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Grimm, Herman [Bearb.]
Über Künstler und Kunstwerke — 1.1865

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No. II (Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.47238#0033
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ÜBER KÜNSTLER UND KUNSTWERKE
VON
HERMAN GRIMM.

No. II. Februar. 1865.

Es kann von den praktischen Vorschlägen, die literarische Be-
handlung der modernen Kunstgeschichte zu einer Wissenschaft zu
erheben, nicht gesprochen werden, bevor nicht festgestellt worden
ist, welches das Ziel dieser Wissenschaft sei, welchen Nutzen
die Arbeit auf diesem Felde habe. Denn soviel Einzelne darüber
gesprochen haben bisher, und die richtige Ansicht in der Natur der
Sache selbst liegt, dafs fast unmöglich erscheinen möchte es könn-
ten Zweifel herrschen, so wenig ist sie dennoch als allgemein be-
kannt vorauszusetzen. Der Werth der modernen Kunstgeschichte
pflegt als eine ungewisse Gröfse kaum in Anschlag gebracht zu wer-
den. Dafs darauf gerichtete Studien bildend und veredelnd einwir-
ken, bestreitet Niemand, dafs sie bis zu einem gewissen Punkte syste-
matisch betrieben werden können, giebt man wohl zu, dafs sie
aber ebenbürtig seien mit andern Disciplinen welche heute als die
Aristokratie der exakten Wissenschaften obenan stelin, dürfte Nie-
mand zu behaupten wagen.
Zwar es greift ein hergebrachten Privilegien auch in dieser Ge-
stalt wenig günstiges Gefühl immer mehr um sich. Man hat Ehrfurcht,
aber man macht einen Umweg. Die Keime zu einer Menge neuer
Wissenschaften schweben in der Luft und suchen nach einer Stelle
um Wurzel zu schlagen. Der Reiz des Unbekannten ist zu grofs,
als dal's Jeder der sich zu Forschungen berufen fühlt, erst an be-
glaubigter Stelle als qualilicirt sich auszuweisen und einen visirten
Pafs zu erbitten Lust trüge, mit der Resignation, im Falle der Ver-
weigerung die Reise aufzugeben. In Zukunft wird dieser Zwang
fortfallen, bis heute jedoch hat er seine Wirkung nicht verfehlt. Er
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