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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 9.1932

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Nr. 11 (November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43625#0667
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DER KREIS
Zeitschrift für künstlerische Kultur
IX, Jahrgang
Elftes Heft November 1932

John dos Passos
Gelegentlich seines neuen Buches
„Auf den Trümmern“
Von Joachim Maaß.
Das „Fortschrittliche“
Seit „Manhattan Transfer“ ist John dos Passos ein großer Name
in Deutschland; er gilt als einer der Führer des fortschrittlichen
amerikanischen Schrifttums. Auch in seinem neuen Roman „Auf
den Trümmern“ (vorzüglich übersetzt von Paul Baudisch, im
S, Fischer Verlag, Berlin) tritt uns dies Fortschrittliche schon
formal mit einer fast demonstrativen Eindringlichkeit entgegen.
Aber nicht so sehr, was fortschrittlich und fast exzentrisch auf den
ersten Blick scheinen will — die in Wahrheit nicht zu bewältigende
Stoffmasse, die mit dem Untertitel „Roman zweier Kontinente“
thematisch angeschlagen ist, die dispositionelle Zerreißung der
einzelnen Handlungsstränge, die halb hintergründige, halb ironisch-
journalistische Tiefenspiegelung der Zeitbühne, auf der die Fabel
abrollt oder vielmehr auf der die Fabeln abrollen — nicht all dies
Originelle, ungehemmt Assoziierende und Experimentelle ist so
sehr das wahrhaft Fortschrittliche in diesem schönen und be-
deutenden Buche; sondern unter dem Ganzen atmet leise ein Hauch
menschlicher Zukunft, ein gewisses intellektuell noch nicht Aus-
gesprochenes und noch nicht einmal ganz Aussprechbares, eine
frühe Ahnung vom Ausweg aus unserer schrecklichen Verworren-
heit, eine Ahnung, die noch ganz Wesenskeim und aller Problematik
und Programmatik noch völlig ferne ist: eine embryonale Gewiß-
heit, daß es einmal wieder gehen wird. Unter den Trümmern ihrer
alten Formen und Gepflogenheiten keimt die Zukunft der Menschen
—• das lebendigste, wahrste, widerstehendste Leben der Gegenwart,
das ist die Zukunft, und davon regt es sich in dos Passos' Buche,
D i e F o r m
Die Form in dos Passos' Buche ist auf den ersten Blick sehr un-
gewöhnlich und fast revolutionär; gründlich betrachtet, ist sie eher
naiv als kompliziert; in ihr zerfällt, was nach klassischer Auf-
fassung zur Einheit zu zerschmelzen hat.

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