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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1861 (Nr. 191-202)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1811#0015
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Neue DomHriefe

vsu I- Sr,e«ser.
(Fortschung^ fiehL Nr. 191.)

EbenfaLS firid vier SranLbilder auf zeder Seite, also im Ganzen acht.
anaewiesen. Dec Titei heißt VlnischeS EprScopat. geordnet unter dem Kirchen-
felsen, nm deffel7t.viLen Hisre.:«ymuS dem DamasuS vecfichert, dcch er mit ihm
bleiben woLe. weil er wiffe. daß die Kirche ouf diesen Heljen gebaut sei; denn
wer außschalb dieses Kel!snba«seS daS Oßerlamm esse. der sei ei« Unheiliger.
nnd mer nichl in dirser Acche sei, der werde umkommen in den Tagen der
Flut. Wsher aber wurden die Bischöft in altec Zeit meist genommen. wel-
chem Stande gchKrien fie meifienS an? Dec vor Aonstantin schon ftststehen-
den MönLSwelt. welcher die ArMreüung d«S EhristenthumS, die Siltigung
Europa'S, Kunft «nd Wi,;-nschast mehr verdanken. alS unsere Zeit zu wüc-
digen versteht. dis eben jetzt in Krämpftn liegt. seit das gefttzliche Armen-
Dciitheil rnrd Vierlheil zum vermeintiichen Besten der Welt säcnlarisirt, d. h.
aus der Welt oerschwundsn ist. uud die sogenannte todte MönchShand. die
gab. durch die noch llldtere Geidimänncrhand. die nichiS gibi, so trefflich
Dertretcn i'ft daß vielleickt die Armenfurcht die Augen öffnet. Jedoch, bleiben
wir bei unftrem Psrtale. Zu der SiönchSwelt, dis erst mit DominicuS und
Kranciscus ssch in den Städten anfiedelie. gehören auch die durch Chrs-
dsgang und Simalac strenger geordnetcn städtlschen Mönche, die regelmäßigen
StistSherren, mit bskannterem Ramen Knönche (Lrmoiüel rsKalsrss) genannt.
A«ch fie müssen in der großen Kirchenkeite vertreten wsrden, und um so mehr,
alS aus ihncn seit Aarl dem Großen die Schulen nebst städtischer Wissen-
schast und Kuust fich entwickelt haben. Hier drängt fich nun namenllich füc
Köln eine große Zahi denkwürdigec Männec auf; allein da wir auch Bal-
dachi-l« zu befttzrn haben. so wählen wir folgende acht auS. AlS Vsrirrier
der Knönche können schr gut die heiligen Bischöft SeverinuS und Cunibertus.
die Stiftsgründer an beidcn Enden dec jetzigen Siadt, gelten, oder auch
dec heilige' und streng« HeriberiuS Gründer des ebenfalls ucsprünglich außec-
halb des" Stadtcinges gäegenen ApostelnstifteS, unter dessen Zöglingsn dcr
heilige Wilhslm, Abt zu Brauweilec sstarb 1081), auSgezeichnet ist. Füc die
sogenannten schottischen Msnche könnie Erzbischof Warin eintreten, für die
Prediger sdec Dominicaner Albert der Große, für die Benediciinec der hsilige
Bruno. Eczbischof, füc die Kaclhäuser dcr zmeite kölner Bruno. füc die Prä-
monstratenser der heilige kölner Hcrmann Joseph u. s. w.; allein da die
Stifter dec gewöhniichen Ocden in der ganzen katholischen Welt überall ein-
gebürgert stnd. so fthe ich von örtlicher Vorliebe ab und nenne lieber die
Siister geradezu. Ehe die Benedictiner fich in Norden sehc auSbreiteten, wa-
ren die trländischen oder sogenannten schottischcn Mönche höchst wicksam, und
aus ihnen gingen seit Columban Suitberi und sonstige BekshcecDeutschlandS
hervor. Jhre Spitze und Blüthe ist Winfried oder dec Wohlthäter BonifaciuS,
wie er umgcnannt wurde, der auch frühcr in Köln auf der Severinstcaße
seine eigene Capelle hatle. Er erhalte also die dritte Sielle. und um so mehr,
da er nicht nur über Mainz. sondern auch Köln, Tongern und Utrechi den
Hirtsnstab süccte. Dle vierte Eiclle geben wir dem heiligen BenedictuS, dem
eigentlichen Vater und Ordner dec abendländischen Mönche. Was die Zeit-
genossen DominicuS und FranciScuS in ihren Tagen waren, ist dem Ge-
schichtskenner nicht unbekannt. Weil der Hsiland arm in der Krippe geboren
ward, arm und kleiderentblößt am K'euze starb, selbst im sremden Grabe
begraben ward, so suchten dleft gewalligen Menschen ein Vorrecht zu er-
ringen, das den vollsten Gegensatz zum jctzigen Zeitgeiste darstelli, und auch
damals bcim heiligen Stuhle noch nickt nachgcsucht worden war, nämlich
daS Vorcecht deS Nichtbesiheg und sreiwilliger Armulh,unddiesewurde
nicht allein für die unfreiwtllige Armuih Trösterin und Vvrbild, sondecn
eine geistige Welimacht, die selbst ein Dante mit Ehrsurcht anstaunte. Bsiden
geben wir die fünste und ftchSte Stelle, lasscn abec den Kölner und Kar-
ihäuftr Bruno ausfallen, da dieser schon bei den Einsiedlern Mwanni worden.
Die siebents Siells besetze der heiligc Hermann Joftph sür die Prämonsträ-
ienftr alS Kölner, obgleich ich sie gcrn dem helligen Jgnatius mit den drei
Kronen zur Ecinnerung an unftre frühere dreigekcönte (IrioorouLtuw) Welt-
Lehcanstalt gcb»n möchte; allein unftre Gebildeten, die auS Eugene Sue, den
Zeitungen und ähnlichen GcisieShelden G-schichte lernen, haben eine so große
Angst vor allem, wovor ein Gescheidter gerade keine Angst hat, nämlich vor
dsn Gescheidten oder den — Zesuiten, daß man aus Mitleid schon ihre
Aengsilichkeit schonen muß; denn ste stellsn fich dag prächtigste Zeugniß eige-
ner GeisteSarmuth auS. Friedrich der Große hatte gleich allen GeisteSgroßen
vor Ungeist gac keine, vor Geist noch wenigec Furcht, und er schützte dis
Jesuiten; jetzt ist eS hriter anzufthen, wis Gott und Teufel chie Slarkköpfe
nicht mehr ins Bockshorn jagen kann, wohl aber sin einziger Jesuit, der schon
als Name, geschweige alS Standbild in Stein gar gefährlich auSsehen könnte.
Jedoch, überlassen wir diese edle Sache dem edisn Hurter, Rissel oder wcm
immer, und kehren zu unftrem hciligen Hermann Joseph zurück. Daß der
Apfel nach der lieblichen Legende, die in St. Mergen noch zu sehen ist, nicht
fehlen darf, versteht fich von selbst. DaS ackte und letzte Standdtld fti der
heilige Aieplus oder Longinus, zur Erinnerung an die Alcxianer oder Lon-
ginuS- (Lungen-) Brüder, welche auS der altsn, edlen, zerschlagenen und
rechtlos geplünderien Klosterwelt noch übrig find.

Gehen wir zur letzten, der

nördlichen Krauenthüce,

ft erinnece ich daran, dah die Gesanimtheit der Heiligen (Oräo 8anstorairi)
kirchlich durch die Jungfrauen, Mauyrinnen und Nichtmartyrinnen, endlich
durch die hsiligen Witwcn beschlossen wird. Zwar könnte man sagen, die
Martyrinnen seien schon durch daS L-bsn dcr heiligsn Ursula vertreten; allcin
ßs find es nicht alS Standbiider und im Zusammenhange kirchlichen Geistes,
und dic symbolischen Jungfraucn können auch nicht unter dieftr Beziehung
gsfaht werden. Unftr Tilel heißt die Jungfräulichkeit, und wie die Kirche
biese anzutehen gewohnt ist, lehrt schon Lyprian, der ste mit den edelsten
Namen beehrt: Blume der kircklichen Saat, Zierde und Schmuck der geistigen
Gnade, Gottes entsprcchendcs Bild zur Heiligung im Herrn, der vorzüglichers
Theil der Herde Christi u. s. w-, und wer sie im voreinstigen Lebsn auf-

fassen will, wende fich nur an die Briefe des Hieronymus Achi Standbilder
find wieder vocgezeichnet, viec auf jeder Seite. An die Spitzs stelle ich auf
die erste Stslle Sl. Agnes, die schon früher in allec Völkec Schristm und
Zungen gefeieci war, einst in Köln ihre Kirche hatte, und im Dom noitz
ihren alten Altar besitzt. Zhr gegmüber steils ich dic kessigk Cäcilia, Patronirr
deS ältesten DomeS innerhalb KölnS DaS driite Standbild neben St. AgneS
gehöct der gleichgefinntm und gcistcSgleichm heiligen Katharina, ebcnfallS im
Dom durch einen A,tar vectreten. Zur Ze:t der Kceuzzüge erbauie Köln ihr
die herrliche Kirche, die der wüste Zeitgeift an die Ecde legte. Um ouch hier,
wie auf der Männsrthüce, die Kiosterbeziehungen auszudrückm, wähie ich
dm für die Geschlchte des AbendlandeS wichligstm Bmedictincr-Ocden, könnte
also die hcilige Scholasttca, Schwester dcs h.nligen Benedictus, herfttzm;
allein die Bmedieterinnm wurden zu Köln vorzüglich in St. Agatha (jetzt
Caserne) vertreten, welcher a!S Martyrin also die vierte Stelle, Si. Läcilien
gegmüber, anzuweism ist. Die fünffe Stelle besctzs die hierftlbst in den armen
und reichm Clarissm vorelnst so vielsach geehrte hcilize Clara, die, eine
Schülerin dsS heiligen FranciscuS, in ähnlichcr großaciigec Weise aus die
Fraumwelt einwickle, und mit dcm Allerhciligstm einst ihr Kloster gegen die
saracenischen Raub- und Bnndes-Gmo>;en deS zweiten hohenstaufischen Fcied-
rich schützte. Das ftchSte Standbild soll an die letzten noch üdrig gebliebenen
Trümmec dec alten Klostecwelt erinnern; also die Muiter ver Ursuiinerinnen,
die heilige Angela, stehe hier. bssonderS, da die mildlhätigs Landgräfin Eli-
sabeth, die Mutter unftrec Elisabelhinnen, in Westen schon angebracht ist.
DaS siebmte und achte Siandbild osrtrete die fcommen Wilwen, und an
Brigitta (einst gab es bei Groß-St.-Marti» cine Brigitten-Kicche), Euiropia,
Monica u. s. w, könnts gedacht wecden; ich abcr nehme dasüc auS dsr köl-
nischm Geschichte süc das fiebente Standbild die sromme Witwe PlectcudiS,
welche wegsn der Unehe Pipin'S mit dec schönen AlpaiS, Schwester deS Dodo,
sich in die Einsamkeit nach Köln zuiückzog, ihcm odec dec Herzoge von
Lothringm Palast in die Akaricn-Kirchc, jetzt St. Mergen im Cupilol, und
in ein Stifi frommsr Jungfraum vsrivanoelte, wo sis bekannilich begcabm
liegt. DaS achte Standbilö gegen Osten wärc die zweite Witior, die für Köln
einst wichtigs Königin Richezza, Muttec deS hsiligm Kasimir von Potm.
Sie führte einst hier ein gottseligcs Lebsn, mard in Mararietm (Llsris aä
zrsäus) bsgrabsn, nnd noch im crstm Jahrzehmd dieseS ZahrhundectS war
ihr prächtigeS bei Gslen beschriebmeS Gcabmal*- zu fthen, Jhc Standbild
stände somit gleichsam ais Sühne ganz nahe an der Steüe, ivo ste einst
ruhte, a!S man Gräber und Vorzeit noch für hciiiqer hielt, alS eins qerad-
gezogene Stcaße

Uebrig sind noch auf dec Nordseite einige Pfeilerbilder, und zwar zwei
zu jeder scite der Priesterthüce, sie ergeben sich von selbst, Jn Westm stehen
die abendländischen, in SüSen die morgenländischcn, also ln Norden die köl-
nischm Kirchenlehcer, Sie find: I) Rupect, genannt dec Deutzsr, der uner-
müdliche Lehrer und Ecklärer der gesammten hciligm Schrisi im zwölften
Jahchundert und Vecfasser vicler anderen Schristen. 2) Dsc edle Lauinger
Graf, trotz ftinsS BiSthumes zu RegmSburg schlichter Pcedigermönch, KölnS
und Fcankreichs Lehrer, daS Licht der We!t, AlbsrtuS, genannt der Große.
3) Der Höhspunct der scholastischm Philvsophie und Fürst der Denker, vor-
einst die Leuchle vieier Jahrhunderte, dabei aber nuc ein einfachcr Mindec-
bruder, Duns ScotuS, noch in den Minoritm ruhcnd. Füc dic viecte Stelle
kLnntm bedeutmde Namsn angeführt wecden. Der Pantalconirer Geschicht-
schreiber Jsracl, Cäsarius von Heisterbach, abec Kölner von Geburi und In
der hiesigm AndreaSschule erzozen, sozac Albecl's Schüler, Thomcs oon Aquino,
ein Kops, bis jetzt noch ohne Nachsolger, oder der hcilige Bcrnarvus, der in
Köln auf dec noch im Dom bsfindlichen Kanzel gepredigt habm soll; secner
Groppsr, dessen Wichtigkeit dem Geschichtskenner in dm Wirrm deS sechS-
zehnim JahrhundertS nicht crklärt zu werden braucht, u. s. w.; allein am
paffendsten wäre die Säuls seinec Zsii, dsc geistige Halter unü Lshrec KölnS
und der Weli, dsr jetzt in ftinem Werthe eckannte heilige Canisius, eiust wohn-
haft**) an St. Gereon oder zu den goldenm Mactyrern.

RechtS an die Männerthüre und links an die Fcaumihücs gehöcen auch
noch zwei Pftilerdilder. Nach genauer Ueberlegung, und um mit dm andecen
Poctalen im Einklang zu bleibsn, scheint eS mic am befien, an die Männer-
ftite den Befreier deS ChristenthumS, dm Kaiftr Konstantin, und an die
Fcaumthüre neben Richezza dis heilige Helena, ftine Muttsr zu setzm. Be-
kanntlich find Beide für Köln bedeutsam. Serade an dieser Stelle stand
voreinst daS römische Wassercastell, ivelcheS Karl der Gcoße ftlnem Kceunde
Hildcbold sür den neuen Dom schcnkie. Jn der Nähe ist die Bucgmauw, wo
Konstantin und Helena bei ihrec hiesigen Anweftnheit stch aufhaitm mußtm,
m der Nähe ebenfalls die Flavia Hcleniana zu den goldmm Mariyrecn, jetzt
St. Gereon gmannt, zu dcn Zeiten deS Gregorius von Tours eben so, wie
später alS kunstreiche Siistung der Helena bekannt, die mit ihcem Sohne
ebenfallS aus Nordm (Englcmd) gekommsn irar, und nach der Sage über
Sinzig nach Jtalim zog.

Jhnm zur Seite setze ich anS äußerste Ende die beidm Wahrzeichm
KölnS, den Gründer Agrippa und MarfiliuS, die früher auf so vielen Vau-
werkm vockamen.

Somit u,ärm also auch die Standbilder abgeschlossen, und wir gehm
zu den

Baldachinsn.

Da wir schon anderwärtS den Gegmstand behandeltm, so wsrden wir
hier nur andeutmd verfahren, da der Brief ohnehin lang genug wird. Ehe
wir diese Baldachine auffassm. bemcrken wir für den Künftler, daß sie im
Geiste dss AlterthumS auszusührm sind. Sis sollm das Nackie und Leere der
Wand ausfüllm: also jedeS Dünne, Magere, was ftlbst nackt ist oder nicht
hinreichmd auSfüllt, ist nichi anzuwmden, und wo eine Figuc nicht auS-
reicht, möchtm gerade hier klsine Gruppen von mehreren Figucm anwend-
bar und alS Abwechslung dem Auge willkommen ftin. Einige werftn hier
ein: Gruppen bei Baldachinm gehen unmöglich; ich aber sage: geht nach
Freiburg im Breisgau und nach Straßburg, und jedcS Auge steht dann, daß
das Unmögliche dort wirklich ist. Nach dieser Dorbemerkung machm wir
unS an unsec Geschäst. (Forlsetzung solgt.)

*) Ein Siück des GitierwerkS. welchcS daS Grabdenkmal umgab, ist noch
nördlich vom Dom auf der Liisch in der Ecke deS jetzigm Pfacrhauses
übec dem Regmsarg-Steiiidcckel zu sehen.

**) Ilaäsr, äe vitL ketri OLvisii. blonLeüii 1623. p. 211.
 
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