Erste Periode der muhammedanisehen Kunst.
311
Nach der Mitte des achten Jahrhunderts wurde Bagdad die Resi-
denz des Khalifenreiches und empfing eine Fülle prachtvoller baulicher
Monmnente. Die grosse Moschee der Stadt galt ebenfalls als eins der
Meistergehäude der Zeit; erhalten scheint Nichts davon; ebenso wenig
von den glanzvollen Anlagen, welche damals in den weiter ostwärts der
Herrschaft des Islam unterworfenen Landen ausgeführt wurden. — Soviel
bis jetzt bekannt, gehört in diesen östlichen Landen nur ein kleines
Denkmal der in Rede stehenden Frühepoche an. Es ist eine bauliche
Nische, Takht-i-Gero genannt, ostwärts von Bagdad am Uebergange
über das Zagrosgebirge belegen. Sie ist im vollen Hufeisenbogen über-
wölbt und durcli die stark ausgesprochene Profilirung der architektoni-
schen Glieder, welche mit Entschiedenheit und selbst mit Glück die an-
tiken Motive wiederholen, sehr bemerkenswerth. So geringfügig an sich,
im Yerhältniss zu den untergegangenen Monumenten, das Denkmal ist,
so bestimmt giebt es sich als das Product einer vollen und bewussten
künstlerisehen Riehtung und verstattet einen begründeten Rückschluss
auf deren eigenthümliches "VYesen.
Die armenische imd südkaukasische Kunst.
Die Geschichte der Ivunst von Armenien 1 und der von ihr abhängi-
gen der südkaukasischen Lande bildet eine Episode zwischen der ersten
und der zweiten Periode der muhammedanischen Kunst. Die armenische
Ivunst ist eine christliche; aber sie steht ebenso in’Wechselbeziehung zu
der früheren muhammedanischen jener Gegend, wie es mit den politischen
Yerhältnissen Armeniens, das sicli beim Sinken des Khalifats vonBagdad
gegen Ende des neunten Jahrhunderts zur selbständigen Herrschaft auf-
raffte, der Fall ist. Ilire Denkmäler gehören vorzugsweise der Spätzeit
des zehnten und der Frühzeit des elften Jahrhunderts an. Mit dem bald
darauf erfolgten Fall des armenischen Reiches verliert sie, wie es scheint,
im eignen Lande ihre Bedeutung, findet aber in jenen Kaukasuslanden,
in welclie sie gleichzeitig eingedrungen war, noch auf Jahrhunderte hin
eine namhafte Nachfolge.
Das Eigenthümliche der armenischen Knnst betrifft ebenfalls die
Architektur. Ihre Grundlage ist byzantinisch, was durch frühes Ueber-
tragen dieses Elementes, von den Ostkiisten des schwarzen Meeres her,
wo dasselbe sclion zeitig Fuss gefasst hatte, veranlasst zu sein scheint.
Die innere Disposition des armenischen Kirchengebäudes befolgt das Ge-
setz der byzantinischen Gewölbkirche, mit der erliöhten Kuppel in der
Mitte; nur das durch die einseitigeren Bedingnisse der byzantinischen
Sitte Yeranlasste, — die Gallerieen für die Weiber, der Karthex für die
Ausgeschlossenen, — erscheint sehr selten nachgebildet. Das Aeussere
hat in seinen Hauptformen etwas eigen Festes und Geschlossenes. Der
1 Yergl. D. Grimm, monuments d’architecture byzantine en Georgie et en
Armenie. Livr. 1—5.
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Nach der Mitte des achten Jahrhunderts wurde Bagdad die Resi-
denz des Khalifenreiches und empfing eine Fülle prachtvoller baulicher
Monmnente. Die grosse Moschee der Stadt galt ebenfalls als eins der
Meistergehäude der Zeit; erhalten scheint Nichts davon; ebenso wenig
von den glanzvollen Anlagen, welche damals in den weiter ostwärts der
Herrschaft des Islam unterworfenen Landen ausgeführt wurden. — Soviel
bis jetzt bekannt, gehört in diesen östlichen Landen nur ein kleines
Denkmal der in Rede stehenden Frühepoche an. Es ist eine bauliche
Nische, Takht-i-Gero genannt, ostwärts von Bagdad am Uebergange
über das Zagrosgebirge belegen. Sie ist im vollen Hufeisenbogen über-
wölbt und durcli die stark ausgesprochene Profilirung der architektoni-
schen Glieder, welche mit Entschiedenheit und selbst mit Glück die an-
tiken Motive wiederholen, sehr bemerkenswerth. So geringfügig an sich,
im Yerhältniss zu den untergegangenen Monumenten, das Denkmal ist,
so bestimmt giebt es sich als das Product einer vollen und bewussten
künstlerisehen Riehtung und verstattet einen begründeten Rückschluss
auf deren eigenthümliches "VYesen.
Die armenische imd südkaukasische Kunst.
Die Geschichte der Ivunst von Armenien 1 und der von ihr abhängi-
gen der südkaukasischen Lande bildet eine Episode zwischen der ersten
und der zweiten Periode der muhammedanischen Kunst. Die armenische
Ivunst ist eine christliche; aber sie steht ebenso in’Wechselbeziehung zu
der früheren muhammedanischen jener Gegend, wie es mit den politischen
Yerhältnissen Armeniens, das sicli beim Sinken des Khalifats vonBagdad
gegen Ende des neunten Jahrhunderts zur selbständigen Herrschaft auf-
raffte, der Fall ist. Ilire Denkmäler gehören vorzugsweise der Spätzeit
des zehnten und der Frühzeit des elften Jahrhunderts an. Mit dem bald
darauf erfolgten Fall des armenischen Reiches verliert sie, wie es scheint,
im eignen Lande ihre Bedeutung, findet aber in jenen Kaukasuslanden,
in welclie sie gleichzeitig eingedrungen war, noch auf Jahrhunderte hin
eine namhafte Nachfolge.
Das Eigenthümliche der armenischen Knnst betrifft ebenfalls die
Architektur. Ihre Grundlage ist byzantinisch, was durch frühes Ueber-
tragen dieses Elementes, von den Ostkiisten des schwarzen Meeres her,
wo dasselbe sclion zeitig Fuss gefasst hatte, veranlasst zu sein scheint.
Die innere Disposition des armenischen Kirchengebäudes befolgt das Ge-
setz der byzantinischen Gewölbkirche, mit der erliöhten Kuppel in der
Mitte; nur das durch die einseitigeren Bedingnisse der byzantinischen
Sitte Yeranlasste, — die Gallerieen für die Weiber, der Karthex für die
Ausgeschlossenen, — erscheint sehr selten nachgebildet. Das Aeussere
hat in seinen Hauptformen etwas eigen Festes und Geschlossenes. Der
1 Yergl. D. Grimm, monuments d’architecture byzantine en Georgie et en
Armenie. Livr. 1—5.