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Schultzc. Also bic Sinmantcu 311111 Sfitbrcaäotbcu hat Caprivi
jekriegt.

Müller. Hub wat wirb er beim baiuit ansangen?

Schnitze. Er wirb se mit der nöthigeu Fassung trage».

Schnitze.. Nu will Ko.seielski wirklich von bic politische Bühne
ablrelen.

Müller. Sie haben ebent zn oft „Koseielski raus!" jerufen. '

Schulze. Aberst hinter bic Eonlisjen wirb er boch wohl weiterajiren
als Regisseur?

Müller. Ober als Coulissenschieber. Mit Prospecte versteht er ja

Schnitze. Vielleicht jeht er ooch mang bic Zuschauer.

Müller. Ooch möglich! Er wäre nich ber eenzige Politiker ersten
Ranges, ber schon bei Lebzeiten in bei, Olymp emporjestiegen wäre.

Fanzorduung für Welch ü. L.

8 I. Die rhythmische Beinbewegnng bes Tänzers ist ein Ausdruck ber
Loyalität.

tz 2. Die öffentliche Kundgebung bieser Loyalität ist nur an Sonntagen
ans Grnnb eines von ber Behörbe ansgestellten Loyalitäts-Zeugnisses
gestattet.

8 3. Wer beim Tanzen nicht tactsest ist ober gar hinfällt, ist ber mangel-
haften Hingebung an bas regierenbe Haus verbächtig unb vom
Weilerlanzen auszuschließen.

8 4. Die Loyalitäts-Vergnügungen fiiib vom Bürgernieister ober Orts-
schulzen in Person zu leiten. Diese wachen über bie Tanzordining
unb stellen bie Fehltritte ber Tänzer unb Tänzerinnen fest.

8 l>. Der dal obampotro ist untersagt, ba hierbei ein Uebertanzen ber
LanbeSgrenze schlver zu vermeiben ist.

8 6.. Die öffentliche Bekanntmachung von Tanzbelnstigungen ist gleichfalls
untersagt. Sie [mb vielmehr im Wege einer geheimen patriotischen
Verschwörung festzusetzen.

8 7. Der Verrath von Tag unb Slunbe bes Tanzes wirb mit Lanbes-
verweisung bestraft. Sinb milbernbe llmstänbe vorhanben, so tritt
an Stelle ber Ausweisung lebenslängliche Einsperrung in eine Sllciit*
kinber-Bewahranstalt.

8 8. Corporationen, bic in öffentlichen Localen nichts weiter als Vertrauen
genießen, bars bie Erlaubniß, ber Loyalität zu fröhnen, ein für
alle Mal erlheilt werben.

In einem von bei» „Militär-Wochenblatt" veröffentlichten Artikel „Der
neue Kurs" wirb bie Ansicht ausgesprochen, baß in militärischer Hin-
sicht erst jetzt bas Mittelalter sein Enbe erreiche.

Auf anberen Gebieten sinb wir noch lange nicht so weit. . Wer in
Kreis-, Provinzial- unb General-Synoben verkehrt, kann sich ber Ileber-
zeugung nicht verschließen, baß wir noch tief im Mittelalter stecken.

In Bubapest streiken bie Journalisten unb veröffentliche» keine Parla-
ineutsberichte mehr, weil ber Präsibent bes Abgeorbnetenhauses sie von ben
Wanbelgängen unb bem Buffet ausgeschlossen hat.

Einmal boch ein für alle Theile wirklich wohlthäliger Streik. Die
Zeitungsschreiber ersparen sich bie Tatarennachrichten, bie ihnen in ben
Wanbelgängen von jovialen Abgeorbneten aufgebunben würben, sie sparen
ferner an Gelb, bas sie sonst für zweifelhafte Getränke am Buffet ausgaben,
bie Zeitungsleser aber sparen an Zeit unb Stimmung, bie sie sonst über
ber Leclnre ber öben Parlainentsslreitigkeiten zusetzten. Wie wär's, ihr
Herren von Levetzow unb von Köller?!

Das Duell zwischen Eaprivi unb Miguel scheint vorläusig beenbet
zu sein. Wie verlautet, gebenkt ber Reichskanzler in seinem neuen Lanb-
haus in Pommern ben Finanzminister als Gast aufzunehmen unb ihm ben
ersten Stock zur Verfügung zu stellen. Er selbst wirb sich mit dem zweiten
Stock begnügen. „Halber Friebe, süße Eintracht, weilet, weilet . . ."

pic Wcrivenduiig der £fiiere im Kricgsvicnff.

Seit man chön der Brieftaube auf bie „Kriegsschwalbe" unb
nenerbingS gar auf ben „Kriegshunb" gekommen ist, macht bie Heran-'
ziehung ber thierychen Rekruten zum Militärbienst immer neue, ungeahnte
Fortschritte. Wir sprechen hier nicht einmal von den Kriegsverhältnissen in
Afrika, wo bie Girafsen-Postenkette und bas Ponton-Flnßpserb
längst keine Seltenheit mehr sinb, sonbern nur von ben künftigen europäischen
Kriegen.' Bei biesen werben namentlich in Betracht kommen:

1) Die Depeschen-Schilbkröte, vorzüglich im Festungsbienst ver-
wenbbar, ba sie unbemerkt bie Gräben bnrchschwimmt unb über bie Böschungen
kriecht; nur in ganz eiligen Fällen weniger geejgnet; bei ber Belagerung
von Plewna so viel verwenbet, baß jeber aufmerksame Posten Abends seine
Schildkrötensuppe im Topf hatte.

2) Die Biwak-Eule (auch „Manöver-Kauz" genannt), unentbehrlich
für den Wachtpostenbiensl, schläft nie auf Posten.

3) Das Berserker-Schwein, dessen Angriff, wenn es in Wiith
versetzt ist, unwiderstehlich wirkt; in Wurstform mitgeführt, sichert' es
die Truppe gegen plötzlichen Mangel und Liebesgaben. — Aehnlichen
Zwecken dient:

4, Der Schlacht-Ochse, der durch sein Ungestüm die Schlachten ent-
scheidet und schließlich als „booak ä la mode" das Festmahl des Siegers schmückt.
Braucht bei eiligem Rückzüge der Truppe nicht vernagelt zu werden, da
er dies schon von Natur ist.

5) Der Marschir-Elephant („Elephantrist") zeichnet sich durch
festen Tritt aus, wird aber trotz vorzüglicher Marschleistungen ausgegeben
werden müssen, weil die so bedeutsame Gewichts-Erleichterung bei ihm
bisher nicht in erheblichem Maße erzielt ist.

Eine furchtbare Waffe für nächtliche Ueberfälle ist:

6) Der Schwächungs-Vampyr, der dem schlafenden Feinde bas
Blut anssaugt und so dem Angreifer zu einem unblutigen Siege verhilft.
Sein Gegenstück:

7) Der Wecker-Floh (sog. „Casernen-Uhr") weckt durch einen gut
applieirten Stich den Mann genau um die Slunbe, auf welche er bressirt
ist. Wer ihn knickt, wird mit Arrest bestraft.

Manche rechnen hierher noch:

8) Die Hyäne des Schlachtfeldes, welche indeß von Amtswege»
nicht mehr gezüchtet wird, und:

9) Der Schlachtenbummler (gsnns Maulaffe), dessen Anstellung zu
irgend einem nützlichen Zwecke überhaupt noch nicht gelungen ist.

Bei weiterer Fortbildung des Prinzips steht zu hoffen, daß die Kriege
der Zukunst nur noch durch Thiere ausgefochten werden. Die Militär-'
Aerzte werden dann ihre Ausbildung,,auf den Thierarznei-Schulen erhallen.

Wrot- und HZierncid.

Die Handelskammer, für basHerzogthnm Anhalt in Dessau
hat an bas anhaltische Staatsministerium eine Eingabe gegen die zu-
nehmende Concurrenz gerichtet, die von staatlichen iilib kirchlichen Beamten
be» Privatleuten im Erwerbsleben gemacht wird. In dieser Eingabe, deren
sich die „Freisinnige Zeitung" kräftig' annimmt, wird Beschwerde ge-
führt über das „Evangelische Vereinshaus", als dessen Eigenlhümer neben
einem Kaufmann ein Consistorialralh im Grunbbnche genannt ist; in diesem
Hanse sei eine großartige Bierwirthschast angelegt, die sich eines massen-
haften Besuchs von Seiten der Bewohner Dessaus zu erfreuen habe.

Es ist 'auffallend, daß sowohl die Eingabe wie auch das freisinnige
Blatt den Kernpunkt der Sache mit Stillschweigen übergeht. Ist die Wirth-
schast schlecht, so muß sie, falls sich eine gesetzliche Handhabe dazu bietet,
so bald wie möglich geschlossen werde». Ist aber das Bier gut, worauf
der massenhafte Verkehr der Dessauer im Loeal schließen läßt, so kann es
doch jeder vernünftige Mann ruhig trinken, und wenn der Herr Consistorial-
ralh selbst es einschenkt._

Die elericalen Zeitungen sind mit Herrn l)r. Lieber unzufrieden; sie
verübeln ihm/ daß er sich das diplomatische Talent des seligen Windthorst
nicht bei Zeilen durch Erbvertrag gesichert hat. Was soll man dazu sagen?
Die Unbotmäßigkeit und Begehrlichkeit der Presse ist doch bei allen Parteien
dieselbe. Am Ende verlangen die ultramontaneil Blätter von ihrem
Dr. Lieber, ber so viel und so schön spricht, »och gar — Gedanken.

Zu Windhoek im Namaqualand soll eine deutsche Zeitung gegründet
werden. Sie wird in möglichst großem Format erscheinen, damit für eine
würdige und ausführliche Schilderung der rasch aus einander folgenden
Franyois'schen Siege der nöthige Raum vorhanden ist. Die erste
Rümmer soll mit einem glänzend geschriebenen Leitartikel: „Die unwider-
rnslich letzte Vernichtung Witbois" eröffnet werden.

- Hierzu zwei Beiblätter.
 
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