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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 5
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0203

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für sich allein und möglichst im
geschlossenen Aufmarsch an-
sehen, um ihnen gerecht zu
werden Hin und wieder ein
paar moderne Bilder irgendwie
und irgendwo ausgestellt sagen
gar nichts und verwirren nur.
Entweder sie schreien den Im-
pressionismus mit ihrer lauten
Sprache nieder, oder sie wirken
neben ihm roh und barbarisch.
Erst wenn man einen ganzen
Saal von Expressionisten zu-
sammensieht, oder noch besser
mehrere Säle, findet man das
geistige Gleichgewicht, um die
Ausdruckskraft dieser Dinge
rein und naiv aufzunehmen. Es
muss so ahnlich gewesen sein,
als Manet ausstellte. Ein Bild
von ihm zwischen Bildern von
Meistern der Barbizon-Schule
hat sicher im Jahre 1863 wie
eine Katastrophe gewirkt. Erst
wenn man die Impressionisten
in corpore sah, fügte sich das,
was wie Revolution aussah, zu
Harmonie und Schönheit. Die
Bremer Kunsthalle besitzt seit
Jahren eine sehr gute Land-
schaft von Heckel, jene Kanal-
ansicht, die bei ihrer ersten
Ausstellung in der Sezession
solches Aufsehen machte. Das
Bild kann noch immer nicht in
der Galerie ausgestellt werden;
weil ihm die gleichgesinnte
Nachbarschaft einstweilen fehlt.

Die Hamburger Ausstellung
umfasst rund 170 Nummern und es war ein sehr glück-
licher Gedanke, nicht nur die Jüngsten zu Worte kom-
men zu lassen, sondern auch ihre Ahnen vorzuführen.
Diese Ahnen sind Edward Münch, van Gogh und Hodler.
Cezanne hat die Ausstellungsleitung fortgelassen, und
man kann ja darüber zweifelhaft sein, ob in ihm mehr
Klassisches oder mehr Modernes steckt. Als allgemeine
Feststellung erscheint aber für die Frage der Deszen-
denz wichtig, dass die Anregung, die von Cezanne für
Deutschland ausgegangen ist, nicht zu derartig starker
Kraft wurde wie die Anregung, die von. den germanischen
Vätern der Bewegung, von Münch und van Gogh, aus-
geht. Auch für Frankreich ist Cezanne ein erratischer
Block, der nur umgangen, nicht aber fruchtbar gemacht
werden kann. Was Vlamink und Friesz, sowie kleinere
Geister, wie etwa Herbin und Camoin, aus Cezanne
weiterentwickelt haben, ist schliesslich nicht als schöpfe-

PERDINAND KELLER, BILDNIS FEUERBACHS, 1874

AUSGESTELLT BEI FRITZ GURLITT, BERLIN

rische Kunst zu bezeichnen. Viel wichtiger wäre
Matisse, der aber in Hamburger Privatbesitz nicht ver-
treten ist. Nauen verdankt schliesslich dieser Lehre
seine schönsten Wirkungen und trotzdem Weissgerber
wohl mit einem seiner allerbesten Bilder, dem Jeremias,
vertreten ist, wird man das Gefühl von einer gewissen
Unreife und Unselbständigkeit auch bei ihm nicht los.

Die Hamburger Gruppe hat ebenfalls noch Be-
ziehungen zu Paris. Ein Stilleben von Fritz Friedrichs
von einer glühenden Leuchtkraft der Farben, einige
Arbeiten von Ahlers-Hestermann, mehrere Land-
schaften von dem gefallenen Rosam, um nur die
wichtigsten zu nennen, zeigen, zu welcher Höhe eine
kultivierte Niveaukunst entwickelt werden kann. Wenn
das allgemeine Bild, das die Hamburger Ausstellung
vorführt, nicht trügt — und ich glaube nicht, dass es
trügt — so darf man feststellen, dass das französische
 
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