DOI Heft:
No. XI/XII (November/December)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.47238#0229
ÜBER KÜNSTLER UND KUNSTWERKE
VON
HERMAN GRIMM.
No. XI. XII. November. December. 1865.
Das Bedeutendste das in den letzten Jahren über Raphael ver-
öffentlicht worden ist, sind die Notizie inedite des Grafen Giuseppe
Campori. Die Berichte des ferraresischen Gesandten die wir hier
zum erstenmale lesen, geben nicht nur einen Zuwachs an äufseren
Thatsaclien nämlich, sondern zeigen Raphaels Charakter in neuem
Lichte. Bekannt war längst, wie gewandt er sich in Rom zu be-
wegen wüste: hier empfangen wir eine prägnante Illustration dazu.
Der Herzog von Ferrara hat eine Bestellung gemaeht, Raphael
sie übernommen. Aber sie kommt nicht zur Ausführung. Der Ge-
sandte empfängt den Auftrag, zu mahnen. Seine Berichte zeigen
wie dies geschieht und in welcher Weise Raphael, bei immer neuen
Zusicherungen, die Sache hinausschiebt. Man begreift die sich end-
lich bis zum äufsersten steigernde Unzufriedenheit des Herzogs, die
wachsende Verlegenheit des Gesandten. Aber man fühlt zugleich
die Unmöglichkeit für Raphael, mehr zu thun als er that, d. h.
Versprechungen zu geben. Man bewundert schliefslich, mit welch
graziöser Klugheit er auszuweichen und am Ende dennoch wieder
zu beschwichtigen versteht. Raphael war ein vollendeter Diplomat.
All die Unbefangenheit, der Aplomb und die Liebenswürdigkeit der
man nur verzeihen kann, standen ihm dafür zu Gebote.
Einer von diesen, eine solche Escapade mittheilender Bericht des
Gesandten liefert mir Gelegenheit einige neue Dokumente meiner-
seits zu veröffentlichen, deren Anslichttreten, wie das so mancher
andern werthvollen Beiträge zur Geschichte jener Zeit, wir dem
unermüdlichen Eifer des Major Kühlen zu Rom verdanken, eines
Mannes der nun schon seit vierzig Jahren die Stadt mit dem glücklich-
sten Erfolge durchspürt ohne dafs es bisjetzt gelungen wäre seinen
Sammlungen den Platz zu erwerben an dem sie eine Zierde jedes
öffentlichen Institutes sein würden.
Ueber Künstler und Kunstwerke.
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VON
HERMAN GRIMM.
No. XI. XII. November. December. 1865.
Das Bedeutendste das in den letzten Jahren über Raphael ver-
öffentlicht worden ist, sind die Notizie inedite des Grafen Giuseppe
Campori. Die Berichte des ferraresischen Gesandten die wir hier
zum erstenmale lesen, geben nicht nur einen Zuwachs an äufseren
Thatsaclien nämlich, sondern zeigen Raphaels Charakter in neuem
Lichte. Bekannt war längst, wie gewandt er sich in Rom zu be-
wegen wüste: hier empfangen wir eine prägnante Illustration dazu.
Der Herzog von Ferrara hat eine Bestellung gemaeht, Raphael
sie übernommen. Aber sie kommt nicht zur Ausführung. Der Ge-
sandte empfängt den Auftrag, zu mahnen. Seine Berichte zeigen
wie dies geschieht und in welcher Weise Raphael, bei immer neuen
Zusicherungen, die Sache hinausschiebt. Man begreift die sich end-
lich bis zum äufsersten steigernde Unzufriedenheit des Herzogs, die
wachsende Verlegenheit des Gesandten. Aber man fühlt zugleich
die Unmöglichkeit für Raphael, mehr zu thun als er that, d. h.
Versprechungen zu geben. Man bewundert schliefslich, mit welch
graziöser Klugheit er auszuweichen und am Ende dennoch wieder
zu beschwichtigen versteht. Raphael war ein vollendeter Diplomat.
All die Unbefangenheit, der Aplomb und die Liebenswürdigkeit der
man nur verzeihen kann, standen ihm dafür zu Gebote.
Einer von diesen, eine solche Escapade mittheilender Bericht des
Gesandten liefert mir Gelegenheit einige neue Dokumente meiner-
seits zu veröffentlichen, deren Anslichttreten, wie das so mancher
andern werthvollen Beiträge zur Geschichte jener Zeit, wir dem
unermüdlichen Eifer des Major Kühlen zu Rom verdanken, eines
Mannes der nun schon seit vierzig Jahren die Stadt mit dem glücklich-
sten Erfolge durchspürt ohne dafs es bisjetzt gelungen wäre seinen
Sammlungen den Platz zu erwerben an dem sie eine Zierde jedes
öffentlichen Institutes sein würden.
Ueber Künstler und Kunstwerke.
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