Lin Historischer Kalender für das Jahr 1894.
^MaS Erscheinen dieses Kalenders, der den, „Vorwärts" bcigelegt war,
cF 111116 allgemeines Befremden Hervorrufen, denn er ist äußerst mangcl-
haft hergestcllt.
In erster Linie ist zu tadeln, daß Charfrcitag, Oster», Hiniinclfahrt,
Pfingsten:c. im Kalender vermerkt ist. Wozu Bezcichnuugc» gebrauchen,
die einer abslcrbcnden Periode angchörcu und die für das Volk Worte
ohne Bedeutuiig geworden sind! Also künftig weg damit, die schlichte Datums-
angabe genügt. Dagegen ist unerhörter Weise von der wichtigsten Ent-
deckung, die von socialdcmokratischcn Führern gemacht worden ist, nämlich
daß cs einen ersten Mai gibt, gar keine Notiz genonimen. Der Scharf-
sinn biefer Genossen hätte doch eine auszeichnende Anerkennung verdient!
So löblich ferner der Eifer ist, die Todestage hervorragender Eapitalistcn
zu registrircn, so erscheint dies doch als eine Naiimverschweudniig. Man
freut sich gewiß zu lesen, daß diese Leute endlich einmal gestorben sind, aber
ihr natürlicher Tod hat doch wenig Interesse, Löblich dagegen in jeder
Beziehung ist das Bestreben, möglichst vollständig anzugcben, wer geköpft,
gehängt, ermordet, verbrannt oder verunglückt ist. So etwas erfrischt ein
auf bessere Zeiten hoffendes Gemüth. Doch hätte nian füglich die Erinnernug
an das verfehlte Diinamit-Attentat im Winterpast zu Petersburg dem Leser
ersparen können. Das berührt schmerzlich, und das Datum der Einführung
,der Guillotine weht diese Scharte nicht aus, denn unwillkürlich legt man
sich dabei die Fragc vor, weshalb nicht alle, die mit dem nützlichen Jiistrumciit
Bekanntschaft gemacht haben, namentlich aufgesührt sind.
Man lernt freilich die Gcburts- und Todestage vieler hervorragender
Genossen kennen, indessen tritt hierbei gerade ein Hauptmangel des Kalenders
zu Tage. Eine ganze Reihe der wichtigsten Parteigcdenktage fehlt.
Wann, hat Singer sein Mäntclgcschäst anfgegcbcn? Wann hat sein ehe-
maliger Compagnon der Tochter des Proletariers einen lohnenden Neben-
erwerb nachgcwiesen? An welchem Tage hat Singer seine Hotelrechnung
in einem der ersten Seebäder Belgiens bezahlt?
Darüber schweigt sich der Kalender ans.
Hoffentlich wird er im nächsten Jahre in entsprechender Weise ans
Grund des uns zur Verfügung gestellten Materials ergänzt.
1. Januar (1893) Liebknecht sagt: „Prosit Penjahr!"
2. Januar (1893). Der Budiker und Genosse Bnmke eröffnet eine
neue Parlcikncipe. ffArnold Rüge (1861'.
3. Januar (1893). Genosse Stadthagen begegnet cincni Lockspitzel in
der Leipziger Straße, H Professor Lavelaye (1891V
4. Januar (1841). Bebel erhält das erste Paar Schuhe. (1843). Das
erste Paar Hosen.
5. Januar (1879). Dr. Schönlank trinkt einen „Bicrjungen".
ffLaskcr (1884).
6. Januar (1837). Max Schippe! sieht den Fürsten Bismarck auf
der Straße und grüßt ihn nicht.
7. Januar (1890'. Tölke probirt einen neuen Knüppel.
8. Januar (1887). Ein schwarzer Tag. Eine Nnmnicr des „Vorwärts"
enthält keil, Schimpfwort.
9. Januar (1891). Simgcr benutzt die Pfcrdebahnlinie Schöncberg-
Spittelmarkt. II. s. w. 11. s. w.
Eine ungeheure Fülle von intcrcssanten Daten liegt noch vor, doch
können wir sie wegen Mangels an Ranin nicht zum Abdruck bringen. Aber
diese Anregung wird wohl für das nächste Jahr fruchtbringend sein.
Schivanengcsang des Kenn v. Moser.
Ade Berlin, ich niuß nun geh»!
Dein Klima vertreibt mich, es sausen
Die preußischen Winde; ich glaube, sic wchu
Aus dem Walde von Bebenhauscu.
Mich Kränkelnden will Eujlcnburg,
Der Arzt vielfältiger Gaben,
Dabei Gemüthsmensch durch und durch,
Nun gleich nach dem Süden habe».
Mein guter Philippus doctert jetzt
Sympathisch in hohen Häusern,
Auch ist sein Bariton geschätzt
Bei Königen und Kaisern.
Er hat beklopft mich und behorcht,
Mit Tränklein behandelt und Knetung;
Der biedere Philipp — man staune — sorgt
Sogar für meine Vertretung.
Sein Busenfreund, ein Knab' in Wien,
Varnbülcr geheißen, wird morgen
Mein Hans beziehen; Gott segne ihn,
Er nimmt mir Amt und Sorgen.
Ade, Berlin Voßstraße 10!
Darfst niich nit mehr bchanscn.
Hu, diese Winde! Ich glaube, sie wehn
Noch immer aus Bebenhauscu.
Ans K 0 önrg.
Der Lyriker A. Hofmann, dessen „Herzog Alsred-Marsch-
Hymne" jüngst durch die Blätter ging, hat jetzt eine Eobnrg-Gothaische
Natiwmlhüinnc gedichtet, deren erste Strophe solgendermaßen lautet:
„Fürst, wir verehren Dich,
Mag auch ernähren Dich
England Zum Theil!
Jeder vcrständ'gc Mann
Ninimt, was er kriegen kann.
Wen geht's denn auch was . an?
Heil, Alfred, Heil!"
DaS Hofniarschallamt, dem der Verfasser die Dichtung vorgelegt hat,
soll sich ungeinein günstig darüber ausgesprochen haben.
„I>ie Jagd nach dem Hkück."
(Zcitgeniäß abgcändert.)
Kinige Prophezeiungen des alten Schäfers tzhomas
für das Jahr 1894.
(Fortsetzung und Schluß.)
Der Papst tritt eine Reise nach Mecklenburg an, um Verwandte zu
besuchen.
Der „Butterkrieg" endet mit einem vollständigen Siege der Margarine.
In Folge deffen ist die beste Natnrbnttcr für ein Butterbrot zn haben.
Großes Erdbeben in Berlin. Sämmtliche Vororte fallen an die Stadt.
Siebeuunddreißig preußischeLandräthe werden nach den Colonicn verschickt.
Das socialdemokratische Triumvirat geht aus dem Leim. Liebknecht
wäscht Singer den stopf mit Bebel-Seife. Einen Erfolg hat cs nicht.
Falb verlegt den Weltuntergang vom 13. Novencher 1899 auf den
29. Februar 1900. Handel und Verkehr beleben sich wieder.
Der Beherrscher von Neuß ä. L. fährt am 1. April mit seinen Unter-
thanen mittelst Extraznges nach Fricdrichsruh, um dem Altreichskanzler
eine Huldigung darzubringcn.
Enthüllung des Knörcke-Denkmals. Albert Träger hält die Fest-
rede in Versen. Virchow ist verhindert, dem weihevollen Act beizuwohnen.
In den Hiindstagen tritt ungewöhnlich billige Zeit ein. Portugiesische
Papiere 3 Pfennig das Pfund, griechische Coupons noch billiger. Keile
umsonst.
^MaS Erscheinen dieses Kalenders, der den, „Vorwärts" bcigelegt war,
cF 111116 allgemeines Befremden Hervorrufen, denn er ist äußerst mangcl-
haft hergestcllt.
In erster Linie ist zu tadeln, daß Charfrcitag, Oster», Hiniinclfahrt,
Pfingsten:c. im Kalender vermerkt ist. Wozu Bezcichnuugc» gebrauchen,
die einer abslcrbcnden Periode angchörcu und die für das Volk Worte
ohne Bedeutuiig geworden sind! Also künftig weg damit, die schlichte Datums-
angabe genügt. Dagegen ist unerhörter Weise von der wichtigsten Ent-
deckung, die von socialdcmokratischcn Führern gemacht worden ist, nämlich
daß cs einen ersten Mai gibt, gar keine Notiz genonimen. Der Scharf-
sinn biefer Genossen hätte doch eine auszeichnende Anerkennung verdient!
So löblich ferner der Eifer ist, die Todestage hervorragender Eapitalistcn
zu registrircn, so erscheint dies doch als eine Naiimverschweudniig. Man
freut sich gewiß zu lesen, daß diese Leute endlich einmal gestorben sind, aber
ihr natürlicher Tod hat doch wenig Interesse, Löblich dagegen in jeder
Beziehung ist das Bestreben, möglichst vollständig anzugcben, wer geköpft,
gehängt, ermordet, verbrannt oder verunglückt ist. So etwas erfrischt ein
auf bessere Zeiten hoffendes Gemüth. Doch hätte nian füglich die Erinnernug
an das verfehlte Diinamit-Attentat im Winterpast zu Petersburg dem Leser
ersparen können. Das berührt schmerzlich, und das Datum der Einführung
,der Guillotine weht diese Scharte nicht aus, denn unwillkürlich legt man
sich dabei die Fragc vor, weshalb nicht alle, die mit dem nützlichen Jiistrumciit
Bekanntschaft gemacht haben, namentlich aufgesührt sind.
Man lernt freilich die Gcburts- und Todestage vieler hervorragender
Genossen kennen, indessen tritt hierbei gerade ein Hauptmangel des Kalenders
zu Tage. Eine ganze Reihe der wichtigsten Parteigcdenktage fehlt.
Wann, hat Singer sein Mäntclgcschäst anfgegcbcn? Wann hat sein ehe-
maliger Compagnon der Tochter des Proletariers einen lohnenden Neben-
erwerb nachgcwiesen? An welchem Tage hat Singer seine Hotelrechnung
in einem der ersten Seebäder Belgiens bezahlt?
Darüber schweigt sich der Kalender ans.
Hoffentlich wird er im nächsten Jahre in entsprechender Weise ans
Grund des uns zur Verfügung gestellten Materials ergänzt.
1. Januar (1893) Liebknecht sagt: „Prosit Penjahr!"
2. Januar (1893). Der Budiker und Genosse Bnmke eröffnet eine
neue Parlcikncipe. ffArnold Rüge (1861'.
3. Januar (1893). Genosse Stadthagen begegnet cincni Lockspitzel in
der Leipziger Straße, H Professor Lavelaye (1891V
4. Januar (1841). Bebel erhält das erste Paar Schuhe. (1843). Das
erste Paar Hosen.
5. Januar (1879). Dr. Schönlank trinkt einen „Bicrjungen".
ffLaskcr (1884).
6. Januar (1837). Max Schippe! sieht den Fürsten Bismarck auf
der Straße und grüßt ihn nicht.
7. Januar (1890'. Tölke probirt einen neuen Knüppel.
8. Januar (1887). Ein schwarzer Tag. Eine Nnmnicr des „Vorwärts"
enthält keil, Schimpfwort.
9. Januar (1891). Simgcr benutzt die Pfcrdebahnlinie Schöncberg-
Spittelmarkt. II. s. w. 11. s. w.
Eine ungeheure Fülle von intcrcssanten Daten liegt noch vor, doch
können wir sie wegen Mangels an Ranin nicht zum Abdruck bringen. Aber
diese Anregung wird wohl für das nächste Jahr fruchtbringend sein.
Schivanengcsang des Kenn v. Moser.
Ade Berlin, ich niuß nun geh»!
Dein Klima vertreibt mich, es sausen
Die preußischen Winde; ich glaube, sic wchu
Aus dem Walde von Bebenhauscu.
Mich Kränkelnden will Eujlcnburg,
Der Arzt vielfältiger Gaben,
Dabei Gemüthsmensch durch und durch,
Nun gleich nach dem Süden habe».
Mein guter Philippus doctert jetzt
Sympathisch in hohen Häusern,
Auch ist sein Bariton geschätzt
Bei Königen und Kaisern.
Er hat beklopft mich und behorcht,
Mit Tränklein behandelt und Knetung;
Der biedere Philipp — man staune — sorgt
Sogar für meine Vertretung.
Sein Busenfreund, ein Knab' in Wien,
Varnbülcr geheißen, wird morgen
Mein Hans beziehen; Gott segne ihn,
Er nimmt mir Amt und Sorgen.
Ade, Berlin Voßstraße 10!
Darfst niich nit mehr bchanscn.
Hu, diese Winde! Ich glaube, sie wehn
Noch immer aus Bebenhauscu.
Ans K 0 önrg.
Der Lyriker A. Hofmann, dessen „Herzog Alsred-Marsch-
Hymne" jüngst durch die Blätter ging, hat jetzt eine Eobnrg-Gothaische
Natiwmlhüinnc gedichtet, deren erste Strophe solgendermaßen lautet:
„Fürst, wir verehren Dich,
Mag auch ernähren Dich
England Zum Theil!
Jeder vcrständ'gc Mann
Ninimt, was er kriegen kann.
Wen geht's denn auch was . an?
Heil, Alfred, Heil!"
DaS Hofniarschallamt, dem der Verfasser die Dichtung vorgelegt hat,
soll sich ungeinein günstig darüber ausgesprochen haben.
„I>ie Jagd nach dem Hkück."
(Zcitgeniäß abgcändert.)
Kinige Prophezeiungen des alten Schäfers tzhomas
für das Jahr 1894.
(Fortsetzung und Schluß.)
Der Papst tritt eine Reise nach Mecklenburg an, um Verwandte zu
besuchen.
Der „Butterkrieg" endet mit einem vollständigen Siege der Margarine.
In Folge deffen ist die beste Natnrbnttcr für ein Butterbrot zn haben.
Großes Erdbeben in Berlin. Sämmtliche Vororte fallen an die Stadt.
Siebeuunddreißig preußischeLandräthe werden nach den Colonicn verschickt.
Das socialdemokratische Triumvirat geht aus dem Leim. Liebknecht
wäscht Singer den stopf mit Bebel-Seife. Einen Erfolg hat cs nicht.
Falb verlegt den Weltuntergang vom 13. Novencher 1899 auf den
29. Februar 1900. Handel und Verkehr beleben sich wieder.
Der Beherrscher von Neuß ä. L. fährt am 1. April mit seinen Unter-
thanen mittelst Extraznges nach Fricdrichsruh, um dem Altreichskanzler
eine Huldigung darzubringcn.
Enthüllung des Knörcke-Denkmals. Albert Träger hält die Fest-
rede in Versen. Virchow ist verhindert, dem weihevollen Act beizuwohnen.
In den Hiindstagen tritt ungewöhnlich billige Zeit ein. Portugiesische
Papiere 3 Pfennig das Pfund, griechische Coupons noch billiger. Keile
umsonst.