Drifcte Periode.
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terndes, Flatterndes. Olme sonderliche Genauigkeit der Behandlung gehen
sie allmählig in eine erhebliche Rohheit über. 1
Die Schule der fränkischen Miniaturmaler, welche zunächst für
den Hof Karls d. Gr. tliätig war, 2 zeigt ein beachtenswertlies Aufraffen
im Sinne der antiken Kunst, mit einer gewissen Grösse, einer gewissen
jugendlichen Ivräftigkeit, einer gewissen Freiheit in der Bewegung ver-
bunden. Byzantinisirendes klingt nur in wenig Aeusserlichem hinein,
Irisches in der phantastischen Ornamentik (im Kalligraphischen), der sich
zugleicli aber mannigfaltige Muster nach antiker Art zugesellen. Die
Arbeiten sind zumeist gross und prächtig durchgeführt; auch sie aber
gewinnen keinen tieferen Lebensgehalt, und das in ihnen Gewonnene geht
bald in ein mehr und mehr verwildert rohes "Wesen iiber. Der Re-
gierungszeit Karls gehören mehrere Prachthandschriften in den k. Biblio-
theken zu Paris, in der städtischen Bibliothek zu Trier, im britischen
Museum zu London an. Eine Yulgata zu
Paris rührt theilweise, wie es scheint, aus
der ZeitLudwigs desFrommen (theilweise aus
der Zeit Karls des Kahlen) her; ein Evange-
liarium, ebendaselbst ist fiir Kaiser Lothar ge-
schrieben. Mehrere prächtige Werke, eben-
falls in Paris, sind für Karl den Kahlen
(zweite Hälfte des neunten Jahrhunderts) ge-
fertigt; sie bezeugen schon das erhebliche
Sinken des kiinstlerischen Sinnes. Noch grös-
serer Yerfall zeigt sich in den Arbeiten aus
der Epoche Karls des Dicken (Spätzeit des
neunten Jahrhunderts), deren vorziiglichst be-
deutende eine Handschrift der Yulgata in S.
Calisto zu Rom ist. 3 Anderweit lassen die
fränkischen Miniaturen des achten und neun-
ten Jahrhunderts theils (in ähnlichem Sinne,
wie bei den angelsächsischen Arbeiten,) eine
stärkere Yermischung mit irischen Manieren,
theils eine rohere Aufnahme antikisirender
Bildungsweise (wie in den Federzeichnungen
der "VYessobrunner Handschrift zu München vom J. 814, welche das
berühmte AYessobrunner Gebet enthält), theils eine Barbarisirung ganz
auf eigne Hand erkennen.
Kaiser Lotliar. Fräukisches
Miniattirbild.
In der byzantinischen Kunst ist, wenigstens seit Beilegung des
Bilderstreites, "eine nicht erfolglose Wiederaufnahme der musivischen
1 Dibdin, bibliographical Decameron, I, p. LIY, ff. — 2 Waagen, Kunstw.
u. Künstler in Paris, S. 232, ff., 244, ff.; Treasures of art in Great-Britain,
p. 104. Dibdin, bibliographieal etc. tour in France and Germany, II, p. 156, ff.
Kugler, kleine Schriften, H, S. 337. — 3 Waagen, d. Kunstblatt, 1850, S. 92.
(D’Agincourt, Malerei, t. XL, ff.)
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terndes, Flatterndes. Olme sonderliche Genauigkeit der Behandlung gehen
sie allmählig in eine erhebliche Rohheit über. 1
Die Schule der fränkischen Miniaturmaler, welche zunächst für
den Hof Karls d. Gr. tliätig war, 2 zeigt ein beachtenswertlies Aufraffen
im Sinne der antiken Kunst, mit einer gewissen Grösse, einer gewissen
jugendlichen Ivräftigkeit, einer gewissen Freiheit in der Bewegung ver-
bunden. Byzantinisirendes klingt nur in wenig Aeusserlichem hinein,
Irisches in der phantastischen Ornamentik (im Kalligraphischen), der sich
zugleicli aber mannigfaltige Muster nach antiker Art zugesellen. Die
Arbeiten sind zumeist gross und prächtig durchgeführt; auch sie aber
gewinnen keinen tieferen Lebensgehalt, und das in ihnen Gewonnene geht
bald in ein mehr und mehr verwildert rohes "Wesen iiber. Der Re-
gierungszeit Karls gehören mehrere Prachthandschriften in den k. Biblio-
theken zu Paris, in der städtischen Bibliothek zu Trier, im britischen
Museum zu London an. Eine Yulgata zu
Paris rührt theilweise, wie es scheint, aus
der ZeitLudwigs desFrommen (theilweise aus
der Zeit Karls des Kahlen) her; ein Evange-
liarium, ebendaselbst ist fiir Kaiser Lothar ge-
schrieben. Mehrere prächtige Werke, eben-
falls in Paris, sind für Karl den Kahlen
(zweite Hälfte des neunten Jahrhunderts) ge-
fertigt; sie bezeugen schon das erhebliche
Sinken des kiinstlerischen Sinnes. Noch grös-
serer Yerfall zeigt sich in den Arbeiten aus
der Epoche Karls des Dicken (Spätzeit des
neunten Jahrhunderts), deren vorziiglichst be-
deutende eine Handschrift der Yulgata in S.
Calisto zu Rom ist. 3 Anderweit lassen die
fränkischen Miniaturen des achten und neun-
ten Jahrhunderts theils (in ähnlichem Sinne,
wie bei den angelsächsischen Arbeiten,) eine
stärkere Yermischung mit irischen Manieren,
theils eine rohere Aufnahme antikisirender
Bildungsweise (wie in den Federzeichnungen
der "VYessobrunner Handschrift zu München vom J. 814, welche das
berühmte AYessobrunner Gebet enthält), theils eine Barbarisirung ganz
auf eigne Hand erkennen.
Kaiser Lotliar. Fräukisches
Miniattirbild.
In der byzantinischen Kunst ist, wenigstens seit Beilegung des
Bilderstreites, "eine nicht erfolglose Wiederaufnahme der musivischen
1 Dibdin, bibliographical Decameron, I, p. LIY, ff. — 2 Waagen, Kunstw.
u. Künstler in Paris, S. 232, ff., 244, ff.; Treasures of art in Great-Britain,
p. 104. Dibdin, bibliographieal etc. tour in France and Germany, II, p. 156, ff.
Kugler, kleine Schriften, H, S. 337. — 3 Waagen, d. Kunstblatt, 1850, S. 92.
(D’Agincourt, Malerei, t. XL, ff.)