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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 9.1932

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Nr. 7/8 (Juli-August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43625#0438
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Die Welt aber, die Gott neben sich gestellt hat, sie soll durch den
Menschen wieder Gottes werden, in einem endlosen, großartigen
und harten Kampf des Helden,
Das Große des Heldenkampfes aber wird zum Zerrbild in der
Masse, Da wird der Kampf des Gewissens zur Rechthaberei, zum
Zank, zum Lärm, Der Tiertrieb des Rudels entstellt den Kampf des
einsamen Helden zum hündischen Massenlärm der Partei, Da Gott
immer so groß und so klein ist wie der Mensch ihn umfaßt, so wird
er für die Kleinheit zu einem Knochen, um den sich Hunde balgen,
die große Zwietracht wird zum widerlichen, lärmenden Partei-
gekeife,
Die Zwietracht der Schöpfung ist in den Helden: Gibt es ein
größeres Heldentum als den Kampf von Licht und Finsternis? Ein
Mensch hat ihn gestaltet, das Heldentum der Welt ist offenbart in
dem Ringen eines Menschen, die Mächte sind ihrer selbst bewußt
geworden: Rembrandts Bilder, Das ist ein einziges Epos auf das
Licht als den Helden, Und von hier begreifen wir den Mythos: daß
in allen Sagen die Sonne zum Helden wird und der Held zur sonne-
strahlenden, hellen Kraft, Rustam, Siegfried, Baldur, Achill sind
diese hellen und freudigen Kämpfer, Die Geschichte aber entwickelt
sich auf dieses Urbild zu: Wir denken an die beiden gewaltigen
Kämpfer, die an der Pforte der neuen Zeit stehen, damals, als eine
ungeheuerliche Wirrnis das Gebaute der Vergangenheit stürzte und
alles um und um wälzte: an die helle Gestalt Gustav Adolfs, des
Löwen von Mitternacht, und die dunkle, magisch umwitterte Wal-
lensteins, Ihr Helden- und Kämpfertum aber kam aus dem Glauben,
aus der gottes- und menschengläubigen Gewißheit des königlichen
Schweden an sich, an das Evangelium und die Tat; an die dunkle,
menschenenthobene Macht der Gestirne in dem Friedländer, der
auf der Erde das Reich bauen will, das den Ordnungen der Sterne
entspricht.
Hier haben wir noch einmal in großem Ausmaß, in dramatischer
Spannung den Kampf der Mächte in den Menschen und ihre sinn-
fällige Verbindung mit dem Kosmos, Als die Großen dahin sind,
verliert der Kampf sein Antlitz und seinen Sinn: er wird zum Mord,
zur Selbstsucht, zur Sinnlosigkeit,
Wo aber finden wir ihn wieder? Die Töne Beethovens erfassen
uns: Die neunte Symphonie, Gibt sie nicht den Kampf des Hel-
den aus der Finsternis zum Licht? Ist es nicht wie ein Zerbrechen
von Felsen, ein todestrotziger Sturm, in dem Kriegerscharen in ent-
schlossener Front, mit festen Karrees ansetzen zur Eroberung des
Himmels, bis sie sich ihn im Lied der Freude erzwingen? Und das
„Lied an die Freude“ ist der Glaube, der den Kampf mit der Fin-
sternis und der Masse zum Sinn erhebt, zur freudigen Tat,
Heldentum atmen alle Töne Beethovens, und die Gestirne des Him-
mels werden, wie im Mythos, zum Wesen Held: „Wer führt die

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