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Tod Maximilians

schickte Pirkheimer im März 1518 an den Kaiser, der mit Ungeduld darauf
wartete. Auch diese zweite Zeichnung des Triumphwagens, die als unmittelbare
Vorlage für den Holzschnitt dienen sollte und daher die entsprechende Größe
bekam, wird in der Albertina aufbewahrt; durch die Bezeichnung „Der große
Triumphwagen" unterscheidet man sie von der älteren Zeichnung, dem „Kleinen
Triumphwagen". Sie ist auf vier aneinandergeklebten großen Papierbogen mit
der Feder ausgeführt und durch einige Farbentöne belebt. Schon der Wagen zeigt
eine reichere Ausstattung, auf den Radnaben sieht man Reichsadler, auf deu
Schutzkapseln der Räder die Greifen und Feuersteine des Goldenen Vlieses; der
schirmartige Überbau über dem Sitze des Kaisers zeigt Bildwerke, die eine rebus-
artige Ergänzung der Veischrift enthalten: „Was am Himmel die Sonne, das ist
auf Erden der Kaiser", und auf einer von dem Schirm herabhängenden Tafel steht,
wiederum halb als Rebus: „Zn der Hand Gottes ist das Herz des Königs." Hinter
dem Kaiser steht eine Viktoria, die eine Lorbeerkrone über sein Haupt hält; auf
den Federn ihrer Fittiche steht zu lesen, daß dem Kaiser Sieg beschert war in
Italien, bei den Ungarn, bei den Schweizern, in Deutschland, Uber die Franzosen
und über die Venezianer. Vier weibliche Gestalten in leichter antiker Gewandung,
die auf schmuckreichen Gestellen an den vier Ecken des Wagens stehen, verbildlichen
die Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Mäßigung, Stärke und Klugheit; sie halten
über den Wagen ein Geflecht von Lorbeerkrünzen, die nach den Beischriften die
Wahrhaftigkeit, die Milde, das Rechtsgefühl, die Güte, die Beständigkeit, die Ein-
sicht, die Sanftmut und den Edelmut bedeuten. An den Seiten des Wagens schreiten
die Ernsthaftigkeit und die Beharrlichkeit, das Selbstvertrauen und die Sicherheit.
Die Vernunft lenkt die zwölf Rosse des Gespanns vom Kutschbock aus; „Macht"
und „Vornehmheit" heißen die Zügel; neben jedem Pferd schreitet wieder eine
weibliche Gestalt, die eine durch Beischrift genannte Tugend bedeutet. — Kaiser
Maximilian schenkte dieser Zeichnung vollen Beifall. Aber die Schnittausführung
verzögerte sich. Bevor das Hauptstück des Triumphzuges auf die Holzstöcke aus-
gezeichnet war, fand das ganze Unternehmen der Veröffentlichung des Triumph-
werkes einen plötzlichen Abschluß, da Maximilian am 12. Januar 1519 starb.
Vorher war es Dürer noch vergönnt, den ihm so wohlgesinnten kaiserlichen
Herrn nach dem Leben abzubilden. Zu dem Reichstag, den Maximilian im
Jahre 1518 nach Augsburg berief, begab sich auch Dürer mit den Vertretern der
Stadt Nürnberg. Am 28. Juni saß ihm der Kaiser „hoch oben auf der Pfalz
in seinem kleinen Stüble". Hier entstand in sichtlich sehr kurzer Zeit jeue in der
Albertina aufbewahrte geistreiche Kohlezeichnung, die der Nachwelt ein so spre-
chendes Bild des „letzten Ritters" überliefert hat (Abb. 115).
Nach dieser Zeichnung veröffentlichte Dürer das Bildnis des Kaisers in dem
nämlichen Maßstab, etwas unter Lebensgröße, in zwei großen Holzschnitten. Das
eine Blatt gibt das Brustbild ohne weitere Zutat, nur mit einem Schriftzettel,
darauf Namen und Titel des Kaisers geschrieben sind. Das andere, das nach
des Kaisers Tode erschien, zeigt dasselbe in einer reichen Umrahmung, von ver-
zierten Säulen eingefaßt, auf denen Greifen als Halter des Kaiserwappens und
der Abzeichen des Goldenen Vlieses stehen (Abb. 116). Ferner hat Dürer die
Zeichnung nach dem Leben zur Anfertigung zweier Gemälde verwertet. Von
diesen befindet sich das eine, das mit Wasserfarben auf Leinwand gemalt und
durch die Zeit sehr getrübt ist, im Germanischen Museum zu Nürnberg, das andere,
das in Ölfarben ausgeführt ist, zu Wien in der Gemäldegalerie. Auf jenem ist
der Kaiser in Mantel mit weißem Pelz, mit der Kette des Goldenen Vlieses,
auf diesem in schlichter Kleidung dargestellt (Abb. 117). Beidemal hält er einen
Granatapfel in der Hand, wodurch auf eine sinnbildliche Bedeutung, die der
Kaiser dieser Frucht beilegte, hingewiesen werden. Aus den Inschriften, die Dürer
den Bildnissen des Kaisers beifügte, fühlt man heraus, wie schmerzlich ihn dessen
Hinscheiden ergriffen hatte.

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