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Das Marienleben

über den Flüchtlingen durch
die Wipfel der Bäume. Dar-
auf folgt ein köstlich erfunde-
nes Blatt, das den ungestörten
friedlichen Aufenthalt der heili-
gen Familie in Ägypten ver-
bildlicht. In einer Ortschaft,
der man die Weltentlegenheit
ansieht, wo erhaltene und ver-
fallene Gebäulichkeiten anein-
ander lehnen, haben die Flücht-
linge Unterkunft gefunden. Da
liegen sie im Freien ihren täg-
lichen Arbeiten ob, unweit
der Treppe eines halbzerstörten,
verlassenen Hauses, neben der
ein Laufbrunnen plätschert. Jo-
seph haut mit der Axt ein
Balkengestell zurecht; Maria
sitzt in seliger, stiller Mutter-
freude neben der Wiege und
spinnt. Drei große und ein
kleiner Engel umgeben das
Kopfende der Wiege; eine
Schar von kleinen Engeln tum-
melt sich mit kindlicher Ge-
schäftigkeit, um die von Jo-
sephs Arbeit abfallenden Späne
aufzuheben und fortzuschaffen;
andere bringen, selber spielend,
Spielzeug herbei, um das jetzt
schlafende Jesuskind nach sei-
nem Erwachen zu unterhalten.
Hoch vom Himmel blicken Gott-
Vater und der Heilige Geist
herab auf das Idyll, das eines
jeden Beschauers Herz erfreut
(Abb. 48). Darauf folgt gleich
die Darstellung der Begeben-
heit, die zuerst bekundet, daß
der Sohn Marias den Kreis
des engen Familienlebens ver-
lassen muß, um seinen Beruf
zu erfüllen: Maria und Joseph
finden den zwölfjährigen Jesus
im Tempel zwischen den Schrift-
gelehrten. Was alles die Mut-
ter an namenlosen Schmerzen
erdulden muß während des
Leidens ihres Sohnes, das hat
Dürer nur angedeutet in einem
einzigen Blatt von erschüttern-
der Macht des Ausdrucks:
Jesus schickt sich an, den Weg

Abb. 59. Adam. Ölgemälde von 1507
Im Pradomuseum zu Madrid
Aufnahme Braun k Cie., Dörnach i. E. (Zu Seite 64)


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