Bericht bes Borstandes bes Krauen-Bereins
zur Ausschmückung des hohen Domchores mi't serdenen Wand-Tepprchen.
Vorgetragen in der General-Bersanrmlung vvm 20. Zanuar 1852.
Jn der Bersammlung vom 3. April v. I. haben Sie uns die Pflicht
auferlegt, halbjährlich über die Lhätigkeit des BereinS und über die
Fvrtschritte LeS WerkeS, in dem wir dem Dome einen neuen Schmuck zu
verleihen gedenken, Bericht zu erstatten.
Wir erfülle» diese Pflicht heute zum ersten Male, nicht ohne einige Ge-
uugthuung im Hinblicke auf daS in der kurzen Ieit unseres WirkenS
bereits Geleistete.
Es ist Jhnen bekannt, daß die zur AuSschmückung der Seitenwände
im hohen Ehore uusereS Domes bestimmten Stickereien nach Zeichnungen
angesertigt werden, die «ir dem seltenen Lalente unsereS städtischen
EonservatorS Herrn Ramboux verdanken.
Jn echt künstlerischer Auffassung hat derselbe die Motive zu 28 Bil-
dern dem Nicänischen Glaubensbekenntnisse entnommen. Dieselben wer-
de» vier Felder deS Chores, zwei an jeder Seite, ziereu, und je steben
Bilder werden jedesmal ein Feld ausfüllen. Jedes einzelne vollendete
Bild wird bei einer Breite von 2!/r Fuß eine Höhe von 9^/2 Fuß ein-
uehmen. Die Zeichnungen stnd dcm Hochwürdigsten Herrn Cardinal und
Erzbischofe vorgelegt worden, und Seine Eminenz haben zur innigen
Freude Les Aünstlers und deS Vereins Jhre Zufriedenheit ausgesprochen
und die Ausfiihrung als Geschenk für den Dom genehmigt.
Die Stickereien werden unter dem Beirathe deS Herrn Ramboux
selbst nach den durch ihn entworfenen CartonS ausgeführt, welche das
Bild in seiner vollständigen Größe und in seinem ganzen Farbenschmucke
darstellen. Geleitet werden die Arbeiten durch eine darin erfahrene
Mitbürgerin, welche mit Liebe unterrichtet und aushilft. Die Ausführung
der Stickereien, in ihrer Art ganz nen und nicht «nfchwierig, konnte
seit ihrem Beginnen (16. Juni v. I.), nicht in dem Maße vorschreiten,
wie wir es gewünscht HLtten. Dennvch dürfen «ir mit Befriedigung es
erwähnen, daß drei Bilder: Lie Sendung, Lie Derkündigung und die
Geburt des Heilandes, bereits vollcndet sind, und LaS vierte der Bollen-
dung entgegenschreitet. Außerdem ist die Ornamentik zum fünften u»d
sechsten Bilde bereitS begonnen.
Wir dürfen hier nicht verhehlen, und machen darauf aufmerksam, daß
die Aahl insbesondere der jüngeren Damen, die stch an den Stickarbeiten
hikher betheiligt haben, weit unter derjenigen zurückgeblieben ist, auf
die wir gerechnet hatten. Jn dem überaus passeuden Locale, das wir der
Güte deS Herrn Groyen verdanken, der uns Lasselbe in seinem Hause
Schildergasse Nr- 72 zuerst vier Monate unentgeltlich, sodann gegen eine
billige Jahresmiethe eingeräumt hat, können sich füglich an verschiedenen
Stickrahmen zu gleicher Zeit zwanzig Damen beschäftigen. Jn der Lhat
hat aber die Arbeit bisher nach einem Durchschnittsatze täglich nur et-
wa zehn Lheilnehmerinnen gefunden. Bei einer regelmäßigen Betheili-
gung von sechszehn Damen würde stch in sechs Wochen immer ein Bild
herstellen lassen. Wir müssen erwarten, daß sich in Zukuuft die Lheil-
nahme wenigstens bis zu diesem Grade steigere, und wir hossen, daß die
bereits vollendeten, nach dem Urtheile bewährter Kennec gelungenen
Stickereien zu größerer Betheiligung anregen werden.
Für den Sommer waren die Lrbeitsstunden Morgens von 9 bis gegen
1 Uhr, Nachmittags von 2 bis 6 Uhr angesetzt. Während des Winters
stnd — außer am Mittwoch und Samstag, wo auch Nachmittags
gearbeitet wurde — nur die Morgenstunden benutzt wvrden. Diese Zeit,
während welcher die Arbeiteu, jedesmal in Anwesenheit einer älteren
Dame, Statt finden, wird auch ferner beibehalten werden.
Die Zahl der dem Vereine beigetretenen Mitglieder, welche am 3. April
v. I. bereitS 199 betrug, hat stch seit jenerZeit nicht erheblich vermehrt.
Mit Hinzurechnung des Ucberschusses, den der Verein zurAnfertigung
der Dom-Teppiche unserem Vereine mit 155 Lhlr. zugewendet hat, er-
reicht die Gesammt-Einnahme bis heute eine Summe von . 1237,, 3„ 9
Darin stnd, »eben den gewöhnlichen Beiträgen der Vereins«
Mitglieder auch mehrere desondere Spenden und Erträge aus
der Vorzeigung der fertigen Bilder enthalten. Auch darf
nicht unerwähnt bleiben, daß der Verein außerdem manche
willkommene Spende in Stoffen erhalten hat.
Die Gesammt-Ausgabe beträgt dis heute, mit Einschluß
«iues Depositi von200Lhlrn. beim Bankvereine A. Schaaff-
hauseu...' . . . . 1222„29„ 8
ÄS istalsonochein Eassenvorrathzuzüglichdes obigenDepositi
von ... . 200„—
von...264,, 4„1
vorhanden. Außer diesem Bestande besiHen wir auch noch einen Borrath
an angeschaffteu Materialieu.
Di« detaillirte Einnahme- «nd AuSgaberechnung mit deu einzelnen
Belegen liegt zur Einsicht der BereinS-Mitglieder offen.
Als ei'ue» stehenden Posten in der AuSgabe mässen wir auch für die
Zukunft das Honorar der UnterrichtS-Dame bezeichnen, deren Anleitung
°Er Berein zur kunstgerechten Ausführung derArbeit nichtentbehren kann.
den bisherigen Erfolg deS UnternehmeuS inS Auge fassen,
^ ^hatigkeit «nd Liebe, womit Herr Ramboux uuS unterstützt, die
Lherlnahme s» vieler ehrenwerthen Mitglieder, welche dem Lereine schon
sugehoren„ die gelungenen Stickereien an den bereitS fertigen Bilder»,
welche kunftigen DonnerStag Rachmittags vo» 2 biö 4 Uhr in der Woh-
nung der Fra« vr. König zur Ansicht der BereinS-Mitglieder Ausge-
stellt sind, so haben wir nicht Ursache, an einer glücklichen Beendigung
Le» unternommeuen Werkes zu zweifeln. Jnzwischen wollen wir nicht
«nbemerkt lasseu, daß nach den bisherigen Erfahrungen die AuSlage für
lede« Brld etwa 100 Lhlr. betragen wird, die Gesammt-Luslage sich al-
so auf ungefahr 3000 Thlr. berechnen läßt, so daß die vorhandenen Mrt-
tel noch bei Weitem nicht auSreichen und auf eine Vermehrung derselben
durch Gewinnung neuer Mitglieder Bedacht genommen werden muß.
Wir sprechen schlreßlich Allen, die sich.um das gemeiosame Werk biShcr
bemüht habeu, unsern Dank aus uud ermuntern sie zu treuem Festhalteu
an demselben bis zur Vollendung.
Köln, 2V. Jan. 1852. Der Dorstand deS Franeu-Verein«.
Der Dom zu Mailanb und seine Ehrenrettung.
Der in Nr. 79 dieser Blätter erschienene Aufsatz: „Der Dom zu Mai-
land und der Dom z« Köln", hat gleich in dem folgenden Blatte eine
Erwiderung gegen mich veranlaßt, die, so darikenswerth die Arbeit des
ehrenwerthen Verfassers im Jnteresse der Sache selbst sein mag, ich doch
um so weniger unbeantwortet lassen darf, als sie mit einer großen Menge
von Zahlen auftritt, die allerdings entscheiden könnten, wenn es sich hier
so hauptsächlich um Zahlen und materielle Größen handelte. Es handelt
sich aber um eine Geschmackssache. Nun ist es freilich in Geschmackssa-
cheu nicht leicht streiten, selbst dann nicht ernmal, wenn man über die
obersten GrundsäHe einig wäre, und das scheinen die Verfasser beider
AufsäHe nicht zu sein. Ja, selbst eine Berufung auf das gebildeie Publi-
cum könnte in einem Falle, wie der gegenwärtrge, nur dann möglich
sein, wcnn es mir gestattet wäre, Zeichnungen über dre vorzüglichsten
Differenzen der in Frage stehenden Bauwerke beizufügen. Das geht in-
deß hier nicht an. So sehr ich nun Lurch diese Unmöglichkeit gegen mei-
nen verehrten Gegner im Nachtheile zu sein glaube, ja, wir gewisser
Maßen auf einem ganz anderen Boden stehen, so gibt es doch noch ei-
nige gemeinschaftliche Puncte, auf denen wir un« treffen können. Dies
siiid erstens die Aeugnisse, welche Sie, verehrtester Herr, selbst gegen den
Dom zu Mailand ablegen, und worüber Sie etwas leicht, zuweilen wie
über eine Kleinigkeit, hinweghüpfen; zweitens die allgemeine Regel,
welche für jedes Werk der Kunst gilt und die Sie gewiß eben so aner-
kennen werden, nämlich, daß ein solches für um so vollkommener gehal-
ten werde, als sich nicht bloß cine große Schöpferkraft eines für das
Schöne und Erhabene empfänglichen Geistes Larin ausspricht, sondern
auch je vollständiger und consequenter die Uusführung ist, welche jenen
Geist ausdrücken svü. Jch kann Lanii drictenS, dauric meiiie Behauptung
nicht als eine isolirte oder wohl gar krankhafte erscheinen möge, das
Urtheil anderer, bedeutender, ja, der namhaftesten Kunsthistoriker beifü-
gen, die mit den meisten Ansichten über den mailänder Dom, so wie sie
in dem erwähnten Aufsatze von mir niedergelegt worden, fast wörtlich
übereinstimmen. 2lber vor allen Dingen eine Erklärung.
Jch muß mich gegen den kleinlichen und ganz ärmlichen Kunstgriff
eines schlechten SachwalterS, als sei es meine Abficht gewesen, durch
Heruntersctzung des mailänder Domes den von Köln zu heben, feierlich
verwahren. Ein solches Manöver ist mir im Lraume nicht eingefallen.
Zch habe sowohl in dem betreffenden Aufsatze, als durch ein namhaftes
Beispiel gezeigt, daß mir der mailänder Dom mehr gegolten, als Män-
nern von Fach, die über italienische Kunstgeschichte gewiß nicht ohne Ruf
geschrieben, und die nach dem Urtheile Rafael's, „des göttlichen Malers"
(welches Sie in einem bereits eingereichten Aufsatze: „Werke des Spitz-
bogenstyles in Rom", nächstens lesen werden), über die deutsche Bau-
kunst ein Spezimen derselben, dcn mailänder Dom, gcwiß för ein höchst
barbarisches Werk gehalten habe». Zch könnte Jhnen, vielleicht mit dem-
selben Rechte, womit Sie mir das erwähnte Manöver vorgehalten zu
haben scheinen, sagen, Sie hätten die ganze Verhandlung fein auf ein
anderes Gebiet hinübergeleitet und mich mit einer Menge von Zahlen
und materiellen Größen zu schlagen gesucht. Mein Grundgedanke war
aber, und er hat sich auch bestimmt ausgesprochen, beide Dauwerke, die
so manche WergleichungSpuncte bieten, in Bezug auf künstlerische Cou-
ception und Vollendung neben einander zu stellen. Sie haben allerdings
ein Drittes aufgefaßt, was zur Ergänzung höchst dankenswerth ist, Lie
Iahlen-VerbLltniffe, Lie ich nicht genauer anzugebe» im Stande war und
deren Prüfüng ich Anderen überlassen muß. Wenn ich nun, was die
künstlerische Conception und Ausführung betrifft, dem kölner Dome vor
dem mailander einen Vorzug gab, so wird schon jeder, der etwas genauer
in der Kunstgeschichte unterrichtet ist, auch ohne die besonderen Schick-
sale Les mailänder Domes zu kennen, mit mir darin übereinstimmen,
wenn wir uns die Gründungs-Daten beider vorbehalten wollen. Der köl-
ner Dom wurde 1248 begonnen, und sein Chor war schon 1322 vollen-
det. Der mailänder Dom wurde erst im Zahre 1384 begvnnen und die
mit sv großen Schwierigkeiten verbunderie Wollendung Les Chores zog
sich weit in das für Lie germanische Baukunst nicht zum besten bekannte
fünfzehnte Jahrhundert hinein. Za, selbst die vollendetsten Lheile des
mailänder Domes können nur als Werke des fünfzehnten Jahrhunderts
betrachtet werden. Und wie es da mit dem Style stand, worin dcr Dom
von Köln. das Münster zu Freiburg im Breisgau, die Dome von AmienS,
Beauvais gebaut, darüber hat die Kunstgeschichte gegenwärtig er» festcs
Urtheil gesprochen. War aber der Styl jener Zeit in Deutschland und
Frankreich so abgeartet, daß er sich kaum länger halten konnte, auch
wenn keine äußeren Gründe hinzugetreten wären: wie war dies erst in
Ztalien der Fall, wo man ihm nie besonders hold gewesen und wo sich
der so genannte Classicismus von Neuem LieHerrschaft errungen! Wenu
ich aber behauptete, daß der Jtaliener das Spitzbogen-System nie ver-
standen und auch noch gegenwärtig nicht verstehe, so wird jene Dehaup-
tung nicht bloß durch die Thatsache unterstüHt, daß die meisten Kirchen,
die sich in Jtalien der Art finden, von deutschen Baukünstlern gebaut
wurde», sondern auch durch die Anschauung, daß diese entweder fast nrr-
gendwo freie Hand hatten, oder sich Len bestehenden Ansichten möglichst
accommodiren mußten und endlich deren Werke fast allenthalben umge-
modelt wurden. Mußte ja doch, wie Sie selbst bekennen, sogar der ge-
waltige Napoleon, der sonst nicht viel auf Volksrücksichten hielt, „n«r
zur Schonung des italienischen National-Gefühles in Folge vielfaltrger
Petitionen für Erhaltung Les in hoher technischer Vollendung schou Ge-
schaffenen von dem zunr Behufe der Restauration im ursprünglich ger-
manifcheu Baustyle begonnenen Abbruche der unfertig gebliebenen sronte
wieder abstehen." _(Forts. folgt.)
Berantwortlicher Herausgeber: I, Z- Nelles in Köln.
Commissions-Verlag dcs Berlegers der Köln.Ztg.: Zos. DuMont i» Kösa.
Druck von M. Du-Mont-Scha«berg m «öln.
zur Ausschmückung des hohen Domchores mi't serdenen Wand-Tepprchen.
Vorgetragen in der General-Bersanrmlung vvm 20. Zanuar 1852.
Jn der Bersammlung vom 3. April v. I. haben Sie uns die Pflicht
auferlegt, halbjährlich über die Lhätigkeit des BereinS und über die
Fvrtschritte LeS WerkeS, in dem wir dem Dome einen neuen Schmuck zu
verleihen gedenken, Bericht zu erstatten.
Wir erfülle» diese Pflicht heute zum ersten Male, nicht ohne einige Ge-
uugthuung im Hinblicke auf daS in der kurzen Ieit unseres WirkenS
bereits Geleistete.
Es ist Jhnen bekannt, daß die zur AuSschmückung der Seitenwände
im hohen Ehore uusereS Domes bestimmten Stickereien nach Zeichnungen
angesertigt werden, die «ir dem seltenen Lalente unsereS städtischen
EonservatorS Herrn Ramboux verdanken.
Jn echt künstlerischer Auffassung hat derselbe die Motive zu 28 Bil-
dern dem Nicänischen Glaubensbekenntnisse entnommen. Dieselben wer-
de» vier Felder deS Chores, zwei an jeder Seite, ziereu, und je steben
Bilder werden jedesmal ein Feld ausfüllen. Jedes einzelne vollendete
Bild wird bei einer Breite von 2!/r Fuß eine Höhe von 9^/2 Fuß ein-
uehmen. Die Zeichnungen stnd dcm Hochwürdigsten Herrn Cardinal und
Erzbischofe vorgelegt worden, und Seine Eminenz haben zur innigen
Freude Les Aünstlers und deS Vereins Jhre Zufriedenheit ausgesprochen
und die Ausfiihrung als Geschenk für den Dom genehmigt.
Die Stickereien werden unter dem Beirathe deS Herrn Ramboux
selbst nach den durch ihn entworfenen CartonS ausgeführt, welche das
Bild in seiner vollständigen Größe und in seinem ganzen Farbenschmucke
darstellen. Geleitet werden die Arbeiten durch eine darin erfahrene
Mitbürgerin, welche mit Liebe unterrichtet und aushilft. Die Ausführung
der Stickereien, in ihrer Art ganz nen und nicht «nfchwierig, konnte
seit ihrem Beginnen (16. Juni v. I.), nicht in dem Maße vorschreiten,
wie wir es gewünscht HLtten. Dennvch dürfen «ir mit Befriedigung es
erwähnen, daß drei Bilder: Lie Sendung, Lie Derkündigung und die
Geburt des Heilandes, bereits vollcndet sind, und LaS vierte der Bollen-
dung entgegenschreitet. Außerdem ist die Ornamentik zum fünften u»d
sechsten Bilde bereitS begonnen.
Wir dürfen hier nicht verhehlen, und machen darauf aufmerksam, daß
die Aahl insbesondere der jüngeren Damen, die stch an den Stickarbeiten
hikher betheiligt haben, weit unter derjenigen zurückgeblieben ist, auf
die wir gerechnet hatten. Jn dem überaus passeuden Locale, das wir der
Güte deS Herrn Groyen verdanken, der uns Lasselbe in seinem Hause
Schildergasse Nr- 72 zuerst vier Monate unentgeltlich, sodann gegen eine
billige Jahresmiethe eingeräumt hat, können sich füglich an verschiedenen
Stickrahmen zu gleicher Zeit zwanzig Damen beschäftigen. Jn der Lhat
hat aber die Arbeit bisher nach einem Durchschnittsatze täglich nur et-
wa zehn Lheilnehmerinnen gefunden. Bei einer regelmäßigen Betheili-
gung von sechszehn Damen würde stch in sechs Wochen immer ein Bild
herstellen lassen. Wir müssen erwarten, daß sich in Zukuuft die Lheil-
nahme wenigstens bis zu diesem Grade steigere, und wir hossen, daß die
bereits vollendeten, nach dem Urtheile bewährter Kennec gelungenen
Stickereien zu größerer Betheiligung anregen werden.
Für den Sommer waren die Lrbeitsstunden Morgens von 9 bis gegen
1 Uhr, Nachmittags von 2 bis 6 Uhr angesetzt. Während des Winters
stnd — außer am Mittwoch und Samstag, wo auch Nachmittags
gearbeitet wurde — nur die Morgenstunden benutzt wvrden. Diese Zeit,
während welcher die Arbeiteu, jedesmal in Anwesenheit einer älteren
Dame, Statt finden, wird auch ferner beibehalten werden.
Die Zahl der dem Vereine beigetretenen Mitglieder, welche am 3. April
v. I. bereitS 199 betrug, hat stch seit jenerZeit nicht erheblich vermehrt.
Mit Hinzurechnung des Ucberschusses, den der Verein zurAnfertigung
der Dom-Teppiche unserem Vereine mit 155 Lhlr. zugewendet hat, er-
reicht die Gesammt-Einnahme bis heute eine Summe von . 1237,, 3„ 9
Darin stnd, »eben den gewöhnlichen Beiträgen der Vereins«
Mitglieder auch mehrere desondere Spenden und Erträge aus
der Vorzeigung der fertigen Bilder enthalten. Auch darf
nicht unerwähnt bleiben, daß der Verein außerdem manche
willkommene Spende in Stoffen erhalten hat.
Die Gesammt-Ausgabe beträgt dis heute, mit Einschluß
«iues Depositi von200Lhlrn. beim Bankvereine A. Schaaff-
hauseu...' . . . . 1222„29„ 8
ÄS istalsonochein Eassenvorrathzuzüglichdes obigenDepositi
von ... . 200„—
von...264,, 4„1
vorhanden. Außer diesem Bestande besiHen wir auch noch einen Borrath
an angeschaffteu Materialieu.
Di« detaillirte Einnahme- «nd AuSgaberechnung mit deu einzelnen
Belegen liegt zur Einsicht der BereinS-Mitglieder offen.
Als ei'ue» stehenden Posten in der AuSgabe mässen wir auch für die
Zukunft das Honorar der UnterrichtS-Dame bezeichnen, deren Anleitung
°Er Berein zur kunstgerechten Ausführung derArbeit nichtentbehren kann.
den bisherigen Erfolg deS UnternehmeuS inS Auge fassen,
^ ^hatigkeit «nd Liebe, womit Herr Ramboux uuS unterstützt, die
Lherlnahme s» vieler ehrenwerthen Mitglieder, welche dem Lereine schon
sugehoren„ die gelungenen Stickereien an den bereitS fertigen Bilder»,
welche kunftigen DonnerStag Rachmittags vo» 2 biö 4 Uhr in der Woh-
nung der Fra« vr. König zur Ansicht der BereinS-Mitglieder Ausge-
stellt sind, so haben wir nicht Ursache, an einer glücklichen Beendigung
Le» unternommeuen Werkes zu zweifeln. Jnzwischen wollen wir nicht
«nbemerkt lasseu, daß nach den bisherigen Erfahrungen die AuSlage für
lede« Brld etwa 100 Lhlr. betragen wird, die Gesammt-Luslage sich al-
so auf ungefahr 3000 Thlr. berechnen läßt, so daß die vorhandenen Mrt-
tel noch bei Weitem nicht auSreichen und auf eine Vermehrung derselben
durch Gewinnung neuer Mitglieder Bedacht genommen werden muß.
Wir sprechen schlreßlich Allen, die sich.um das gemeiosame Werk biShcr
bemüht habeu, unsern Dank aus uud ermuntern sie zu treuem Festhalteu
an demselben bis zur Vollendung.
Köln, 2V. Jan. 1852. Der Dorstand deS Franeu-Verein«.
Der Dom zu Mailanb und seine Ehrenrettung.
Der in Nr. 79 dieser Blätter erschienene Aufsatz: „Der Dom zu Mai-
land und der Dom z« Köln", hat gleich in dem folgenden Blatte eine
Erwiderung gegen mich veranlaßt, die, so darikenswerth die Arbeit des
ehrenwerthen Verfassers im Jnteresse der Sache selbst sein mag, ich doch
um so weniger unbeantwortet lassen darf, als sie mit einer großen Menge
von Zahlen auftritt, die allerdings entscheiden könnten, wenn es sich hier
so hauptsächlich um Zahlen und materielle Größen handelte. Es handelt
sich aber um eine Geschmackssache. Nun ist es freilich in Geschmackssa-
cheu nicht leicht streiten, selbst dann nicht ernmal, wenn man über die
obersten GrundsäHe einig wäre, und das scheinen die Verfasser beider
AufsäHe nicht zu sein. Ja, selbst eine Berufung auf das gebildeie Publi-
cum könnte in einem Falle, wie der gegenwärtrge, nur dann möglich
sein, wcnn es mir gestattet wäre, Zeichnungen über dre vorzüglichsten
Differenzen der in Frage stehenden Bauwerke beizufügen. Das geht in-
deß hier nicht an. So sehr ich nun Lurch diese Unmöglichkeit gegen mei-
nen verehrten Gegner im Nachtheile zu sein glaube, ja, wir gewisser
Maßen auf einem ganz anderen Boden stehen, so gibt es doch noch ei-
nige gemeinschaftliche Puncte, auf denen wir un« treffen können. Dies
siiid erstens die Aeugnisse, welche Sie, verehrtester Herr, selbst gegen den
Dom zu Mailand ablegen, und worüber Sie etwas leicht, zuweilen wie
über eine Kleinigkeit, hinweghüpfen; zweitens die allgemeine Regel,
welche für jedes Werk der Kunst gilt und die Sie gewiß eben so aner-
kennen werden, nämlich, daß ein solches für um so vollkommener gehal-
ten werde, als sich nicht bloß cine große Schöpferkraft eines für das
Schöne und Erhabene empfänglichen Geistes Larin ausspricht, sondern
auch je vollständiger und consequenter die Uusführung ist, welche jenen
Geist ausdrücken svü. Jch kann Lanii drictenS, dauric meiiie Behauptung
nicht als eine isolirte oder wohl gar krankhafte erscheinen möge, das
Urtheil anderer, bedeutender, ja, der namhaftesten Kunsthistoriker beifü-
gen, die mit den meisten Ansichten über den mailänder Dom, so wie sie
in dem erwähnten Aufsatze von mir niedergelegt worden, fast wörtlich
übereinstimmen. 2lber vor allen Dingen eine Erklärung.
Jch muß mich gegen den kleinlichen und ganz ärmlichen Kunstgriff
eines schlechten SachwalterS, als sei es meine Abficht gewesen, durch
Heruntersctzung des mailänder Domes den von Köln zu heben, feierlich
verwahren. Ein solches Manöver ist mir im Lraume nicht eingefallen.
Zch habe sowohl in dem betreffenden Aufsatze, als durch ein namhaftes
Beispiel gezeigt, daß mir der mailänder Dom mehr gegolten, als Män-
nern von Fach, die über italienische Kunstgeschichte gewiß nicht ohne Ruf
geschrieben, und die nach dem Urtheile Rafael's, „des göttlichen Malers"
(welches Sie in einem bereits eingereichten Aufsatze: „Werke des Spitz-
bogenstyles in Rom", nächstens lesen werden), über die deutsche Bau-
kunst ein Spezimen derselben, dcn mailänder Dom, gcwiß för ein höchst
barbarisches Werk gehalten habe». Zch könnte Jhnen, vielleicht mit dem-
selben Rechte, womit Sie mir das erwähnte Manöver vorgehalten zu
haben scheinen, sagen, Sie hätten die ganze Verhandlung fein auf ein
anderes Gebiet hinübergeleitet und mich mit einer Menge von Zahlen
und materiellen Größen zu schlagen gesucht. Mein Grundgedanke war
aber, und er hat sich auch bestimmt ausgesprochen, beide Dauwerke, die
so manche WergleichungSpuncte bieten, in Bezug auf künstlerische Cou-
ception und Vollendung neben einander zu stellen. Sie haben allerdings
ein Drittes aufgefaßt, was zur Ergänzung höchst dankenswerth ist, Lie
Iahlen-VerbLltniffe, Lie ich nicht genauer anzugebe» im Stande war und
deren Prüfüng ich Anderen überlassen muß. Wenn ich nun, was die
künstlerische Conception und Ausführung betrifft, dem kölner Dome vor
dem mailander einen Vorzug gab, so wird schon jeder, der etwas genauer
in der Kunstgeschichte unterrichtet ist, auch ohne die besonderen Schick-
sale Les mailänder Domes zu kennen, mit mir darin übereinstimmen,
wenn wir uns die Gründungs-Daten beider vorbehalten wollen. Der köl-
ner Dom wurde 1248 begonnen, und sein Chor war schon 1322 vollen-
det. Der mailänder Dom wurde erst im Zahre 1384 begvnnen und die
mit sv großen Schwierigkeiten verbunderie Wollendung Les Chores zog
sich weit in das für Lie germanische Baukunst nicht zum besten bekannte
fünfzehnte Jahrhundert hinein. Za, selbst die vollendetsten Lheile des
mailänder Domes können nur als Werke des fünfzehnten Jahrhunderts
betrachtet werden. Und wie es da mit dem Style stand, worin dcr Dom
von Köln. das Münster zu Freiburg im Breisgau, die Dome von AmienS,
Beauvais gebaut, darüber hat die Kunstgeschichte gegenwärtig er» festcs
Urtheil gesprochen. War aber der Styl jener Zeit in Deutschland und
Frankreich so abgeartet, daß er sich kaum länger halten konnte, auch
wenn keine äußeren Gründe hinzugetreten wären: wie war dies erst in
Ztalien der Fall, wo man ihm nie besonders hold gewesen und wo sich
der so genannte Classicismus von Neuem LieHerrschaft errungen! Wenu
ich aber behauptete, daß der Jtaliener das Spitzbogen-System nie ver-
standen und auch noch gegenwärtig nicht verstehe, so wird jene Dehaup-
tung nicht bloß durch die Thatsache unterstüHt, daß die meisten Kirchen,
die sich in Jtalien der Art finden, von deutschen Baukünstlern gebaut
wurde», sondern auch durch die Anschauung, daß diese entweder fast nrr-
gendwo freie Hand hatten, oder sich Len bestehenden Ansichten möglichst
accommodiren mußten und endlich deren Werke fast allenthalben umge-
modelt wurden. Mußte ja doch, wie Sie selbst bekennen, sogar der ge-
waltige Napoleon, der sonst nicht viel auf Volksrücksichten hielt, „n«r
zur Schonung des italienischen National-Gefühles in Folge vielfaltrger
Petitionen für Erhaltung Les in hoher technischer Vollendung schou Ge-
schaffenen von dem zunr Behufe der Restauration im ursprünglich ger-
manifcheu Baustyle begonnenen Abbruche der unfertig gebliebenen sronte
wieder abstehen." _(Forts. folgt.)
Berantwortlicher Herausgeber: I, Z- Nelles in Köln.
Commissions-Verlag dcs Berlegers der Köln.Ztg.: Zos. DuMont i» Kösa.
Druck von M. Du-Mont-Scha«berg m «öln.