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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 6
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Gronau, Georg: Piero della Francesca
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0224

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PIERO DELLA FRANC ESC A, ALTARBILD. AUSSCHNITT
BORGO SAN SEPOLCRO, PAL. COMUNALE

ausserordentlichen künstlerischen Erlebnisses. Diese
aber wissen, dass man Piero richtig nur dann ein-
schätzt, wenn man ihn in die allererste Reihe der
Künstler des Quattrocento stellt und ihm den Rang
des grössten Monumentmalers nach Masaccio an-
weist, dem selbst in Florenz die meisten den Vorrang
lassen müssen — mag ihr Ruhm auch infolge von
glücklicheren äusseren Bedingungen heller strahlen,
als der seine. Das eine ist gewiss: wäre Pieros
Hauptwerk, der Freskenzyklus, in welchem die
Legende vom Kreuze Christi behandelt ist, im Chor

von Santa Croce in Flo-
renz zu finden, statt in
San Francesco zu Arezzo,
so verehrte ihn die Welt
längst ebenso, wie Ma-
saccio hier, Ghirlandajo
dort, die den Eingang
und Ausgang der grossen
italienischen Monumen-
talmalerei des Quattro-
cento bedeuten; in der
Mitte zwischen diesen
beiden hätte man ihm
seine Stelle angewiesen.

Wie viele — oder
wie wenige — aber
haben in Arezzo, auf
dem Wege von Florenz
nach Rom Halt ge-
macht, um sein bedeu-
tendes Werk kennen zu
lernen, oder sind gar
von hier abgeschwenkt
in des Meisters Geburts-
ort Borgo San Sepolcro,
wo wenigstens noch ein
Monumentalwerk von
ihm, nebst einem wich-
tigen frühen Altar, zu
finden ist. Auch der
dritte Platz, der ein
grosses Fresko von Piero
bewahrt, Rimini, liegt
abseits von der Heer-
strasse. Die öffentlichen
Sammlungen des Landes
bieten wenig, überwie-
gend kleine Bilder, von
denen nur das „Herzogs-
paar" in denllffizien den
mehr als flüchtigen Besucher der Kunstschätze in
Florenz zu nachdenklichem Verweilen veranlassen
mag. Ausserhalb Italiens aber besitzt eine einzige
unter den grossen europäischen 4 Galerien Werke
seiner Hand, freilich ein Altarbild vom höchsten
Range. Wer in den unvergleichlichen Sälen der
Londoner National Gallery einmal auf jenes Bild
mit der „Taufe Christi" gestossen ist, das aus der
Hauptkirche in des Meisters Geburts- und Wohn-
ort stammt, der wird den Eindruck dieser unver-
gleichlichen Monumentalität und farbigen Kraft

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