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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 9.1932

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Nr. 4 (April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43625#0281
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Lyonei Feininger 1
Auf einem kleinen Bild Feiningers steht eine Anzahl Glasscherben vorein-
ander, Hinter ihnen eine weiße Wand, Wo sich die meisten Ausschnitte
decken, am meisten Glas voreinander steht, wird es am dunkelsten. Die ent-
stehenden Helligkeiten geben klar umgrenzten Schein, Die Transparenz des
Glases wird deutlich und strahlend, — Transparenz ist die Eigenschaft der
Materie, Licht durchzulassen, vielmehr selbst leuchtend zu werden, wenn
Licht dahintersteht. Es tritt gewissermaßen in die Materie selbst, Transparenz,
Leuchten von innen ist ein Problem Rembrandts. Transparenz ist das Problem
Feiningers, Wenigstens zur Zeit seiner klassischen Periode.


Feininger

Holzschnitt

Der Kubismus Picassos um 1909 ist raumschaffend, architektonisch. In der
Gegenüberstellung zu Feininger wird die absolut klassische Linie dieses roma-
nischen Meisters klar. Sie zieht sich eindeutig bis zu seinen neuesten Schöp-
fungen. Zu Feininger, der nur sozusagen einer Kaprice halber in New York
sein Licht der Welt erblickte, sonst aber in einem urdeutschen und fast engen
Landesumkreis verwurzelt ist, treten in mancher Hinsicht Marc mit der
Leuchtkraft der Transparenz, Seehaus, der Feininger sehr verehrte, etwa mit
dem „Magdeburger Dom" in der Nationalgalerie, Es treten zu ihm Heckel mit
einem fließenden, sinnendurchströmenden Licht; man sah es zuletzt in Chemnitz
in ganzer Breite, Dazu kommt gelegentlich auch Rohlfs,
Wie Rhythmen, aber auch wie Reflexe wechselt bei Feininger das Expressio-
nistische und das Kubistische. Welten trennen gleichwohl den Expressionismus
von dem Stoff des Kubismus, jenem entmaterialisierten Stoff, aus dem die
kubischen Körper gemacht sind. Die Welt in den Grundformen Kubus, Kegel,
Zylinder — diese Welt gesehen in der Transzendenz künstlerischer Mathe-
matik — das ist Kubismus. Bei Feininger ist diese Welt transparent und licht-
durchflutet, Auch das Licht ist Rhythmus im Stoff, Welle, Bewegung, Gesetz.
Kein Wunder, daß der Kubismus als Schwester neben der beginnenden

) Anläßlich des 60, Geburtstages bringt der Kunstverein in Hamburg ab
24. April eine größere Ausstellung von 55 Gemälden und etwa ebenso viel
Aquarellen des Künstlers,

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