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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 9.1932

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Nr. 10 (Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43625#0597
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»ER KREIS
Zeitschrift für künstlerische Kultur
IX, Jahrgang

Zehntes Heft

Oktober 1932

Josef Magnus Wehner
Von Werner Deubel
T^s gilt nicht, das Werk eines Vollendeten anzuzeigen, und erst recht
■'—'nicht, eine literarische Sensation zu signalisieren, wenn man von
Josef Magnus Wehner spricht. Dennoch ist es Zeit, von ihm zu
sprechen. Wir stehen im — vielleicht letzten — Entscheidungs-
ringen um die deutsche Erneuerung und Wesensgeburt, Also ist es
Zeit, unter den deutschen Köpfen und Kündern Auslese zu halten,
den Augiasstall unserer sog, Geistigkeit von den Universitäts-
gelehrten bis zu den Zeitungsschreibern, von den Dichtern und Red-
nern bis zu den Literaten und Preisträgern auszumisten — endlich
die Böcke von den Schafen, die Schiefäugigen von den Klaräugigen,
die Giftigen von den Gesunden, die Berühmten von den Substanzen
zu scheiden! Es gilt den wissenschaftlichen und literarischen
Stimmenwirrwarr zu klären. Der Maßstab muß der strengste sein.
Noch sauberste Wissenschaftlichkeit, meisterlichstes Künstlertum,
geistreichste Könnerschaft, gutwilligste Biederkeit und deutschester
Eifer im bloß Gesinnungsmäßigen müssen verworfen werden bei
magerer Substanz, Sie mochten schätzbare Leuchten sein, als der
alte Kontinent noch stand, der jetzt endgültig hinabsinkt. Es gilt die
Elite herauszusondern, Führer nach neuen Küsten, Seher der
Seele, Eingeweihte in das innerste Geheimnis unseres, des germani-
schen Wesens,-
Wehner ist in einem Dorfe der Rhön geboren, Im uralten Fulda
verbrachte er seine Gymnasialjahre, Damit sind die beiden mäch-
tigsten Komponenten seines frühen Dichtertums gegeben; das Bäue-
rische und das Katholische, Diese Mischung ist eine der gesündesten.
Wir kennen sie etwa von Richard Billinger, Max Mell und Wehners
fränkischem Landsmann Leo Weismantel, Aber für diese drei wird
jene Mischung Bereich, Grenze, dumpfe oder bunte, inbrünstige oder
schon literarisch gefährdete Prägung; für Wehner bleibt sie nur
Quelle, Jugend, Anlauf, Hierher gehören sein Bauerndrama „Das
Gewitter“, sein Hexameterhymnus auf das Jugenddorf „Der Weiler
Gottes“ und vor allem sein erster Roman „Der blaue Berg“,
In diesem Erstlingsroman aber zündet bereits der eigentlich Weh-
nerische Funke, Hier spürt man den Aufbruch, Man sieht den
Taumelnden die Schwingen entfalten zu größerem Fluge, ohne zu

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