Hauptchor öffnen. Während jedoch in Zürich die
Nebenkapellen noch verschiedene Form besaßen (die
südliche schloß apsidial), tritt in Basel in der streng
symmetrischen Anlage das Vorbild der hirsauisdien
Chöre deutlich zu Tage, in denen sich flach schließende
Seitenkapellen durch zwei Bögen nadh dem Hauptchor
öffnen. In der leichteren, schlankeren Pfeilerbildung,
in die Weite und Höhe der Arkaden, geht die Basler
Kirche über die schwere Massigkeit der Züricher Bettel-
ordenskirdien hinaus. Auch ist in Basel das Mittelschiff
gegenüber den Seitenschiffen schmaler geworden, zwar
herrscht es noch unbedingt, doch drängt es die Seiten-
schiffe nicht mehr so völlig zurück. Am deutlidisten
wird der Unterschied zu den älteren Kirchen in einem
neuen Motiv: den Okuli des Obergadens. Diese haben
etwas Loses und Unstruktives. Wenn sie auch über den
Arkadenscheiteln sitzen, so nehmen sie doch nicht wie
spitzbogige Obergadenfenster die Richtung der Pfeiler
und Arkadenbögen auf. Ihre geschlossene Rundform
bleibt beziehungslos. Die Wand bekommt dadurch
etwas Neutrales, es sind keine Kräfte in ihr lebendig,
nur in dem rechtwinklig eingeschnittenen Arkaden-
profil ist nodi etwas von dem alten Charakter von
Massigkeit und Präzision zu spüren. Die Pfeiler sind
schon zu schlank, die Arkadenbogen zu spitz, als daß
die Wand als lastende Masse für den Raum bestim-
mend sein könnte. Hier sind bereits die ersten Kenn-
zeichen eines neuen Wandcharakters sichtbar, der erst
in späteren Bauten klar hervortreten wird.
Trotz der neuen Richtung, die in der Basler Kirche
eingeschlagen wird, bleibt für sie doch der Zusammen-
hang mit den älteren Pfeilerbasiliken entscheidend.
Einflüsse von auswärts brauchen nicht angenommen zu
werden. Das einzig wirklich neue Motiv, die Okuli des
Obergadens, sind nicht aus Italien abzuleiten, wo
Rundfenster wohl an Fassaden, Querschiffen, Chor-
bögen usw. häufig sind, nicht aber als Obergaden-
fenster - als solche treten sie in der italienischen Bettel-
ordensarchitektur erst um 1280 auf34. Dagegen kom-
men sie als Obergadenfenster in Deutsdiland vereinzelt
schon in sehr früher Zeit vor: Schienen am Bodensee
(wobei Hecht an die »fenestellae rotundae« erinnert,
die Abt Liuthardt Mitte des 10. Jahrhunderts in einem
Bau der Reidienau ausbrechen ließ); der erste Bau von
Petershausen (987-992) Oberlenningen, Donaukreis
Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts35; Feldbach
im Elsaß, Cluniazenserinnenkirche, gegründet 1144;
Reidienau, Mittelzell 12. und 13. Jahrhundert (hier
ellipsenförmig); Bebenhausen, Zisterzienserkirche 1190
bis 1228 (hier sind die Okuli von einer spitzbogigen
Blende eingefaßt)36. Die Aufnahme dieser Fensterform
in die Bettelordensarchitektur ist in der Basler Domini-
kanerkirdie durchaus als selbständigeLeistungmöglich.
Es ist hier allerdings ein Bau zu nennen, der mit der
Basler Dominikanerkirdie außerordentliche Ähnlich-
keit besitzt: die Dominikanerkirche von Friesadi in
Kärnten, die wahrsdieinlich schon in den dreißiger und
vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts entstand37. Diese
ist als flachgedeckte Basilika (die Wölbung stammt von
1690) in der österreichischen Bettelordensarchitektur,-
die von Saal und Halle beherrscht wird, völlig isoliert,
während sie ihrer Anlage nach mit den frühen südwest-
deutschen Pfeilerbasiliken der Bettelorden übereingeht.
In Friesach begegnen nun bereits Okuli als Obergaden-
fenster, die sich nach Donin aus der romanischen Pfarr-
kirche St. Bartholomä in Friesach herleiten. Da ferner
das Langhaus weiter spitzbogige Arkaden auf recht-
eckigen Pfeilern und eine glatte ungegliederte Ober-
gadenwand besitzt, ist die Verwandtschaft mit dem
Basler Langhaus eine sehr auffällige38. So muß als-frei-
lich entfernte - Möglichkeit berücksichtigt werden,
daß die Friesacher Dominikanerkirche für die Okuli
in der Basler Kirche des gleichen Ordens die Anregung
gegeben haben könnte, zumal auch später noch Bezie-
hungen zwischen Friesach und dem Oberrheingebiet
deutlich sind: Der ab 1265 erbaute Chor in Friesach,
durch den der Bau gerade im äußeren (Donin Abb. 144)
eine unmittelbare Ähnlichkeit mit dem später ent-
wickelten oberrheinischen Typus gewinnt (vgl. Rufach
und die folgenden Bauten, Kap. II), zeigt sowohl in
der frühen Anlage als gewölbter Langchor wie audi in
Einzelformen direkte Zusammenhänge mit der ober-
rheinischen Bettelordensarchitektur39.
Mit der Erweiterung durch einen gotischen Ostab-
schluß und der Wölbung des Chores 1261-1269 lenkt
dieBaslerDominikanerkirdie in eineEntwicklung ein,
die aus der frühen Gruppe hinausführt. Ihre Anfänge
liegen bereits in anderen, um die Jahrhundertmitte
entstandenen Bettelordenskirchen, die in den folgenden
Kapiteln behandelt werden; auf diese muß für die
Frage nach Entstehung und Bedeutung des gewölbten
Chores verwiesen werden.
Daß der gotische Chorabschluß der Basler Kirdie
nicht nach dem Erdbeben 1336 entstand (Oberst), auch
nicht 1340-1355 (Boner)40, sondern aus der überlie-
ferten Chorbauzeit 1261-1269 stammt, läßt sich aus
den Formen nachweisen. Schon der Schluß über fünf
Zehneckseiten wäre im 14. Jahrhundert, wo der 5/s-
Schluß sidi überall, audi außerhalb der Bettelordens-
architektur, durchgesetzt hatte, sehr ungewöhnlich. Da-
gegen wurde der Schluß über Zehn- oder Zwölfeck-
seiten gerade bei den Dominikanern im 13. Jahrhun-
dert häufig angewendet, so in dem bedeutenden Bau
der Straßburger Dominikanerkirche, wo gleichfalls nur 48
ein Chorjoch vor dem Polygonalschluß (7/12) bestand;
ferner in den Dominikanerchören von Pforzheim um
1260-1270 (2+V12), Speyer ab 1266 (3+V12) und Frei-
burg i. Br. um 1281 (3+7/io)41. - Ebenso spricht der
Außenbau in Basel (Oberst Taf. X. Abb. 15) deutlich
für eine Entstehungszeit im 13. Jahrhundert. Die
schmalen, spitzen, zweiteiligen Fenster nehmen nur
einen Teil der Wandbreite ein; das einfadie Maßwerk,
bestehend aus zwei Dreipaßbögen, die einen rundbo-
gigen liegenden Vierpaß tragen, begegnet bereits kurz
nach der Jahrhundertmitte im Ostflügel des Domini-
kanerkreuzganges von Freiburg i. Br.42. Die Form der
Strebepfeiler mitdem Satteldachabschluß und dem lise-
nenartigen Glied darüber sowie die dreipaßförmigen
Entlüftungslöcher für den Dachstuhl kehren ähnlich
am Chor der Berner Dominikanerkirche (ab 1269) jo
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Nebenkapellen noch verschiedene Form besaßen (die
südliche schloß apsidial), tritt in Basel in der streng
symmetrischen Anlage das Vorbild der hirsauisdien
Chöre deutlich zu Tage, in denen sich flach schließende
Seitenkapellen durch zwei Bögen nadh dem Hauptchor
öffnen. In der leichteren, schlankeren Pfeilerbildung,
in die Weite und Höhe der Arkaden, geht die Basler
Kirche über die schwere Massigkeit der Züricher Bettel-
ordenskirdien hinaus. Auch ist in Basel das Mittelschiff
gegenüber den Seitenschiffen schmaler geworden, zwar
herrscht es noch unbedingt, doch drängt es die Seiten-
schiffe nicht mehr so völlig zurück. Am deutlidisten
wird der Unterschied zu den älteren Kirchen in einem
neuen Motiv: den Okuli des Obergadens. Diese haben
etwas Loses und Unstruktives. Wenn sie auch über den
Arkadenscheiteln sitzen, so nehmen sie doch nicht wie
spitzbogige Obergadenfenster die Richtung der Pfeiler
und Arkadenbögen auf. Ihre geschlossene Rundform
bleibt beziehungslos. Die Wand bekommt dadurch
etwas Neutrales, es sind keine Kräfte in ihr lebendig,
nur in dem rechtwinklig eingeschnittenen Arkaden-
profil ist nodi etwas von dem alten Charakter von
Massigkeit und Präzision zu spüren. Die Pfeiler sind
schon zu schlank, die Arkadenbogen zu spitz, als daß
die Wand als lastende Masse für den Raum bestim-
mend sein könnte. Hier sind bereits die ersten Kenn-
zeichen eines neuen Wandcharakters sichtbar, der erst
in späteren Bauten klar hervortreten wird.
Trotz der neuen Richtung, die in der Basler Kirche
eingeschlagen wird, bleibt für sie doch der Zusammen-
hang mit den älteren Pfeilerbasiliken entscheidend.
Einflüsse von auswärts brauchen nicht angenommen zu
werden. Das einzig wirklich neue Motiv, die Okuli des
Obergadens, sind nicht aus Italien abzuleiten, wo
Rundfenster wohl an Fassaden, Querschiffen, Chor-
bögen usw. häufig sind, nicht aber als Obergaden-
fenster - als solche treten sie in der italienischen Bettel-
ordensarchitektur erst um 1280 auf34. Dagegen kom-
men sie als Obergadenfenster in Deutsdiland vereinzelt
schon in sehr früher Zeit vor: Schienen am Bodensee
(wobei Hecht an die »fenestellae rotundae« erinnert,
die Abt Liuthardt Mitte des 10. Jahrhunderts in einem
Bau der Reidienau ausbrechen ließ); der erste Bau von
Petershausen (987-992) Oberlenningen, Donaukreis
Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts35; Feldbach
im Elsaß, Cluniazenserinnenkirche, gegründet 1144;
Reidienau, Mittelzell 12. und 13. Jahrhundert (hier
ellipsenförmig); Bebenhausen, Zisterzienserkirche 1190
bis 1228 (hier sind die Okuli von einer spitzbogigen
Blende eingefaßt)36. Die Aufnahme dieser Fensterform
in die Bettelordensarchitektur ist in der Basler Domini-
kanerkirdie durchaus als selbständigeLeistungmöglich.
Es ist hier allerdings ein Bau zu nennen, der mit der
Basler Dominikanerkirdie außerordentliche Ähnlich-
keit besitzt: die Dominikanerkirche von Friesadi in
Kärnten, die wahrsdieinlich schon in den dreißiger und
vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts entstand37. Diese
ist als flachgedeckte Basilika (die Wölbung stammt von
1690) in der österreichischen Bettelordensarchitektur,-
die von Saal und Halle beherrscht wird, völlig isoliert,
während sie ihrer Anlage nach mit den frühen südwest-
deutschen Pfeilerbasiliken der Bettelorden übereingeht.
In Friesach begegnen nun bereits Okuli als Obergaden-
fenster, die sich nach Donin aus der romanischen Pfarr-
kirche St. Bartholomä in Friesach herleiten. Da ferner
das Langhaus weiter spitzbogige Arkaden auf recht-
eckigen Pfeilern und eine glatte ungegliederte Ober-
gadenwand besitzt, ist die Verwandtschaft mit dem
Basler Langhaus eine sehr auffällige38. So muß als-frei-
lich entfernte - Möglichkeit berücksichtigt werden,
daß die Friesacher Dominikanerkirche für die Okuli
in der Basler Kirche des gleichen Ordens die Anregung
gegeben haben könnte, zumal auch später noch Bezie-
hungen zwischen Friesach und dem Oberrheingebiet
deutlich sind: Der ab 1265 erbaute Chor in Friesach,
durch den der Bau gerade im äußeren (Donin Abb. 144)
eine unmittelbare Ähnlichkeit mit dem später ent-
wickelten oberrheinischen Typus gewinnt (vgl. Rufach
und die folgenden Bauten, Kap. II), zeigt sowohl in
der frühen Anlage als gewölbter Langchor wie audi in
Einzelformen direkte Zusammenhänge mit der ober-
rheinischen Bettelordensarchitektur39.
Mit der Erweiterung durch einen gotischen Ostab-
schluß und der Wölbung des Chores 1261-1269 lenkt
dieBaslerDominikanerkirdie in eineEntwicklung ein,
die aus der frühen Gruppe hinausführt. Ihre Anfänge
liegen bereits in anderen, um die Jahrhundertmitte
entstandenen Bettelordenskirchen, die in den folgenden
Kapiteln behandelt werden; auf diese muß für die
Frage nach Entstehung und Bedeutung des gewölbten
Chores verwiesen werden.
Daß der gotische Chorabschluß der Basler Kirdie
nicht nach dem Erdbeben 1336 entstand (Oberst), auch
nicht 1340-1355 (Boner)40, sondern aus der überlie-
ferten Chorbauzeit 1261-1269 stammt, läßt sich aus
den Formen nachweisen. Schon der Schluß über fünf
Zehneckseiten wäre im 14. Jahrhundert, wo der 5/s-
Schluß sidi überall, audi außerhalb der Bettelordens-
architektur, durchgesetzt hatte, sehr ungewöhnlich. Da-
gegen wurde der Schluß über Zehn- oder Zwölfeck-
seiten gerade bei den Dominikanern im 13. Jahrhun-
dert häufig angewendet, so in dem bedeutenden Bau
der Straßburger Dominikanerkirche, wo gleichfalls nur 48
ein Chorjoch vor dem Polygonalschluß (7/12) bestand;
ferner in den Dominikanerchören von Pforzheim um
1260-1270 (2+V12), Speyer ab 1266 (3+V12) und Frei-
burg i. Br. um 1281 (3+7/io)41. - Ebenso spricht der
Außenbau in Basel (Oberst Taf. X. Abb. 15) deutlich
für eine Entstehungszeit im 13. Jahrhundert. Die
schmalen, spitzen, zweiteiligen Fenster nehmen nur
einen Teil der Wandbreite ein; das einfadie Maßwerk,
bestehend aus zwei Dreipaßbögen, die einen rundbo-
gigen liegenden Vierpaß tragen, begegnet bereits kurz
nach der Jahrhundertmitte im Ostflügel des Domini-
kanerkreuzganges von Freiburg i. Br.42. Die Form der
Strebepfeiler mitdem Satteldachabschluß und dem lise-
nenartigen Glied darüber sowie die dreipaßförmigen
Entlüftungslöcher für den Dachstuhl kehren ähnlich
am Chor der Berner Dominikanerkirche (ab 1269) jo
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