Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dürers Ruhm

tina); das mit Wasserfarben auf ein Tüchlein gemalte Selbstbildnis, das Dürer
als Gegengabe schickte und dessen Ausführung Raffael in Staunen versetzte, ist
verschwunden. Der große Meister der römischen Renaissancekunst hat kein Be-
denken getragen, einem seiner berühmtesten Gemälde, der unter dem Namen I-o
^pnsiino cki Lioilia bekannten Kreuzschleppung, das betreffende Blatt aus Dürers
Großer Passion zugrunde zu legen. Auch andere italienische Meister haben von
Dürer, dem sie unumwunden den Vorrang in bezug auf die Erfindungsgabe zu-
gestanden, Entlehnungen gemacht. Der unerschöpfliche Schatz seines Ideenreichtums
wurde ihnen hauptsächlich durch die in Originalabdrücken und in italienischen
Kupferstichnachbildungen verbreiteten Holzschnitte vermittelt. Die allgemeine Be-
liebtheit der Dürerschen Arbeiten wurde auch in der Heimat durch Nachdrucker
und Fälscher ausgebeutet. Wiederholt mußte der Rat von Nürnberg sowohl bei
Dürers Lebzeiten als auch nachmals, da das Verlagsrecht an seine Witwe, die
den Gatten um elf Jahre überlebte, übergegangen war, zum Schutze von Dürers
geistigem Eigentum einschreiten. Später wurde die Fälschung ganz im großen
getrieben. Sogar Werke, wie sie nach ihrer Herstellungsart Dürer wohl niemals
gemacht hat, kleine Reliefs in Kelheimer Stein und Porträtmedaillen, wurden
mit seinem Monogramm bezeichnet und als Arbeiten Dürers in den Handel
gebracht. Seine größeren Gemälde wurden durch den Eifer fürstlicher Sammler,
unter denen Kaiser Rudolf II. obenan stand, fast alle von ihren ursprünglichen
Bestimmungsorten entfernt. Erst als in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahr-
hunderts der französische Kunstgeschmack in Deutschland herrschend wurde, ließ
die Bewunderung des großen, so echt und ganz deutschen Meisters nach. Der
erste, der dessen Bedeutung dann wieder erkannte und würdigte, war der junge
Goethe. Der zog des männlichen Meisters „Holzgeschnitzteste Gestalt" der glatten
Modemalerei seiner Tage vor und sprach zu einer Zeit, wo Künstler und Kunst-
verständige noch durchaus anderen Anschauungen huldigten, das Wort aus, daß
Dürer - wenn man ihn recht im Innersten erkannt hat — an Wahrheit,
Erhabenheit und selbst an Grazie nur die ersten Italiener zu seinesgleichen hat".


Abb. 148. Die Kreuzigung
Abdruck einer Gravierung in Gold (der sog. Degenknopf) (Zu Seite 137)

144
 
Annotationen