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aitcrl)affen.

sind am Strand der Seine vergänglich doch
<3{§y Die' Cabinette! Wer als Minister jjent
Roch arglos anfftesit, legt vielleicht sich
Wieder ju. ßeür als schlichter Gürger.

Jahraus, jahrein ist auf der Minifterjagd
Der arme Car not; seufzend oft murmelt er:

„Was nicht das deste Ministerium,

Wenn es mir niorgen schon aus dem Leim geht?' '

Rieht recht vertragen fast mit Caprioi sich
Graf Cnlenburg, und wie mit dem Grafenpaar
Freund Miguel steht, ist schwer zu sagen,

Wenn mir um diesen auch niemals bang ist.

Doch ob kein Gand der Liebe die drei vereint,

Sie wirken ruhig neben einander fort,

Rnd keiner will um Kleinigkeiten
Sich von den werthen Collegen trennen.

Da ist's bei uns doch besser'. Wer's hier einmal
Gebracht. zum Staatsminister, der sitzt auch fest,
Vorausgesetzt, daß er's zu toll nicht
Treibt, wie es leider gethan Graf Zedlitz.

Seit Jahren schreibt die Presse: j,Znr Ruhe setzt
Sich Herr von Schelling." Setzt er zur Ruhe sich?
Zwar merkt man nichts von ihm, doch scheint er
Immer im Amte noch anszuharren.

Fast scheint es auch, als wäre beschert uns jetzt
Ein Kriegsminister, welcher von Dauer ist;

Ob schon ein halbes Jahr im Amt er,

Redet noch keiner von feinem Abgang.

Fnhrwahr, ob manches anders auch könnte fein,

Ein Trost ist's doch, dasi Ruhe und Ordnung herrscht
Im Ministeriuni, nicht ein ew'geg
Kommen und Gehen und Thürensrhlagen!

Ktcrddercrdcrtfch.

Varkamentarischer Anschauungs-Anterricht.

Wic man bau Begriffsvermögen unserer lieben Kleinen in der Schule
durch die körperliche Anschauung wirksam zn Hilfe kommt, so hat inan diese
Methode in der letzte» Sitzungs-Periode auch auf unsere Parlamentarier
mehrfach mit Erfolg angcwendet, indcni man durch hcrumgcreichte Nilpferd-
Peitschen, aufgestellte Totalisatoren u. a. m. ihre Aufmerksamkeit auf den
gerade zur Verhandlung stehenden Gegenstand zu lenken wusste. Künftig
gedenkt man hiervon noch einen weit umfangreicheren Gebrauch zu machen.
So werden z. B. die Polen bei ihren zahlreichen Anträgen in Bezug auf
den polnischen Sprachunterricht ein nur polnisch sprechendes Schulkind, das
von Religion sichtlich nicht den leisesten Schimmer hat und dies auch durch
sein Betragen bestätigen wird, auf den Tisch des Hauses niederlcgen. In
gleicher Weise sollte schon bei der letzten Jesuiten-Debatte ein durch und
durch patriotisch und loyal gesinnter Jesuitenpater, der auf Verlangen sogar
Verse von Wildeubruch deklamirt, vorgeführt werden, doch war ein
solcher zufällig nicht gleich aufzutreibeu, weshalb nur ein Fuchsschwanz auf
dem Tische lag. Auch die geplante, Furcht und Mitleid erregende Vor-
führung eines nothlcidenden Agrariers mußte einstweilen anfgcgebcn werden,
iveil die vom Bunde der Landwirthe eingesandtcn Exemplare ein zu hohes
spezifisches Gewicht hatten' und zu sehr jenes blühende Aussehen, hinter dem
sich Roth und Kummer zu verstecken-pflegen, zur Schau trugen; doch hofft
man noch daS Beste von einer rationell durchgeführten Schwenningcr-
Kur. Sehr genußreich verspricht durch das neue System die mit Sicherheit
zn erwartende Debatte einer Besteuerungs-Vorlage für Luxus-Weine und
seine Cigarren zu werden, wobei mancher Abgeordnete mit Recht das
.Probircn weit über das Studiren stellen wird. Eine Beschlußunsähig-
kcit des Reichstags, ist dabei — wenigstens zu Anfang der Sitzung —
schwerlich zu besürchtcu.

Ueberall kriselt'sin den Ministerien, in Budapest und in London und,
wie cs heißt, auch in Berlin, von Paris ganz zu schweigen, Ivo die Krisis
ja eigentlich der normale Zustand ist. Wir könnten ein Mittel neunen,
das vielleicht Abhilfe' brächte und die Völker zufriedener machte mit ihren
Leitern. Wie wäre es, wenn sie einmal mit dem Austausch von Ministern
es versuchten. Wir geben gern den lieben vr. Bosse gegen Weckerlc ab,
schicken Enlcnburg gern einmal mit all seinen Landräthen an den Strand
der Seine und borgen den Engländern auf.eine Weile unser» Miguel,
damit er hier nicht zu, fromm werde. Es fragt sich nur, wen uns Paris
und London abgeben wollen.

Bischof Korn», zählt in seiner Broschüre II Wunderheilungen des
heiligen RockeS auf.

Der. heilige Rock scheint ein- scharfer Rechner zu sein und trotz des
guten Geschäftsganges fest an seinen etwas rigorosen Gcschästsgrundsätzcn
zu halte». Sonst hätte er gewiß, um das Dutzend voll zn machen, die
zwölfte Wnndcrhcilung gratis zugegeben.

Einige Blätter constatircn, daß der Herr Justizminister aus Anlaß de»
Falles Brausewettcr bis jetzt noch nichts verfügt hat.

Der Herr Landgerichtsdirector selbst wundert sich über das Schweigen
der Vorgesetzten Behörde durchaus nicht. Roch vor wenigen Tagen äußerte
er: ,Fch verstehe nicht, was die Leute immer von einem .Justizmüüüer
reden und schreiben. Es gibt gar keinen Justizminister!"

Hteserve-Krenden.

Drum Brüder stoßt die Gläser an:
Hoch lebe der Reservemann!

Er legt nun ab des Königs Rock
Und greift nach dem Reservcstock.

Gern griffe auch nach auderm er,

Doch seit er dient beim Militär,
Verschwand sein Paletot gemach,

Die Großcarrirten folgten nach;

Die Weste ging und mit ihr ging '
Das Nöcklein, das daneben hing. —
Nun ist ihm leicht, .vielleicht zu leicht.
Weil man ihm keinen Rock gereicht,
Auch leine Hose — ei, waS thut's!

Er zieht von dannen frohen Muths;.
Die Sonne wärmt, die Luft' geht rein,
lind bald wird er bei Muttern sein;.
Der treu gedient hat seine Zeit,

Ihm sei ein volles Glas geweiht!
 
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