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Festhalten dich am Ziele ließ, verdanken wir's,

Daß wiederum zu Ehren kam in aller Welt
Der deutsche Name, der vordem mißachtet war.

Das werden nie vergessen, die zugleich mit dir
Erlebt die goldnen Tage unsers jungen .Ruhms
Und die dir selber froh ins Angesicht geblickt.

Die aber heut noch liegen an der Mutter Brust
Und die noch Ungebornen, die in künft'ger Zeit
Aufwachsen werden, wenn wir längst im Grabe ruhn:
Wenn im Geschichtsbuch einstmals sie begegnen dir,

Mit Freude wird erfüllen ihre Brust dein Bild,

)n schweren Tagen spenden ihnen Trost und Muth,
Und Dank im Kerzen werden sie gedenken dein.

Dir aber gebe dieses Jahres junger Lenz,

Der schon in deines Waldes Buchenkronen dir
Die ersten Dogelstiinmen hat geweckt und schon
Mit kleinen Blumen hat geschmückt den moosigen Grund
Dir, dem Genesenen, geb' er wieder alte Kraft
Und Freud' am Leben — Freude auch am Vaterland!
'_ Ktadderadatsch.

?er neue Käuster.

Bericht des Hommerschen Lnnüralhs »im & an Die „Zsreuzzeilung".

■ Mit schwerem Herzen habe ich dem p. p.Lco ans Berlin die Erlaubnis,
sich anznsicdeln crtheilt, aber da er leidliche Zeugnisse aufznweifcn halte,
konnte ich dem von Ihnen als. verdächtig Signalisirtcn keine Hindernisse i>
den Weg legen, wenngleich seine bisherige Ar- »nd Halmlosigkeit geeignet
ist, Mißtrauen gegen ihn zu. erwecke».

Jetzt hat er sich ans ciiicm Ar des schönsten Sandbodens ein Landhaus
bauen lassen, durch dessen Bewohnung er sich selbst die bescheidene Nolle
eines Häuslers angewiesen hat. Was von bcm Bode» nicht von den, Ge-
bäude eingenommen ist, wird von dem p. Leo selbst augenblicklich „
gegraben, da feilt Pommer zu bewegen lvar, ihm wegen seines Nnfcs als
Feind der Landwirthschaft dabei zu helfen. Graf R. hatte cs kurzweg ab-
gclchnt, seinen Dampfpflng zu diesem Zwecke hcrzugebcn.

Acußcrst exclusiv hat sich auch der landwirthschaftliche Kreisvcrcin
gezeigt, indem er das Ausnahmegcsnch Leos abschlägig beschick. Man
»ms, solche Elemente, die den Geist der Zufriedenheit in unsere Reihen
' tragen konnten? fern halten.

Ungemein komisch nahm es sich neulich ans, als Leo in der Ureisstadt
den Saatmarkt besuchte und beim Anblick von Kartoffeln fragte, was das
sei. Augenscheinlich kennt er diese Frncht nur in gepelltem Zustande. De
Miltheilung, daß man die Kartoffeln in mehrere Theile zerlegen und i>
die Erde vergrabe» könne, um eine Ernle zu erzielen, brachte er. Bedenken
entgegen. Das Vergraben der eben cingekanften Knolle,! schien ihm zu
riscant. Neulich wurde Leo vom Dorsschulzen dabei betroffen, wii
Kirschkerne in seinem Vorgarten nnssäte und dabei die Hoffnung aussprach,
im Sommer. einen schattigen Platz dadurch zu erhalten. Ob er e
Kiste Uckcrmärker mit Pfälzer Deckblatt demnächst als Stecklinge für c;
Tabakplantage verwenden wird, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen.

Vorläufig haben wir mit dem neue» Häusler Geduld und hoffen v
seiner Entwicklung zum Landwirth das Beste, denn auch in Pommern wird
Frcnde sein über einen Minister, der Buße thnt, vor ncunnndnennzig
Agrariern, die der Buße nicht so sehr als der Liebesgaben bedürfen.

Er soll sich übrigens nach den letzten Nachrichten beim Bund der Land-
wirthe zum Eintritt gemeldet haben. Nächstens mehr.

v. o. Soeben hör- ich. Vak n einen energisch«, Sch«» gelha» H-». l!ch uni i„ nii
Er so« die nächst« Ernte aus seinem eisten Halm vertonst, sich der Ouertagigraphie gelvi
nnd nach einer Hypothek nmgesehe» haben.

Aeue Kortvilvungs-Schuken.

^Wie Niir hörest, beabsichtigt man, besondere Fortbildiings-Schnlen für
snnge Len'lc cinznrichlcn,- die später in der osfieiöscn Presse thätig zu sein
gedenken, In diesen Schulen soll das Lügen, Verdrehen und Verleumden
gründlich gelehrt werdest..

Die Errichtung, dieser Institute Hilst einem lange gefühlten Bedürfnis,
ab, denn zum geschickten nnd erfolgreichen Lügen reicht auch 'die beste
natürliche Anlage nicht ans, wenn sie nicht unter sachkundiger Aufsicht
liebevoll gepflegt nnd systematisch ansgebildet wird.

Einige Herren, die seit langer Zeit in der officiöse» Presse' wirken,
haben sich bereit erklärt, die Erlheilung des Unterrichts zu übernehmen;
man zweifelt aber, wenn auch nicht an ihrem guten Willen, so doch an
ihrer Intelligenz und ihrem pädagogischen Geschick »nd will daher lieber
wirkliche Jesuiten dafür gewinnen. Man hat sich mit dem Ordcnsgcncral
telegraphisch tu Verbindung gesetzt, nnd derselbe ist um der guten Sache
Willen bereit, einige seiner tüchtigste» Unterofficierc in diese Civilversorgung
abzncommandiren.

Eine gut geleitete öfficiöse Presse ist für das Staatswohl von der
größten Bedeutung, nnd deshalb werden die Behörden kaum etwas dagegen
cinwcndc», wenn der Unterricht in diesen Fortbildungs-Schulen am
Sonntag während der Stunden des Gottesdienstes erthcilt wird.

Desinfection des Kerrerchaufes.

In der -letzten Sitzung des Herrenhauses hat sich ein Vorgang voll-
zogen, der in der Geschichte der hohen Körperschaft ohne Bcisviel ist. Ein
Mitglied sprach mit lauter nnd fester Stimme die ketzerischen, fast gotlks-
lästerlich zu nennenden Worte- „Ich kann der frömmste Protestant
sein nnd meiner Seligkeit gewiß sein ohne irgend einen Pfarrer,
ohne Kirche." Und der Sprecher war nicht etlva ein Oberbürgermeister,
sondern ein Mann, der immer der. conservativcn Partei angehört »nd außer-
dem die höchsten Reiehsäniter bekleidet hat, es war der frühere Marine-
minister v. Stosch.

Die ganze Versammlung war beim Anhören dieser Worte starr vor
Entsetzen, und dieser lähmenden Erstarrung ist es wohl znznschreiben, daß
nicht sogleich Vorschläge wegen der Desinfection de« entweihten Locals
gemacht wurden. In der feierlichen Stille der Ostcrtage aber ist vielen
Mitgliedern die rechte Erkenntniß gekommen; sie haben sich mit einander
und mit dem Präsidium in Verbindung gesetzt, und so wird das Versäumte
schleunigst nachgcholt.werden.

Zuerst wird man auf eine gründliche Desinfection nnd Renovirung
des Saals bedach! sein. Wände nnd Decke werden.abgekratzt,, mit einer
starken Carbollösung abgewaschen und dann frisch bemalt; die Sitze werden
neu bezogen, die Läufer und Teppiche gründlich auSgeklopft und ansgekocht.

Ist das ganze Local wieder trocken nnd sauber, so soll die Provinzial-
Synode zu einer außerordentlichen Session bernfen und ersucht werde«,
ihre Beralhnngcn darin abzuhaltcn.- Man ist der Ansicht, das, drei Sitzungen
genügen werden. Bei der Eröffnung wie bei dem Schluß einer jeden Sitzung
wird man eine Fürbitte für Herrn v. Stosch cinlegcn.'

Der feierlichste Act endlich kommt an dem Tage,- wo das hohe Hans
wieder Zusammentritt. Zuerst sagt jedes Mitglied einzeln das Apostolikum
auf, dann recitirt die ganze Versammlung das altehrwürdige Bekenntnis,
dreimal im Chor. Schon jetzt ist man überall im Lande auf dcni alten
nnd bescstigten Grundbesitz mit dem Auswendiglernen de« Schriftstücks be-
schäftigt. Einigen älteren Herren, die nachgewiesener Maßen an Gedächtniß-
schwäche leiden, soll das Ablescn gestattet sein. Man erwartet, daß Herr
v. Stosch nnd die Oberbürgermeister so viel Tact haben werden, der ersten
Sitzung fern zn bleiben.

Aus Ariedrichsruh.

(Telegraphisch.)

Welch ein Eicrscgcn! den Getreuen von Jever sind die von Liegnitz
nachgcfolgt, die diesmal mit hundert nnd einem Mövcnci in die Er-
scheinung treten.

Eben konnnt eine riesige Kiste an.' Es macht Chrysandcr große
Mühe, sie zu öffnen. Was ist darin? Straußencicr, gesendet von best
Getreuen in Afrika. Sic sind nnmcrirt, und das erste, das zum Vorschein
kommt, trägt die Zahl 101. Schwcninger räth dazu, sic recht weich z«

Eine kleine Schachtel langt an. Sie enthält 10 l Ameiscncicr. Eine
arme Nähterin schickt die Eier und hat dabei geschrieben: „Für die
Nachtigallen des Fürsten." Da der Fürst keine Nachtigallen hält, wandern
sie auch in die Küche. _-

„Neues ans dem Leben des Kuckucks" glaubt eine Berliner Local-
correspondcnz mitthcilcn zu können. Danach gibt cs, wenn der Kuckuck
Eier oblegen will, „oft heftige Kämpfe mit den Ncstcigcnthümcrii z» be-
stehen, die nicht selten da« Zngrundcgchcn des Knckuckscics zur Folge
haben". Im Prcßbürcan des Auswärtigen Amts ist diese Beobachtung mit
skeptischem Lächeln ausgenommen worden.
 
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