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Dürers Tagebuch


Abb. 129. Madonna mit Heiligen. Federzeichnung einer in verschiedenen Fassungen vorhandenen
Komposition, zu der Dürer im Jahre 1821 Modellstudien zeichnete
Im Museum Les Louvre zu Paris
Die Heiligen der oberen Reihe sind durch Beischriften von Dürers Hand als Jakob, Joseph,
Joachim und Zacharias, Johannes, David, Elisabeth und Anna bezeichnet (Zu Seite 138)

denen er den „Erünhans" — Hans Baldung Grien — besonders nennt, über-
nommen. Wir erfahren aus dem Tagebuch, zu welch niedrigen Preisen die jetzt so
kostbaren Stiche Dürers damals verkauft wurden. Denn über alle Einnahmen und
Ausgaben — unter den letzteren eine wahre Unmenge von Trinkgeldern — ist
sorgfältig Buch geführt; dabei sind einige kleine Verluste im Spiel ebensowenig
vergessen, wie der Verlust, der dadurch entstand, daß Frau Agnes einmal der Geld-
beutel abgeschnitten wurde. Auch über Dürers künstlerische Tätigkeit ist Buch
geführt. Von Malgerät hat er nur Wasserfarben, mit denen er sowohl auf Papier
als auch auf „Tüchlein" malte, mitgenommen. Aber schon bald nach dem ersten
Eintreffen in Antwerpen sieht er sich genötigt, sich von Joachim de Patenier Öl-
farben und einen Gesellen zu leihen. Seine Kunstfertigkeit wird nach allen Seiten
hin in Anspruch genommen; nicht nur durch das Zeichnen und Malen von Bild-
nissen, sondern auch durch mancherlei anderes. So muh er dem Leibarzt der
Erzherzogin Margareta einen Plan zu einem Haus anfertigen, den Goldschmieden
in Antwerpen macht er Vorlagen für Schmucksachen und einer Kaufmannsgilde
eine Vorzeichnung für eine in Stickerei auszuführende Heiligenfigur, er zeichnet
Wappen für vornehme Herren und entwirft Maskenkostüme zu dem Fastnachts-
mummenschanz.
Dürers Aufzeichnungen sind im allgemeinen ganz knapp und kurz gehalten,
und doch ist bisweilen in den wenigen Worten ein lebendiges Bild von einer
Person oder einem Vorgang gegeben. Zu ausführlicherem Bericht reizen ihn
manchmal die Festlichkeiten; so schildert er namentlich das erste grohe Fest, das
die Antwerpener Künstlerschaft ihm gab, mit vielem Behagen.
Überall blickt in dem Tagebuch der beobachtende Maler durch, dessen Augen
immer beschäftigt sind. Bald ist es die Ansicht einer Stadt, bald die Aussicht
von einem Turm, hier eine Eartenanlage, da ein Gebäude, was die Aufmerksam-
keit des Meisters fesselt; hier hält er ein hübsches Gesicht und dort die zu Markte

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