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beit und hat sich derselbe eine solche Fertigkeit in der Aussüh-
rnng von Uhrbestandtheilen angeeignet, daß keine Concurrenz
möglich ist.' Die Schweizer Uhrenfabrikation beruht vorzugs-
weise auf dem Prinzip der ausgedehntesten Arbeitstheilung, durch
welche es möglich ist, nicht nur die unbedeutendsten Kräfte aus-
zunützen, sondern auch eine äußerst billige Arbeit zu liefern.
Uhrenfabrikanten im eigentlichen Sinne giebt es dort nicht; es
sind vielmehr spekulative Unternehmer, welche die Bestandtheile
der Uhren von den einzelnen, auf ihre eigene Rechnung arbeiten-
den Verfertigern derselben ankanfen. Bei der Zusammenstel-
lung dieser einzelnen Theile zu Uhrwerken sind wieder viele Ar-
beiter thältg, welche sich gegenseitig in die Hände arbeiten, bis
die Uhr vollständig fertig ist und an den Fabrikanten abgeliesert
wird. Frankreich ist bekannt durch Fabrikation von Pendulen,
die hauptsächlich in Paris gefertigt werden und wegen ihrer ge-
schmackvollen äußeren Formen sehr beliebt sind. Deutschland
wurde, was neuere Erfindungen betrifft, von England, Frank-
reich und der Schweiz überflügelt, jedoch ist deutsche Arbeit von
je her als solid bekannt. Die Uhrenindustrie im Schwarzwalde
ist deutschen Ursprungs und wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahr-
hunderts, von einem Drechsler, Simon Dilger aus Schollach
und Frz. Kellerer aus Schönwald gegründet. Die Fabrikation
dieser Uhren hat im Laufe der Zeit die größte Ausdehnung ge-
wonnen und haben dieselben wegen ihrer Billigkeit und Dauer-
haftigkeit überall die größte Verbreitung gefunden. WaS die
Fabrikationsweise betrifft, so beruht dieselbe auf ähnlichen Prin-
zipien wie in der Schweiz. In neuerer Zeit beschränkt sich
diese Industrie nicht allein auf Herstellung von Uhrwerken, de-
ren Bestandtheile aus Holz und Metall gearbeitet sind, sondern
es werden Uhrwerke ganz von Metall (Messing und Stahl) ge-
fertigt, deren Ausarbeitung den Pariser Fabrikaten gleichkommt.
Eine Art Uhren, die in neuerer Zeit hinsichtlich des Aeußeren
sowohl, als hauptsächlich wegen der einfachen Constrnction des
Werkes schnell Verbreitung finden, sind die Regulatoren, die
unbedingt als die bestgehenden Uhren zu bezeichnen sind. Die
fabrikmäßige Herstellung dieser Uhren entstand zuerst in Oester-
reich, besonders in Wien, hat aber in gegenwärtiger Zeit in
Deutschland den größten Aufschwung gewonnen.
Die deutschen Fabrikate stehen hinsichtlich der Güte des
Werkes und Ausstattung des Aeußeren den bekanntlich soliden
Wiener Fabrikaten ebenbürtig zur Seite und haben den weite-
ren Vortheil, daß der Herstellungspreis viel billiger und eine
Concurrenz nicht leicht möglich ist.
England fertigt die besten Taschenuhren, dieselben zeichnen
sich, wie überhaupt alle englische Waare, weniger durch gefällige
Form als vielmehr durch die solideste Ausarbeitung aus. Aller-
dings kosten derartige Uhren viel Geld, aber man ist auch be-
rechtigt, größere Anforderungen hinsichtlich des genauen Gehens
an eine solche Uhr zu stellen, als au gewöhnliche Fabrikate, de-
nen zwar auch dieselbe Constrnction zu Grunde liegt, welche
aber wegen der höchst oberflächlichen Ausarbeitung ihren Zweck
nicht erreichen kann. Ans Herstellung einer Art Uhren, die bis
jetzt als das vollkommenste Produkt der Uhrmacherkunst gilt,
hat England das Monopol, nämlich auf Verfertigung von See-
uhren, Chronometern. Diese Uhren dienen zur Bestimmung der
geographischen Länge sowohl als auch zur Zeitangabe ans
hoher See.
Schon Gemma Frisius hat in seinem 1530 geschriebenen
Werke den Gedanken ausgesprochen, Uhren für Längenmesser auf
der See zu benützen. Huyghens hat nach seiner Angabe 1665
die erste Uhr fertigen lassen, die für diesen Zweck wesentliche
Dienste leistete. Da sich später immer mehr die Nothweudigkeit
derartiger, genau gehender Zeitmesser herausstellte, sah sich die
englische Negierung veranlaßt, sehr hohe Summen für Herstel-
lung einer genau gehenden Seeuhr auszusetzen. Ein Englän-
der, John Harrtson lieferte 1728 Zeichnungen und nach neun-
jähriger, Arbeit die erste nach diesen Zeichnungen ausgeführte
Uhr, die er Chronometer nannte. Was die Ausarbeitung die-
ser Art Uhren betrifft, so werden dieselben mit der peinlichsten
Genauigkeit und unter genauester Anwendung der Grundsätze
höherer Mathematik und Mechanik ausgeführt und ist dazu
jahrelanger Fleiß und die angestrengteste geistige Thätigkeit
nothwendig. Jeder Chronometer, der in England als brauchbar
gelten soll, wird, bevor er seiner Bestimmung übergeben wird,
auf der Sternwarte zu Greenwich, erst geprüft und dann anto-
risirt. Daselbst wird er in jeder vorkommenden Lage, sowie
Temperatur rcgulirt, wozu eine halb- oft ganzjährige Probe-
zeit nothwendig ist, bis er tadellos befunden und seiner Bestim-
mung übergeben wird. Zunächst ist derselbe für Schiffe auf
hoher See bestimmt und mit Hilfe des Kompaßes und Chro-
nometers, welch letzterer für die englischen Schiffe die Normal-
zeit der Sternwarte zu Greenwich zeigt, sowie durch Hinzu-
fügung der Sonnenhöhe (Sonnenzeit) oder Sternenzeit, kann
der Kapitän eines Schiffes jederzeit berechnen, in welchem Län-
gengrad sich das Schiff befindet und nach Feststellung des Län-
gengrades findet er den Breitegrad, sowie die Entfernung vom
nächsten Lande auf das Genaueste. Es ist dies nur dadurch
möglich, daß die Zeitabweichnng eines Chronometers jährlich
nur Sekunden betragen darf. Die Constrnction dieser größeren
Seeuhren wurde in unserer Zeit auch auf die Form der Ta-
schenuhren angewendet und es ist dadurch erreicht, eine auf das
Genaueste gehende Uhr in der Tasche zu führen. Die vollkom-
mensten Verbesserungen aller Arten Uhren sind hauptsächlich
unserem Jahrhundert zuzuschreiben.
Wirft man einen kurzen Rückblick auf die Geschichte und
auf den Entwicklungsgang der Uhrmacherkunst, so wird man
anerkennen müssen, daß nur mit Aufwand von eisernem Fleiß,
von physischen und geistigen Kräften, sowie von unbeugsamer
Ausdauer solche Resultate erzielt werden konnten, die in unserer
gegenwärtigen Zeit unbedingt nothwendig sind und ohne welche
die jetzige Gestaltung unseres socialen Lebens nicht denkbar wäre.
Uom Büchertisch.
Ornamentik
für
Sdjfoffer und Architekten
zum praktischen Gebrauch herausgegeben von
Eduard Puls, Adolph Krug und Anton Perhel.
Gera und Leipzig. Hermann Kanitz Verlag.
I-. Dieses Werk, welches 120 Tafeln mit 11 Bogen Details
, enthält, ist den Kunstschlossern, Architekten, sowie den Kunst-
gewerbeschuleu und Bauschulen zur Anschaffung dringend zu
empfehlen. Ein Beweis für die Brauchbarkeit dieses Werkes
ist schon der Umstand, daß die erste Auflage desselben bereits
nach zwei Jahren vergriffen war; es ist das ein wohlverdienter
Erfolg. Auf den 120 Tafeln finden sich 170 gute Abbildungen
von in Schmiedeeisen- ausgeführten Thoren, Thüren, Thürfül-
lungen, Geländern, Mauerkrönungen, Anstrebungen und Trä-
gern, Thurmspitzen, Wetterfahnen, Candelabern, Blumentischen
Beschlägen u. s. w. Alle abgebildeten Gegenstände aus alter
und neuer Zeit sind wirklich ausgeführt. Die Zeiten der Aus-
führung, die Namen der bei der Entstehung Betheiligteu und
die Standorte der abgebildeten Werke sind angegeben.
Das Auge mustert mit wahrem Vergnügen und zu großer
Belehrung alle die zahlreichen Kunftschlosserarbeiten, welche so
treu wiedergegeben sind, daß man sich die wirklichen Vorbilder,
für diese Abbildungen leicht vergegenwärtigen kann. So ergeht
es dem Verfasser dieser Zeilen z. B. bei der Abbildung der
Würzburger Hofgartenportale, welche dem 16. Jahrhundert
entstammen. Diese Portale haben schon in meiner Knabenzeit,
einen großen Eindruck auf mich gemacht, und ich glaube bei
dem Anblick der Abbildungen die Urbilder wirklich vor mir zu
sehen. Der Reiz des Gitterwerkes offenbart sich überhaupt an
beit und hat sich derselbe eine solche Fertigkeit in der Aussüh-
rnng von Uhrbestandtheilen angeeignet, daß keine Concurrenz
möglich ist.' Die Schweizer Uhrenfabrikation beruht vorzugs-
weise auf dem Prinzip der ausgedehntesten Arbeitstheilung, durch
welche es möglich ist, nicht nur die unbedeutendsten Kräfte aus-
zunützen, sondern auch eine äußerst billige Arbeit zu liefern.
Uhrenfabrikanten im eigentlichen Sinne giebt es dort nicht; es
sind vielmehr spekulative Unternehmer, welche die Bestandtheile
der Uhren von den einzelnen, auf ihre eigene Rechnung arbeiten-
den Verfertigern derselben ankanfen. Bei der Zusammenstel-
lung dieser einzelnen Theile zu Uhrwerken sind wieder viele Ar-
beiter thältg, welche sich gegenseitig in die Hände arbeiten, bis
die Uhr vollständig fertig ist und an den Fabrikanten abgeliesert
wird. Frankreich ist bekannt durch Fabrikation von Pendulen,
die hauptsächlich in Paris gefertigt werden und wegen ihrer ge-
schmackvollen äußeren Formen sehr beliebt sind. Deutschland
wurde, was neuere Erfindungen betrifft, von England, Frank-
reich und der Schweiz überflügelt, jedoch ist deutsche Arbeit von
je her als solid bekannt. Die Uhrenindustrie im Schwarzwalde
ist deutschen Ursprungs und wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahr-
hunderts, von einem Drechsler, Simon Dilger aus Schollach
und Frz. Kellerer aus Schönwald gegründet. Die Fabrikation
dieser Uhren hat im Laufe der Zeit die größte Ausdehnung ge-
wonnen und haben dieselben wegen ihrer Billigkeit und Dauer-
haftigkeit überall die größte Verbreitung gefunden. WaS die
Fabrikationsweise betrifft, so beruht dieselbe auf ähnlichen Prin-
zipien wie in der Schweiz. In neuerer Zeit beschränkt sich
diese Industrie nicht allein auf Herstellung von Uhrwerken, de-
ren Bestandtheile aus Holz und Metall gearbeitet sind, sondern
es werden Uhrwerke ganz von Metall (Messing und Stahl) ge-
fertigt, deren Ausarbeitung den Pariser Fabrikaten gleichkommt.
Eine Art Uhren, die in neuerer Zeit hinsichtlich des Aeußeren
sowohl, als hauptsächlich wegen der einfachen Constrnction des
Werkes schnell Verbreitung finden, sind die Regulatoren, die
unbedingt als die bestgehenden Uhren zu bezeichnen sind. Die
fabrikmäßige Herstellung dieser Uhren entstand zuerst in Oester-
reich, besonders in Wien, hat aber in gegenwärtiger Zeit in
Deutschland den größten Aufschwung gewonnen.
Die deutschen Fabrikate stehen hinsichtlich der Güte des
Werkes und Ausstattung des Aeußeren den bekanntlich soliden
Wiener Fabrikaten ebenbürtig zur Seite und haben den weite-
ren Vortheil, daß der Herstellungspreis viel billiger und eine
Concurrenz nicht leicht möglich ist.
England fertigt die besten Taschenuhren, dieselben zeichnen
sich, wie überhaupt alle englische Waare, weniger durch gefällige
Form als vielmehr durch die solideste Ausarbeitung aus. Aller-
dings kosten derartige Uhren viel Geld, aber man ist auch be-
rechtigt, größere Anforderungen hinsichtlich des genauen Gehens
an eine solche Uhr zu stellen, als au gewöhnliche Fabrikate, de-
nen zwar auch dieselbe Constrnction zu Grunde liegt, welche
aber wegen der höchst oberflächlichen Ausarbeitung ihren Zweck
nicht erreichen kann. Ans Herstellung einer Art Uhren, die bis
jetzt als das vollkommenste Produkt der Uhrmacherkunst gilt,
hat England das Monopol, nämlich auf Verfertigung von See-
uhren, Chronometern. Diese Uhren dienen zur Bestimmung der
geographischen Länge sowohl als auch zur Zeitangabe ans
hoher See.
Schon Gemma Frisius hat in seinem 1530 geschriebenen
Werke den Gedanken ausgesprochen, Uhren für Längenmesser auf
der See zu benützen. Huyghens hat nach seiner Angabe 1665
die erste Uhr fertigen lassen, die für diesen Zweck wesentliche
Dienste leistete. Da sich später immer mehr die Nothweudigkeit
derartiger, genau gehender Zeitmesser herausstellte, sah sich die
englische Negierung veranlaßt, sehr hohe Summen für Herstel-
lung einer genau gehenden Seeuhr auszusetzen. Ein Englän-
der, John Harrtson lieferte 1728 Zeichnungen und nach neun-
jähriger, Arbeit die erste nach diesen Zeichnungen ausgeführte
Uhr, die er Chronometer nannte. Was die Ausarbeitung die-
ser Art Uhren betrifft, so werden dieselben mit der peinlichsten
Genauigkeit und unter genauester Anwendung der Grundsätze
höherer Mathematik und Mechanik ausgeführt und ist dazu
jahrelanger Fleiß und die angestrengteste geistige Thätigkeit
nothwendig. Jeder Chronometer, der in England als brauchbar
gelten soll, wird, bevor er seiner Bestimmung übergeben wird,
auf der Sternwarte zu Greenwich, erst geprüft und dann anto-
risirt. Daselbst wird er in jeder vorkommenden Lage, sowie
Temperatur rcgulirt, wozu eine halb- oft ganzjährige Probe-
zeit nothwendig ist, bis er tadellos befunden und seiner Bestim-
mung übergeben wird. Zunächst ist derselbe für Schiffe auf
hoher See bestimmt und mit Hilfe des Kompaßes und Chro-
nometers, welch letzterer für die englischen Schiffe die Normal-
zeit der Sternwarte zu Greenwich zeigt, sowie durch Hinzu-
fügung der Sonnenhöhe (Sonnenzeit) oder Sternenzeit, kann
der Kapitän eines Schiffes jederzeit berechnen, in welchem Län-
gengrad sich das Schiff befindet und nach Feststellung des Län-
gengrades findet er den Breitegrad, sowie die Entfernung vom
nächsten Lande auf das Genaueste. Es ist dies nur dadurch
möglich, daß die Zeitabweichnng eines Chronometers jährlich
nur Sekunden betragen darf. Die Constrnction dieser größeren
Seeuhren wurde in unserer Zeit auch auf die Form der Ta-
schenuhren angewendet und es ist dadurch erreicht, eine auf das
Genaueste gehende Uhr in der Tasche zu führen. Die vollkom-
mensten Verbesserungen aller Arten Uhren sind hauptsächlich
unserem Jahrhundert zuzuschreiben.
Wirft man einen kurzen Rückblick auf die Geschichte und
auf den Entwicklungsgang der Uhrmacherkunst, so wird man
anerkennen müssen, daß nur mit Aufwand von eisernem Fleiß,
von physischen und geistigen Kräften, sowie von unbeugsamer
Ausdauer solche Resultate erzielt werden konnten, die in unserer
gegenwärtigen Zeit unbedingt nothwendig sind und ohne welche
die jetzige Gestaltung unseres socialen Lebens nicht denkbar wäre.
Uom Büchertisch.
Ornamentik
für
Sdjfoffer und Architekten
zum praktischen Gebrauch herausgegeben von
Eduard Puls, Adolph Krug und Anton Perhel.
Gera und Leipzig. Hermann Kanitz Verlag.
I-. Dieses Werk, welches 120 Tafeln mit 11 Bogen Details
, enthält, ist den Kunstschlossern, Architekten, sowie den Kunst-
gewerbeschuleu und Bauschulen zur Anschaffung dringend zu
empfehlen. Ein Beweis für die Brauchbarkeit dieses Werkes
ist schon der Umstand, daß die erste Auflage desselben bereits
nach zwei Jahren vergriffen war; es ist das ein wohlverdienter
Erfolg. Auf den 120 Tafeln finden sich 170 gute Abbildungen
von in Schmiedeeisen- ausgeführten Thoren, Thüren, Thürfül-
lungen, Geländern, Mauerkrönungen, Anstrebungen und Trä-
gern, Thurmspitzen, Wetterfahnen, Candelabern, Blumentischen
Beschlägen u. s. w. Alle abgebildeten Gegenstände aus alter
und neuer Zeit sind wirklich ausgeführt. Die Zeiten der Aus-
führung, die Namen der bei der Entstehung Betheiligteu und
die Standorte der abgebildeten Werke sind angegeben.
Das Auge mustert mit wahrem Vergnügen und zu großer
Belehrung alle die zahlreichen Kunftschlosserarbeiten, welche so
treu wiedergegeben sind, daß man sich die wirklichen Vorbilder,
für diese Abbildungen leicht vergegenwärtigen kann. So ergeht
es dem Verfasser dieser Zeilen z. B. bei der Abbildung der
Würzburger Hofgartenportale, welche dem 16. Jahrhundert
entstammen. Diese Portale haben schon in meiner Knabenzeit,
einen großen Eindruck auf mich gemacht, und ich glaube bei
dem Anblick der Abbildungen die Urbilder wirklich vor mir zu
sehen. Der Reiz des Gitterwerkes offenbart sich überhaupt an