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Uns

2cder Mecklenburg-schwcrincr
Untcrthan vernimmt mit Beben
Bon dem Attentat, das neulich
Sich in Hagenow begeben.

Attentat zu Hugrumv.

Möglich ist es, daß er selber
Sich dabei nichts Böses dachte,
Da für eine bremer Firma
Reisend in Tabak er machte.

Doch der Hofrath — vor den Herrscher
Tritt er tiefgeneigtcn Hauptes:'

„Herr! Es ist kein Hagenowcr,

Nein, ein Fremdling ist eS — glaubt eS!

Auf dem Bahnhof stand der Herrscher,
Willens, gen Berlin zu fahre»,

Mit dem Eidam — ihn begrüßten
Hagenows getreue Schaarcn.

Und im Namen aller Burger
In erhabenem Ergüsse
Sprach der Hofrath aus dem edlen
Stamme der Prätoriusse.

Aber wie er angekommcn
Bei der schönsten seiner Phrasen,
Steigt ein wohlbekanntes Etwas
Zn die Allerhöchsten Nasen.

Wie in diesem einen Antlitz
Ruhig die Cigarre glimmte,

Kam es, daß den Herrscher dieser
Mangel an Faeon verstimmte.

Wie der Attentäter weiter
Zug für Zug gemächlich schmauchte.
Deutet zornbcwcgtcn Fingers
Auf den Sünder der Durchlauchte.

HagcnowS getreue Bürger
Fassen ihn mit starken Armen,

Zn den sinstcrn Rathhauskerker
Werfen sic ihn obn' Erbarmen.

Und ich darf wohl kühnlich sagen:
Keiner lebt im ganzen Lande,

Der solch unerhörten Frevel
Nur zu planen wär' im Stande.

Herr! Du sichst uns zitternd stehen,
Blaß vom ungeheuren Schrecken.

Laß des Tabaks Wolke nicht die
Sonne deiner Huld verdecken!" —

Und cs spricht der Herrscher: „Nimmer
Klang mir eine Kunde froher!

An dem Geist, der auS Euch redet,
Kenn' ich meine Hagenow er.

Ha! in Allerhöchster Nähe
Sicht der Frevler da — der Dreiste
Bläst die schönsten blauen Ringe
Ruhig auf znm großen Geiste.

Hilflos liegt er im Verließe,

Rings herrscht grabestiefes Schweigen,
Aus den Fenstcrgittcrn sieht man
Bläulich seine Ringe steigen.

Zivischen mich und meine Treuen
Drängt sich keine Tabakswolke!" —
Heil dir, Land, zu solchem Fürsten!
Heil dir, Fürst, z» solchem Volke!

üladdcradatsch.

Fttüllrtotr.

Polh techttisch-bnlneo so gisch-politischer -srage-Zlasten.

Aehenplütz uuö JlcfjcupCüfj’ söl. OctGcu.

C. K. in Karlsbad. Zu kalten Frühjahren sind heiße Quellen am
znlräglichstcii, wen» man sie über zerschlagenciii Zucker sprudeln läßt und
in jeden Becher ei» Paar Eßlöffel Rum hineinthut. Wird eS später sehr
heiß, so verfährt man auf dieselbe Art, nur daß ma» de» Becher vor dem
Trinken ans einige Zeit in Eis stellt.

R. S. in Berlin. Fünffranken stücke mit dem Bilde Napoleons IV.,
wie sic jüngst in Chislehnrst geprägt sei» sollen, sind uns »och nicht zu
Gesicht.gekommen. Wie wir hören, haben diese Münzen die Rundschrist:
Er fiel durch — Nancnne der Examinatoren.

Neugieriger in D. Wir wissen nicht, wie groß die Stahl'schc
Ehrensäule ist, welche die Koryphäen des Herrenhauses so eben dem
Herrn von Kleist-Netzo« verehrt haben, können also auch nicht sage»,
ob der Beschenkte sich an oder gar auf die betreffende Säule z» stellen
beabsichtigt.

Alter Naihgeber, hier. Auch wir können dem Vorschlag hiesiger
Blätter, die um Berlin gelegenen Villenbau - Wüsten zum Beßten der
Actionäre mit Kartoffeln zu bestellen, durchaus nicht bei stimmen. Der
Ertrag würde, zumal wenn die Vermal tun gSräthe die Sache in die Hand
nähmen, gar z» gering ansfallen. Ihre Idee, statt der Kartoffel die weit
werthvollere Trüffel als Ban-Object zu wählen, hat dagegen unseren
ganzen Beifall. Welch ein heiteres Bild würden die jetzt wüst liegenden
TerrainS darbieten, wenn sich im Herbst sämmtliche Actionäre mit den in
den Sommermonaten zu Hanse dazu abgerichtetcn Schweinen auf die
Trüffclsuche begäbe»!

Ullramontancr am Rhein. -Das 'Neueste ist „8t,-.->,»o,il»m ox
carcoro opiscopi Troviroiisis“, bcr gesiegelte Halm äSgr., im
Dutzend billiger. Fragmente von Kelten sowie Brotrinden mitNaltcn-
zahnspuren sind in Arbeit. Wegen eines Lehrbuchs der Stigmatisir-
kunst wenden Sie sich nach Amerika an den so eben dorthin dnrchgcbrann-
ten Vcrfaffer der „Louise Latcau."

Aengstlichcr alter Herr in der Leipziger Straße. Bor den in rasen-
der Eile um die Ecke» sausenden Schlächterwagen ist man am sichersten —
in Venedig.

Die für Cöln bestimmte Kaiscrglocke ist also.doch mißlungen! Die I
Clericalen spotten darüber voll Schadenfreude; die Liberalen aber ;
meinen: Der. Spott wäre uns erspart geblieben, wenn man das Gelingen j
des Glisseö erst abgewartct hätte, anstatt schon vorher daS kaiserliche Geschenk
an die große Glocke zu hängen.

Nnßwcufelhafte» Tadels ganz gcwüß

Stöht Jöner heut und ßwcufclhaftcn Lobs da.

Du, allewcnl scnn Oerbe, mörke stöts
Dü goldne Löhrc dür: l’rüncüpübus obstal

töm fflinLateun l-eii tüfer Nord-Euseubad»
noch nicht ßn Oendc »II.

'üciänöcclc 3eilen.

„So weit ist cs gekommen, Vas; sie schon
Vom Untergang der Krone Hohenzollcru
Zn reden wage» in vcrmcssncm Ton!

'Nie sah man einen von Verblendung voller»

Bon Eitelkeit mehr ausgcblas.'nen Wicht
Als de», der dieses sprach! Man fände nicht
Im TollhauS selber eine» Toller».

Wo bleibt die Achtung vor der Obrigkeit,

Wo an Autorität der fromme Glaube,

Wen» Frechheit also alles überschreit,

Wenn Arglist also aufschnellt aus dem Staube
Mit Viperzahn — wenn, was da heilig ist,

Zcdwedem, der ein Unterlhan und Ehrist, .

So wird dem Uebcrmnlh zum Raube?

Taö ist der Redefreiheit bittre Frucht!

Zu lange hat man liberale Göller
Verehrt — jetzt naht mit fürchterlicher Wucht
Das Unheil sich.. Ein Donnerkeil zcrschmcttcr'

Dem Ea tili na, welcher sich erlaub!

Also zu sprechen, wie er sprach, das Haupt!

Ha! Warum säumst du, Donnciwelter?" —

So stände heut mit Leitartikelschrift
Zn Sa net Nathnsii frommem Blatt zu lesen
AIS Warnung vor dem liberale» «''ist-
Und vor dem Einfluß deS leibhastVen Böse»,

Wär'ü nicht — o weh! zu sagen ist es hart! —

Wo fromme Sitte so verleugnet ward,

War's nicht — das Hcririihans geivcsca.
 
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