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Plan einer neuen Holzschnittpassion
eingesetzt ist, und man sieht, daß Dürer mit der Lösung des Widerspruchs, daß
er ein naturgetreues Porträt eines lebendigen Mannes malen und daß dieses
Porträt zugleich den Eindruck eines bemalten Steinbildwerks machen sollte, nicht
recht fertig geworden ist (Abb. 141). Um so dankbarer war für den Meister die
Aufgabe, die charaktervollen Köpfe zweier älteren Herren zu malen, die in den
höchsten Ämtern der Stadt Nürnberg standen und die beide mit ihm befreundet
waren. Das sind die jetzt im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin befindlichen herr-
lichen Bildnisse des Jakob Muffel, eines ernsten, bedächtigen, schon etwas lebens-
müde aussehenden Mannes mit glattrasiertem Gesicht (Abb. 142), und des Hierony-
mus Holzschuher, aus dessen gesundfarbigem, von Silberlocken und weißem Bart
umrahmtem Gesicht die Augen mit Jünglingsfeuer herausblitzen (Einschaltbild


Abb. 138. Die Anbetung der heiligen drei Könige. Federzeichnung von isst. In der Albertina zu Wien
Aufnahme Braun L Cie., Dörnach i. E. (Zu Seite 132)

Abb. 143). Beide Bildnisse sind großartige Meisterwerkes aber die Erscheinung
des alten Holzschuher hat für den Maler doch einen besonderen Reiz gehabt, so
daß er in diesem im vollen Sinne lebensprühenden Bilde eines seiner aller-
vorzüglichsten Werke schuf.
Schon während des Aufenthaltes in den Niederlanden hatte Dürer den Plan
gefaßt, noch einmal — zum fünftenmal — das Leiden Christi in zusammen-
hängender Folge zu schildern. Das zur Ausführung in Holzschnitt bestimmte
Werk kam als solches nicht zustande; auch von den Entwürfen wurde nur ein
kleiner Teil fertig. Aber diese Entwürfe, Federzeichnungen in breitem Format,
sind wieder kostbare Schöpfungen. Wie alle früheren Passionswerke sind sie durch
eine einheitliche dichterische Stimmung miteinander verbunden. Die mehrfache
Wiederholung eines und desselben Gegenstandes weist darauf hin, daß Dürer sich
bei diesen Kompositionen nicht leicht entschließen konnte, eine für befriedigend zu

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