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W

Es fehlen leider nur mir etliche Juwelen
Zum Kaiserschmuck für heut. — Wo nehmen und nicht stehlen?
Vielleicht — — ha — ja ich Habs! — eS gicbl Parteien noch,
Die wir zwar schon bestegt, die aber leben doch,
Die müssen jetzt heraus mit ihren goldnen Ketten-
ES gilt — ein reicher Grund — daS Vaterland zu retten!
Soulouque. Wo ist die Kaiserin?
Ceremonienmeister. Sie macht, o Herr —
Soulouque. Ich Ivette,
Obgleich ich fertig längst, noch immer Toilette.
Ceremonienmeister. So ist es.
Soulouque. Still, du Mensch! wo bleiben die Juwelen?
Ceremonicnm. Gebt Orden mir, o Herr, so stehn sic zu Befehlen.
Soulouque. Da! geh splendid mit um, und such Dir, schlaues Haus,
Für dies Finanz-Projekt gleich selbst den besten aus.
Ceremonienm. (zuckt die Achseln).
Soulouque. Ah, je comprencls, man clior, — Geduld nur, List
und Muth —
Hab ich erst freie Hand, so mach ich Alles gut!
(Es schlägt 6 Uhr. Ceremonienmeister ab.)

Soulouque. Nanu?
Faustine. Mein lieber Mann —
Soulouque. Hilf Himmel, mein Gespenst!
Mil zvrnerglühtem Blick — die kommt jetzt
nicht umsonst!
Faust in. Zs des wohl eine Wirtschaft für einer Kaiserin?
Wo bleiben meine Gegenstände? Soll ich zum Skandal den Thron

Fcui l
Anterthiinigste Petition deutscher SchncidergescUen
an den Serliner Sewcrberath, Wohlgeboren.
Hochweiser Herr Gewerbcrath.
Nachdem die hohe Weisheit unsres Handelsministeriums, Wohlgeborcn,
verbunden mit dem guten Willen unsrer Kammern nach so langem Harren uns
endlich den Segen unsrer Gewerbegcsetzgcbung hat zu Thcil werden
lassen, erlaubten wir unS nach etwa 40 Jahren zum ersten Male ganz gehorsamst
sie! auszuathmcn. Wir fühlten uns gerettet. Die Anarchie unsrer Verhältnisse,
in welcher jeder arbeiten konnte was er wollte, die unheilsvolle Fusion der
industriellen Zweige und Familien, wodurch die Arbeiten der nach göttlichem
und menschlichem Recht ständig geschiedene» Innungen in chaotischer Ver-
wirrung mit einander vermischt wurden — ihr ist endlich ein heilsames Ziel
gesetzt worden. Nicht mehr sollte fortan wen Gott zum Barbier gesetzt, die
Arbeit des Haarkünstlers oder Zahnarztes übernehmen — ein in neuerer Zeit fast
nicht mehr gekannter Unterschied sollte sein zwischen den Leistungen des Malers
und des Anstreichers — nicht mehr sollte der Schreiner dem Tischler,
nicht der Schneider mehr dem Kleidcrmacher ins Handwerk pfuschen.
Bereits hat diese weise Trennung der Gewerbe ihre segensreichen Wirkungen
zu äußern begonnen. Handel und Wandel blühen, besonders aber der letztere.
Der Fluch der freien Concurrenz hat angcfangen aufzuhören; die gefährlichsten
Eoncurrenten sind theilS ruinirt, theils auSgcwandcrt, und die cs noch nicht
sind, sic werden cS bald sein, so daß für die übrig bleibenden mit der schwinden-
den Gefahr die Hoffnung auf eine neue goldene Zeit nach gerade zu wachsen
wenig mehr verhindert sein dürfte.
Kaum aber hat dieser gesegnete Zustand anzufangcn begonnen, da sehen
wir von einer Seite her, von welcher wir cS am wenigsten erwartet hätten,
de» Versuch eines Attentats auf das Prinzip unserer G-wcrbegesctzgebung,
welcher geeignet ist die segensreichen Wirkungen derselben wieder in Frage zu
stellen und m das fluchwürdige Chaos der freien Coneurrenz zurück zu werfen.
In Bremen hat sich rin Todtrnbund gebildet» und zwar
hauptsächlich durch und für Cigarrenmacher. Die Ehre unsres
Gewerks ist gefährdet, indem man uns so ins Handwerk pfuscht!
So wenig wir einem übrigens respektablen Unternehmen irgendwie hinder-
lich sein möchten — so sehr wir andrerseits anerkenne» müssen, daß durch den
Buchstaben des Gesetzes unserer Innung ein Privilegium auf Stiftung von
Todtenbündcn nicht ausschließlich garantirt ist: ebenso sehr müssen wir uns
gegen die Auffassung verwahren, daß „das geschriebene Gesetz die Summa '
unsres ganzen lebendigen Rechts sei.' Unser Recht wurzelt vielmehr
.in dem Bewußtsein und der Tradition' unsres Volkes, und darauf
und allein darauf berufen wir uns wenn wir uns jetzt an den hohen Gcwcrbe-
rath mit dem unterthänigsten Ansuchen wenden:
„Hochderselbe wolle beschließen und, wenn eü nicht anders geht, mit
der mächtigen Beihilfe des hochweisen Magistrat» dahin wirken, daß j

! besteigen? Schickt sich daS, mir so gehen zu lassen? Noch is nichts
nich weiter da als der Mantel — wo bleiben die Röcke von Gerson?
wo bleiben die Blumen inS Haar von Wietzern? wo bleiben die Ju-
welen von Hossauern? wo bleiben die Parfüms von LoMn, und
wenn ick jar nischt krieje — wo bleibt die Krone? Wozu rejierst du
denn, wenn du nich mal war kriejen kannst? He! Et will wol
Kcener uf dieses Kaiserlhum wat jeden? — Is et erhört, des, ick
schlechter jehn soll wie de» Hofjuden seine Frau? — Ick will Nadel-
jelb haben will ick — verstehst du mir?
Soulouque. Beruhige dich!
Faustin. Ick mir beruhigen? wat Hab ick davon? Weil bei
die Haitianer und Dominicaner Hemde Aberglauben und Voruriheil
iS, darum soll ick mir in diesem Zustande sehen lassen — Ne, Klecner!
Soulouque. Faustine reiz mich nich!
Faustin. Ick wer' dir jleich deine sechsfüßige Verse vor de
Füße werfen!

Hierauf folgt eine eheliche Scene und zwar diejenige, welche in
Nr. 126 der „Zeit" also erwähnt wird:
„ES machte sich ihr Unmuth nicht nur in Klagen gegen ihren
kaiserlichen Gatten Lust, sondern sie ging sogar so weil, ihn
eines Theiles seines natürlichen wolligen Haupl-
schmuckcS zu berauben.
Eine Verschiebung der Ceremonien war die Folge."

Um 9 Uhr war die herzerhebcnde Krönung. Es lebe der ruhm-
reiche Kaiser! ES lebe die Dame der Halle, Faustine!

l e t o n.
den Cigarrenmachrrn die Stiftung von Todtenbünden
für die Zukunft ernstlich untersagt und dieselben ermahnt
werden sich auch der Panzerhemden, Dolche, Handgrana-
ten, Verschwö rungseide und ähnlicher Artikel, in welchen
seit Mcnschengedenken Niemand anders als Schneidcr-
grsellrn gemacht hat, gänzlich zu enthalten.'
Berlin, im Juni 1552. Prösicke, Schncidergescll u. Communisi.
Strösicke, Schncidergescll u. Schriftführer des Pariser TodtenbundcS.
Böstcke» Schncidergescll und Emissair. Rösicke, Schneidergcsell.

An Herrn Eugene Scribe aus Paris, ;ur Zeit in Berlin.
Geehrter Herr!
Entschuldigen Sie zuvörderst, daß wir uns in unserer Sprache an Sic
wenden. Würden wir französisch schreiben können, wir schrieben nicht diese»
Brief, wir schrieben Vaudevilles sür Ihre Landsleute! Aber wir sind deutsche
Bühnenschrislstcllcr, unglückliche, verworfene, unaufgesührtc Geschöpfe dieses
schauderhaften SSculumS. Die Hütten der Armuth sind wahre Vcrssille, und
.4ranjuer viz-ii-vjz unserer Heimathlosigkeit; das harte Brod des Bettlers ist
Zuckerkuchen unserem verschämten Elend gegenüber!
Acht Theater eristircn augenblicklich in Berlin, und achtmal jeden Mor-
gen zuckt unser Her; den Krampf der Verzweiflung beim Anblick der acht
Affichcn dieser Muscntempel; denn achtmal blickt es uns entgegen:
von Scribe, nach Scribe, mit Benutzung des Scribe, Idee nach
Scribe, Handlung nach Scribe, von Scribe, nach Scribe —
und zwischen den Zeilen tönt daS Jauchzen billig denkender Direktoren:
O daß sic ewig grünen bliebe —
Die schöne Zeit des Eugönc Scribe!
Beim heiligen Thibaut! Bei den Manen dcS ewigen Mcidingcr und
des unsterblichen Mozin, der Schutzpatrone aller deutschen Ucbcrsetzcr!
Hören Sie aus! Hören Sic auf mit Ihrer Zeder das verzehrendste Gift in
den Lcbcnsbcchcr deutscher Originalität zu träufeln!
Schon seit einem Jahre bereit» sind die Pforten des einzigen Berliner
Vaudeville-Theater», des Theaters der Äönigsstadt, geschlossen; die einzige»
Bretter, aus denen der kecke Tritt der preußischen Volksmusc ertönen durste —
sic verfaulen! — Und nicht» bleibt uns als das „historische Lustspiel."
Auf diesem Felde aber können wir Ihnen nicht das Wasser reichen, seit-
dem ein GlaS von Ihnen das deutsche Publikum verwöhnte!
Darum Mitleid! Gnade! Gnade sür unS! wie Ihr liebenswürdiger
ködert le Diulile sagt.
Der einzige Lustspicldichter, den Deutschland hatte, starb durch Sand;
morden Sic uns nicht durch Ihre Tinte.
Die dramatischen Schriftsteller Berlins.
 
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