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ZU DEN KARTEN, TAFEL 30 u. 31. /I

Lange bevor diese Karte im Jahre 1848 veröffentlicht wurde, hatte ich selbst im October 1841 eine
nach meiner Absicht möglichst vollständige, mit topographischer Aufnahme der Reisewege verbundene Be-
reisung der Insel angetreten, die von der Hauptstadt aus über Agiasso und Vasilika nach Pyrrha, zu Schiff
über den Golf nach Kalloni. dann nach Molyvo und Stypsi am Lepetymnos, weiter durch die westliche Halb-
insel bei Sigri und Ereso und über Kalloni und H. Paraskevi zurück nach der Ostküste und der Hauptstadt
ging, wo sie am letzten Reisetage durch einen heftigen Fieberanfall abgebrochen wurde. Der Plan, nach der
erst auf dem Festlande wiedererlangten Herstelluno- im folgenden Frühjahr nochmals auf die Insel zurückzu-
kehren, um die noch nicht gesehenen Theile derselben zu durchforschen, konnte bei dem Umfange der mir
noch weiter obliegenden Aufgaben und der Beschränktheit meiner Mittel ebensowenig ausgeführt werden, als
die nie aufgegebene Idee eines neuen Besuches bei einer späteren Orientreise sich meinen Wünschen ent-
sprechend alsobald verwirklichen liefs. Zwar wurde das mitgebrachte topographische Material zur Herstellung
einer provisorischen, späterhin durch Anschlufs an die Copeland'sche Küstenaufnahme leidlich berichtigten
Karte verarbeitet, doch veranlafste mich die Unvollständigkeit derselben zunächst von einer anderen Publication,
als <.}(•]- im Mafsstabe sehr stark redimierten, in der unter meiner Redaction 1844 erschienenen grofsen sechs-
blättrigen Karte von Kleinasien Abstand zu nehmen'). Mit Unrecht; denn auch in jener unvollkommenen
Form hätte eine speciellere Zeichnung den Reisenden der folgenden Jahrzehnte nützlich werden und die Ver-
vollständigung des begonnenen schneller fördern können, wenngleich dieselben vorzugsweise archaeoloeische
Zwecke verfolgten und die: Topographie entweder gänzlich beiseite liefsen, wie Newton'2) trotz seines langen
Aufenthaltes auf der Insel als britischer Yiceconsul (1852—59) und der schon genannte Franzose Boutan,
oder sie doch nur in einigen Punkten aufzuklären versucht haben, wie Conze, dessen sonst einfach aus der
englischen Seekarte verkleinertes Kärtchen wenigstens einige entschiedene Berichtigungen derselben enthält"):
leider reichte seine Wegebeschreibung in der von ihm zuerst und theilweise seitdem nicht wieder durchwander-
ten südlichen Gegend zu graphischer Fixierung nicht aus. Der kurze Ausflug von Tozer und Crowder im
März 1886 von Mytilini über Agiasso und den Olymp nach Pyrrha und direct zurück (Academy 1886 110. 746.
747) liefert keine neuen Thatsachen.

Förderlich für die eingehendere Erforschung dw Insel wurde meine: Manuscriptkarte erst 1885, als
ich sie zu vorläufiger Orientierung und anschliefsender Berichtigung und Ergänzung in die Hände eines Mannes
legen konnte, der zunächst ebenfalls zum Zwecke antiquarischer Untersuchungen im Auftrage unseres archäo-
logischen Instituts dahin ging und mit geringen Unterbrechungen ziemlich ein volles Jahr zu seinen dortigen
Studien verwenden durfte, daneben aber für die noch so sehr im argen liegenden topographischen Arbeiten
volles Interesse und ausreichende Vorkenntnisse mitbrachte. Architekt R. Koldewey hat die Zeit, welche
ihm Berufsarbeiten und namentlich die von ihm geleitete Ausgrabung übrio- liefsen zu vielfachen Wanderungen
durch das Innere, zumeist planmäfsig auf den von mir noch nicht topographisch niedergelegten Wegen aus-
genutzt und die von ihm im Mafsstabe von 1:50000 entworfenen Routenkarten ermöglichten nun, verbunden
mit den meinigen, eine bereits erheblich vollständigere Gesammtkarte, die gleichwohl noch nicht ganz unbedeu-
tende Räume unausgefüllt lassen mufste. Diese nach Möglichkeit zu ergänzen war der Zweck eines nur auf eine
Woche beschränkten Besuches von Lesbos, den ich im October 1886 in Hegleitung des Dr. C. Schuchhardt
(j. Museumsdirector in Hannover) von Pergamon aus unternahm; unser Weg ging von Mytilene über den Golf
nach dem Hafen Myrsinia, dann über Sköpelo nach Potamös an der Südküste, über Akräsi, Ambelikö, Vurkf,
Yasilikä nach Polichnito; nach ('herfahrt über die Golfmündung auf Agra, Phteründa, Yatüssa, Anemötia,
Phflia, Klapädo, Stypsi, Ypsilometopo, Gelia, Mandamädo, endlich an der ()stküste zurück zur Hauptstadt.
Nur diese letzte Tagereise war von Koldewey (und zum Theil früher von mir selbst) bereits festgelegt, das
übrige fast durchweg neue Terrain und mehrere bedeutende Ortschaften des Binnenlandes (wie Miliaes, Am-
belikö, Phteründa, Vatussa, Anemötia) wurden dabei überhaupt zum erstenmale nach ihrer bis dahin ganz
ungewissen Lage bestimmt. Auch so jedoch blieben noch einige empfindliche Lücken bestehen, deren Aus-
füllung auf Grund i\i-r von kenntnifsreichen Einheimischen mündlich und schriftlich eingezogenen Kunde nicht
befriedigend gelingen wollte; dieses veranlafste mich zu einem letzten Besuche der Insel, für den zum Schlüsse
einer bereits langgedehnten Reise im Juni und Juli 1888 nur wenige; 'Tage verfügbar blieben. Zunächst ver-
folgte ich die neue nur eben der Vollendung entgegengehende Chaussee von Perama am Hiera Golf nach

') In dieser Karte erscheint daher aufser anderem zum erstenmale in richtiger Lage die damals von mir erstiegene, später auch von anderen
Reisenden besuchte Ruine Xerokastron, deren Entdeckung also Boutan (a. a. O, S. 315) mit Unrecht für sich in Anspruch nimmt.

'-') Die seinen Travels and Discoveries in tht Levant (London 1S65) beigegebene Karte von Lesbos ist einfach eine Reduction der Copeland-
schen ohne den geringsten Zusatz aus eigener Erfahrung, selbst in den von dem Autor berührten, aber auf der Seekarte leer gelassenen
Partien.

;!) So die Ansetzung von Plagia, NO. von Potam6s, während es bei Copeland irrig in das von dieser Stadt nördlich eingehende Thal ver-
setzt und Boulahir geschrieben ist, die von Tzukalochori (falsch geschrieben Kalochort) nahe O. von Telonia statt der viel weiter nach
Osten gerückten Stelle, die es irrig bei Copeland einnimmt; richtig angegeben, aber nicht neu, da sie schon in meiner Karte von Klein-
asien 1844 verzeichnet stehen, sind auch Paraskevi und Ippio. Zu den irrigen Ansetzungen von Alt-Plomari (im Flufsthal von Potamos
statt hoch am Berge), Akerona, Mesotopo, Tclone:) (hier viel zu nahe an der Küste) und der Verwechselung von Acherona und Ar-
giana hat sich der Autor in Ermangelung selbständiger < »rtsbebbachtung durch die Autorität der englischen Karte verleiten lassen.

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