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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 24.1875

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Heft 3/4
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Miller, Ferdinand von: Aus der Geschichte der Münchener Erzgießerei, [2]: Vortrag gehalten im Kunstgewerbeverein von Inspektor Ferdinand v. Miller
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Bucher, Bruno: Geschichte der technischen Künste
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Lobmeyr: Die Glasindustrie, ihre Geschichte, gegenwärtige Entwicklung und Statistik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7030#0019

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Glases, der Möbel, der textilen Kunst, der Lederarbeiten und
Buchbinderei. Jede Abhandlung beginnt mit der Erklärung der
sür die betreffende Technik gebräuchlichen Benennung, sowie mit
der Erklärung der Technik selbst. Herauf sollen, nach dem Pro-
gramm sür das ganze Werk, der Entwicklungsgang des be-
treffenden Kunstzweiges von seinem ersten Austreten bis zum
Jahre 1800 nach der künstlerisch-formellen wie nach der
technischen Seite hin, die nationalen und lokalen Bedingungen
der Entwicklung, die Beziehungen zur hohen Kunst und zu den
Culturverhältnissen im Allgemeinen, endlich Thätigkeit und Ein-
fluß der hervorragendsten Künstler dem Leser vor Augen ge-
führt werden.

Das Werk, welches sehr schon ausgestattet ist, bringt auch
erläuternde Abbildungen.

Um dem Leser einen Begriff von der in der Geschichte der
technischen Künste vorherrschenden Darstellungsweise zu geben,
folge der interessante Rückblick auf die von vr. Bücher bear-
beitete Geschichte des Email, womit diese ihren Abschluß erhalt.

»Wir haben die Geschichte eines der edelsten unb_ ältesten
Zweige aus dem großen Geschlechte der technischen Künste an
uns vorübergehen lassen. Unentschieden ist noch, wie weit wir
m die Vergangenheit zurückgreifen müssen, um die Anfänge dev
Email zu finden, und lebhafter, hier und da durch nationale
Ansprüche und Eitelkeiten verschärfter Meinungsstreu begleitet
es auf seinem langen an Schicksalswechseln reichen Wege — an
sich ein Beweis, daß wir es mit einem besonders interessanten
Gegenstand zu thun haben. , ...

Und in der That übt die Schmelzmalerei an und sni sch
wie durch ihre Geschichte eine ungewöhnliche Anzwhungskras
aus. Die Palette des Emailleurs umfaßt Farben von emer
Reinheit und Leuchtkraft, wie sie nur noch dem Glasmaler zur
Verfügung stehen. Er entlehnt der Luft und dem Meere Hmrbem
töne von ungetrübter Klarheit und vermag sie dnr ) w o
folie wie von Sonnengold durchleuchtet erscheinen zu aff .
Und sind sie auch nicht gegen alle schädlichen Einsuffe er Z
gefeit, so widerstehen sie solchen doch viel kräftiger un an -
dauernder als die mit irgend einem andern Bindemit e a TS *
tragenen Farben. Und wo die Schmelzmalerei nicht ausgenbt
wurde, da mußte die Goldschmiedekunst auf bie malerische Aus-
schmückung ihrer Werke verzichten, da blieb nur die Wnlu» g
durch die'Form oder gar nur durch die Masfenhastigteit eo
glänzenden Metalls und der Edelsteine. _

Nicht blos der Ursprung dieser Technik ist in D>nikel ge-
hüllt. Auch nachdem ihr Borhandensein unanfechtbar, ver-
schwindet sie zu Zeiten wieder, und es bleibt zweifelhaft, ob sie
wirklich erloschen war, um abermals erfunden werden zu müssen,
oder ob uns noch verborgene Canäle die Verbindung zwischen ver-
schiedenen Jahrhunderten und Ländern hergesti i ha -
merkenswert ist immerhin, daß das Email un Osten stets als
Zellenschvielz, im Abendlande als Grubenschmelz auftrü -

Rufen die Einen Homer und Hesiod, ;a sogar - ^
der Pyramiden als Zeugen für die gleichzeitige Existen ver
Schmelzmalerei auf Metall an, so leugnen die Andern mch
diese, sondern auch die Bekanntschaft der Etrusker mit am ,
ohne doch zu bestreiten, daß dem byzantinischen Ze ens Pnez,
dessen Bekanntschaft wir etwa um die Mitte des ersten JaYH
tausends uiiserer Zeitrechnung machen, eine längere Praxis in
dieser Kunst vorausgegangen zu sein scheine. Erst gegenüber dem
byzantinischen Email fühlen wir festen Boden unter uns. Es
breitet sich nach Westen, nach Italien, Deutschland und von da
nach Frankreich aus. In Deutschland wird cs zum Gruben-
schmelz, während nichts daraufhinweist, daß die deutschen Künstler
des zwölften Jahrhuiiderts etwas von der so nahe verwandten
Technik der „Barbaren" gewußt hätten. Italien findet eine
neue Anwendung der Schmelzfarben, es verbindet vom drei-
zehnten Jahrhundert an deren durchsichtiges Kolorit mit der
plastischen Behandlung der Metaüfläche. Frankreich dagegen

fängt zwei Jahrhunderte später an, mit Schmelzfarben auf Me-
tall wie auf Glas zu malen und endigt damit, das Email der
Porzellan- und Elfenbeinmalerei nahe zu bringen. Damit hatte
diese Kunst ihren Stil, ihre eigenthümliche Bedeutung verloren,
sie gerieth abermals in Vergessenheit, uud nur noch das Hand-
werk bediente sich des Glasflusses, um Uhrzifferblätter und
eisernes Kochgeschirr zu überziehen.

Heutzutage ist die Wiederaufnahme der Emailmalerei von
zwei verschiedenen Seiten her angeregt worden. Das durch die
erste Jndnstrieausstellung in London aus seinem Schlendrian
aufgestörte Kunsthandwerk ließ sich von der Archäologie zu den
verschollenen Künsten der Vorzeit führen und die Liebhaber
hatten bereits wieder die Arbeiten von Byzanz, Köln und Li-
moges schätzen gelernt, als die Plünderung des Palastes in
Peking durch die Franzosen Europa mit ostasiatischen Arbeiten
überschweminte. Und es gibt keine Art der Emailtechnik, welche
man gegenwärtig nicht nachzuahmen verstünde."

Me Glasindustrie, ihre Geschichte, gegenwärtige
Entwicklung und Statistik.

In Gemeinschaft mit Or. Albert Jlg und Wendelin Böheim herausgegeben

von

L. Lobmeyr.

Stuttgart. Verlag von W. Spemann. 1874.

L. Das vorliegende verdienstvolle Werk, in welchem ein so
ivichtiger Zweig der Industrie behandelt ist, hat zum Verleger
denselben Mann, dessen Unternehmungsgeist wir das Erscheinen
der in diesem Blatte schon hervorgehobenen Zeitschrift „das
Kunsthandwerk" sowie das Erscheinen der „Geschichte der tech-
nischen Künste" verdanken.

Solche streilg iileinandergreifende Unternehmungen bei einem
und demselben Verleger lassen darauf schließen, daß der letztere
von wirklichem Interesse an der Sache, welcher jene Unternehm-
ungen dienen sollen, erfüllt sei, und daß er nach einem groß
angelegten und fruchtbringenden Plane handle. Diese Art des
Vorgehens muß deßhalb rühmend hervorgehoben werden, weil
durch dieselbe die Kenntniß eines der wichtigsten Lebensgebiete
und zugleich die Weiterentwicklung ans diesem Gebiete wesentlich
gefördert wird.

Das vorliegende Werk wurde zunächst dadurch veranlaßt,
daß der niederösterreichische Gewerbeverein den bekannten In-
dustriellen Lobmeyr einlud, „einen Bericht über Glas zu er-
statten, und zwar mit Beziehung auf jene in die betreffende
Kategorie gehörigen Objekte, welche bei der Wiener Welt-
ausstellung^ zur Schau gekommen sind".

Es war sicherlich ein guter Einfall Lobmeyr's, der Schil-
derung der gegenwärtigen Entwicklung der Glasindustrie die
Geschichte der letzteren vorauszuschicken; diese sehr anziehend ge-
schriebene Geschichte hat den Custos am österreichischen Museum,
Albert Jlg, zu ihrem Verfasser. Ein solches Zusammenwirken
des erfahrenen Industriellen mit dem Kunstgelehrten zur Auf-
stellung eines Gesammtbildes der Glasindustrie der Vergangen-
heit und Gegenwart ist höchst anerkennungswerth. Ein der-
artiges Gesammtbild zeigt uns, wie manche Fertigkeiten längst
dahingeschwundener Generationen in unserer Zeit wieder auf-
leben. Die gegenwärtige Industrie ist ja vielfach darauf an-
gewiesen, verlorene, der Geschichte ungehörige Manipulationen
mit ihren entsprechenden Formengebungen wieder aufzusuchen.
Ein schlagendes Beispiel für solche Zusammenhänge früherer
und jetziger Manipulation bietet die venetianische Glasindustrie.
Jeder Leser des hier besprochenen Buches wird sich unterhalten
und belehrt fühlen, wenn er die von Albert Jlg gelieferte
Schilderung der venetianischen Glasindustrie während der Eppche
der Renaissance mit dem Bilde der Wiedererweckung jener so
originellen Industrie zusammenhält, welches uns Lobmeyr darbietet.
 
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