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kleinen Fase bestehend. Die Bogen der Arkaden sind
so weit gespannt, daß fast gedrückte Spitzbogen ent-
stehen. Das Arkadenprofil mit den tiefen seitlichen
13 Hohlkehlen geht mit der Schaffhausener Franziskaner-
kirche überein. Daß weder dieses Profil noch der
Kämpferwegfall.beides der Verschmelzung vonPfeiler
und Arkade dienend, hier selbständig vor der Schaff-
hausener Kirche aufgetreten sein kann, wird durch
den unlebendigen, starren und traditionellen Charakter
der Kirche, der nicht nur auf Kosten der Restauration
zu setzen ist, sowie durch die angedeutete Rückständig-
keit der Augustiner wahrscheinlich gemacht. — Abwei-
diend von Schaffhausen ist nur die Form der Mittel-
schiffenster, die hier als kurze Spitzbogenöffnungen

gebildet sind. Auch ist hier das östlithe Langhausjoch,
wie in der Dominikaner- und Franziskanerkirche der
gleichen Stadt, bedeutend weiter als die übrigen, so
daß die Arkade fast rundbogig erscheint; hier zog sich
ehemals der Lettner hindurch; auf ihm ist der soge-
nannteLeutealtar bezeugt52, wo für das Volk dieMesse
gelesen wurde.

Die übrigen Achteckpfeilerbasiliken (auch die
Königsfeldener Franziskanerkirche, für die P. Ganz
die gleiche Bauleitung wie in der Züricher Augustiner-
kirche annimmt), stehen stilistisdi auf einer anderen
Stufe, die die weitere Entwicklung der Rundpfeiler-
basilika zur Voraussetzung hat, und sind daher erst
an späterer Stelle zu behandeln.

III. Die Ausbreitung des Rundpfeilertypus bis 1300
und die Entwicklung der Langdiors

Der Typus der Rundpfeilerbasilika war mit der
Rufacher Franziskanerkirche geschaffen. Ihm folgen in
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine große
Anzahl von Bauten, als erster wohl die Franzis-
kanerkirche in Freiburg i. Ü.1, von der aller-
dings nur der Chor erhalten ist.

Die Niederlassung fand 1236 statt außerhalb der
Stadtmauer. Der Bau muß bald in Angriff genommen
worden sein, da 1275 die Gräfin Elisabeth von Kyburg
in der Kirche bestattet wurde, und bei dem 1281 in
Freiburg abgehaltenen Provinzialkapitel der Bau im
wesentlichen vollendet gewesen sein wird.

Das alte Langhaus, das bis 1745 bestand und dann
durch einen Barockbau ersetzt wurde2, ist in seinem
Äußeren bekannt durch die Stadtansichten von G. Sik-
kinger 1582 und Martini 16063. Sie geben eine langge-
streckte Basilika mit durchlaufendem Dach, Okuli im
Obergaden, spitzbogigen Fenstern in den Seitensdiiffen
und einem Dachreiter - also völlig den entwickelten
Typus der oberrheinisdien Basilika. Da wir außerdem
wissen, daß das alte Langhaus durdi adit Rundpfeiler
unterteilt war (Reiners), läßt sidi mit Sicherheit an-
nehmen, daß diese Franziskanerkirdie der Rufacher
sehr ähnlich gewesen sein muß, zumal die etwas spätere
Augustinerkirche in Freiburg i. Ü. ebenfalls diesem
Typus folgt.

Freiburg i.Ü. geht in einem wichtigen Punkt, in der
Wölbung des Chores, über Rufach hinaus. Der Chor
besitzt drei Joche und einen unregelmäßigen5/s-Schluß;
sein Gewölbe hat sdiwere, einfach abgefaste Rippen,
Sdilußsteine mit den Evangelistensymbolen und
plastisdien Köpfen in der Ost-West-Richtung; es ist
von oben in den Raum »hineingehängt« und wird ohne
jede organische Verbindung mit den Wänden schon
hodi oben von kurzen Pyramidenkonsolen abgefangen
(Oberst Abb. 47 und 49). Außen stützen es kräftige,
19 gedrungene, nur einmal gestufteStrebepfeiler mitPult-
dädiern ab. Zwisdien ihnen sitzen die einteiligen
Fenster merkwürdig spannungslos; sie werden von

den niedrigen Strebepfeilern nicht eigentlich eingefaßt,
sondern reichen mit ihrer Spitze ein wenig über diese
hinaus. Das Gesims, auf dem sie sitzen, kröpfl um die
Strebepfeiler nidit herum. Im Innern wird durch die
tiefe Schräge der Fensterbank eine schmalere und ge-
strecktere Form der Fenster gewonnen. Das Mittel-
fenster des Chorhauptes ist als einziges dreiteilig: hier
tragen drei nasenlose Spitzbogen drei Kreise ohne
Pässe. — Der kleine runde Treppenturm befindet sich
hier seltsamerweise nicht im Winkel zwisdien Chor und
Langhaus, sondern am Ostende des ersten westlichen
Chorjochs (Oberst Abb. 23). Heute ist er von der
»Neuen Sakristei« eingeschlossen. — Wie die Außen-
gliederung und die Fensterform des Chores, so weisen
auch die kleinen Türöffnungen im Innern mit ihrem
spätromanischen rundbogigen Zackenmotiv und die
sehr altertümlichen Gewölbeformen der alten Sakristei
auf der Südseite5 darauf hin, daß der Bau des Chores
rasch vor sich gegangen sein muß und am Anfang der
sediziger Jahre wohl schon vollendet war.

Schon der Würzburger Chor besaß Gewölbe, jedoch 16
war dort die altertümliche rediteckige Chorform bei-
behalten. Indem Freiburg an dieForm des langen poly-
gonalen Chores von Rufach ansdiließt und in ihm die
Wölbung durchführt, tritt hier zum ersten Male die
Grundform des Bettelorden-Langdiores auf, der nun
zum eigentlichen, ausschließlidi herrschendenChortypus
derBettelorden wird und bis zu den großartigen Hoch-
chören der Dominikaner in Zürich und Straßburg, der
Franziskaner in Basel und Kolmar im Anfang des
14. Jahrhunderts, eine ständige Bereicherung und Er- 49, f°.
weiterung erfährt. Freilich ist mit dem — in den For-
men recht derben — Freiburger Chor nur der erste,
jedoch grundsätzliche Schritt in dieser Entwicklung
getan: Die Streckung in die Tiefe und der Gegensatz
des gewölbten Raumes zu dem flachgedeckten Lang-
haus sind die ersten und entscheidendsten Kennzeichen
des Bettelorden-Langdiores. Hierin beruht das Eigene
und Neue dieser Chorlösung, während in der Bedeu-

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