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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 24.1875

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Heft 9/10
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Jagemann, Johann: Entstehung von Zeitmessern überhaupt, sowie Entstehung der ersten Räderuhren, deren Construction und Entwickelung, [1]: Vortrag gehalten im Kunstgewerbeverein
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Die Goldschmiede Wenzel und Albrecht Jamnitzer und der Rothschmied Peter Vischer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7030#0043

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Joh. v. Lichtenberg vollendet. Die zweite Uhr ist im Jahre
1547 angefangen und mit öfteren Unterbrechungen 1574 vollen-
det worden.

Der Plan hiezu ist von dem berühmten Mathematiker
Herlin, Prof, der Hochschule zu Straßburg und mehreren anderen
Autoritäten entworfen und nach dessen Tode von seinem Zög-
linge und Nachfolger Dasypodius vielfach erweitert und in
Verbindung mit den BrüdernJsaac und Josias Habrecht aus Schaff-
hansen, denen die Verfertigung des mechanischen Werkes anver-
traut war, ausgeführt worden. Dieses Werk, das sehr viele
bewegliche, figürliche, sowie astronomische Darstellungen zeigte,
gab ein Bild, auf welch hoher Stufe schon Kunst uitb Wissen-
schaft int 16. Jahrhundert standen, war für jene Zeit ein
wahres Kunstwerk und wurde deshalb zu den 7 Wunderwerkelt
Deutschlands gezählt. Im Jahre 1669 uitd 1732 ausgebessert
blieb die Uhr 1789 ganz stehen und wurde nicht mehr gerichtet.
Das dritte jetzige Werk wurde den 24. Juni 1838 von I. Bpt.
Schwilgne angefangen und den 2. Oktober 1842 vollendet. Diese
Uhr ist ein ganz neues, allen Erfahrungen uitd Verbesserungen
unseres Jahrhunderts angepaßtes Werk und es sind, um das
Andenken der alten im Elsaß populären Uhr zu ehren, die ver-
schiedenen Mechanismen so eingerichtet, worden, daß Alles in
das alte Gehäuse hineingepaßt werden konnte und der äußere
Charakter dadurch gewahrt blieb. Das alte Uhrwerk des 16.
Jahrhunderts wurde herausgenommen und ist im Frauenhause
des Münsters heute noch zu sehen.

(Schluß felgt.)

Die Goldschmiede Menzel und Altirecht Zamnitzer und
der Rolhschmied Peter Pischer.

Was über die genannten Männer hier mitgetheilt wird, ist
den Nachrichten von Nürnberger Künstlern und Werkleuten ent-
nommen. Der Verfasser dieser Nachrichten, welche im Jahre
1547 ausgezeichnet wurden, ist Johann Neudörfer, Schreib- und
Rechenmeister zu Nürnberg. Dieses für die Kunstgeschichte wich-
tige Werk nebst der Fortsetzung des Andreas Gulden hat dex
Nürnberger Stadtarchivar Or. Lochner nach den Handschriften
herausgegeben. Das Buch ist als zehnter Band der Quellen-
schrifteu für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters
und der Renaissance bei Wilbelm Branmüller in Wien erschienen.
Den Nachrichten ist folgender Widmungsbrief vorausgeschickt,
welcher den trefflichen Rechenmeister selbst charakterisirt.

Dem Erbern und Ehrenvesten Herrn Georg Röhmern, den
eitern, Burgern zu Nürnberg, meinem sonders günstigen Herrn,
entbeut ich Johann Neudörffer, Burger und Rechenmeister da-
selbsten, meine ganz willigen Dienste mit gehörigem Fleiß bevor.

Als mich Euer Erbarkeit am vergangenen Sonntag, da wir
am Markt von mancherlei Künsten und Geschicklichkeit der Bur-
ger, so in kurzer Zeit in dieser Stadt noch wohnen und gewohnt
haben, redeten, gebeten, anlangend, daß ich, so viel ich derselben
kennt, und bei meinen Zeiteit (der ich nun täglich 50 Jahre alt
sein werde) gelebt haben, was ihr Werk, Kunst und Verstand
gewesen wäre, ein schriftlich Verzeichniß stellen wollte, Hab ich
gleich bei mir gedacht, Euer Erbarkeit Habens vielleicht darum
an mich gesonnen, ob ich so vermessen seyn und mit einem sol-
chen schweren Urthel (der ich mich doch gar für keinen Knust-
verständigen weiß) heraus wischen wollt, oder aber, dieweil ich
lange alhier gewohnt, ob ich desto mehr Leut alhier gekennt
hätte. Es sei um Dieß oder ein Anders, so Hab ich dennoch
von wegen unserer alten Verwandniß, und daß ich mich selbst
gern erinnerte, wie unser Herr Gott diese löbliche Stadt alle-

mal mit Künstlern und kunstverständigen Leuten vor andern
Städten begabt hat, unterfangen, soviel mir diese acht Tage
meine Schüler bei Nachtzeit vergönnt haben und mir wissend ist,
die ich auch gesehen, gekennt und mehrentheils Kundschaft mit
ihnen gehabt habe, eine kurze Verzeichuiß zu stellen, doch nicht
anders und keiner andern Meinung, dann daß es bei uns beiden
bleiben soll, und zweifel gar nicht, so wir an einem Feiertag
(darait ich in meiner Schulhaltung ttichts versäume) bei einan-
der sitzen, ein wenig Nachfragen, und einander erinnerten, wir
wollten uns deren viel mehr einander eindächtig machen. Damit
befehl ich Euch in die Gnad des Allmächtigen Gottes. Datum
in meiner Schreibstuben. Sonntag, den 16. Oktobris Anno gött-
licher Menschwerdung 1547.

Wenzel und Albrecht die Jamnitzer,
Gebrüder, Go ld s ch m i d e.

Es möchte gesagt werden, dieweil diese bebe Brüder meine
Gefreunde sind, ich möcht derhalben des Löbens bei ihnen zu
mild seiit, derhalben ichs E. E. Rath, meine günstige Herren
und alle andere Kunstner, so ihre gemachte Arbeit und Werk
täglich sehen, urtheilen will lassen, darum ich das, so sie täglich
brauchen, will ein wenig unter die Hand nehmen. Das fürnehmste
Stück aber, das mir von ihnen bedeit am besten gefällt, ist, daß
sie ihren Vater und Mutter, damit sie ihnen Ehr und alles
Gute erzeigen mögen, von Wien hieher haben bringen lassen,
darum Gott auch gleich ihre Söhnlein, wie man sieht, mit Kunst
und Gnaden begabet. Diese zwei Brüder find auch in Erfindung
der Kunst, auch in Vertheilung ihrer gemachten Arbeit also
einig, daß keiner das Seine von dem Andern fordert, noch viel
weniger das wenigst oder das meist vor dem Andern verbirgt.
Sie arbeiten beide von Silber und Gold, haben der Perspektiv
und Meßwerk einen großen Verstand, schneiden beide Wappen
und Siegel in Silber, Stein und Eisen. Sie schmelzen die schön-
sten Farben von Glas, und haben das Silberätzen am höchsten
gebracht, was sie aber von Thierlein, Würmlein, Kräutern und
Schnecken von Silber gießen, und die silbernen Gefäße damit
zieren, das ist vorhin nicht erhöret worden. Wie sie mich dann
mit einer ganz silbernen Schnecken, von allerlei Blümlein und
Kräutlein gegossen, verehret haben, welche Blättlein und Kräut-
lein also subtil und dünn sind, daß sie auch ein Anblasen wehig
macht, aber in dem allen geben sie Gott allein die Ehr.

Peter Bischer der Aelter, Rothschmid.

Dieser Peter Bischer war auch gegen Jedermänniglich freund-
lichen Gesprächs und fit natürlichen Künsten (als ein Lay zu reden)
fein erfahren, im Gießen auch dermaßen berühmt, daß wenn ein
Fürst herkam oder ein großer Potentat, ers selten unterließ,
daß er ihn nicht in seiner Gießhütten besuchet. Wie er aber
gesehen und wie er täglich in seiner Gießhütten umgangen und
gearbeitet, das findet man unten am Ende St. Sebalds Grab,
welches er und seine 5 Söhne gegossen haben und gemacht,
eigentlich conterfeiet. Aber seiner Hand eigene Arbeit ist der
gegossene Bronnen in der Herren Schießgraben. Die größten Güß
aber, so er gethan hat, findet man in Polen, Behaim, Ungarn
auch bei Chur- und Fürsten, allenthalben im heiligen Reich,
auch hat er das Gitter, so erstlich den Fuggern von Augsburg
gehört und jetzt alhier auf dem Rathhans stehet, gegossen. Er
hatte 5 Söhne, Herman, Peter, Hanns, Paulus und Jakob
verheiratet, die mehrentheils bei ihm im Haus mit ihren Weib
und Kindern gewohnt haben. Obenerwähntes messenes Grab ist
anno 1519 den 19. July gesetzt worden daran man seit dem
1506ten Jahr gearbeitet, hat an Messing gewogen 120 Centner
und 14 Pfund, hat der Centner gekost 20 f., und also zusammen
2402 s. 6 Pfd. 21 Pfg.
 
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