wobei die ganze Operation rnrter
Glas geschehen kann, verbunden mit der strengsten Wachsamkeit
über die damit beschäftigten Leute, machte es möglich, bei dieser
Arbeit jedes wesentliche Unglück zu verhüten.

Uebrigens würden wir der Wissenschaft großen Dank wissen,
 
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