Yierto Periode.
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einen dieser Bilder die Halbfiguren von Abel und Cain mit ihren Opfer-
gaben, Sinnbihler des menschlichen Yerhaltens zu Gott. In der Behand-
lung dieser Reliefs zeigt sich das rüstige Streben, den individuellen künst-
lerischen Gedanken zur Erscheinung zu bringen; überall ist ein kräftiger
Sinn, der das Darstel-
lungsmittel mit Entschie-
denheit ergreift, in Ein-
zelheiten (z. B. im Yer-
hältniss der einzelnen
Körpertheile) oft noch un-
gesehickt, aber eben so
sehr (besonders in der Ge-
wandung) auf die klare
Durchbildung der Motive
bedacht; zur Grösse und
Schönheit siegreich hin-
durchschreitend und hie-
rin, ebenfalls im Einzel-
nen, schon das Staunens-
würdige leistend. Jene
Halbfiguren des Abel und
Cain sind vorzüglich ge-
lungen, die erstere von
hohem klassischem Adel.
— Auf sie folgen die
Sculpturen der goldnen Pforte zu Freiberg, die ebenfalls ein zu-
sammenhängendes, gedankenvoll gebundenes Ganzes, aber von noch un-
gleich reicherer Entfaltung, ausmachen. Die Halbkreislünette des Portals
enthält die Anbetung der Ivönige in Hautrelief, in einer Fassung, welche
der dargestellten Scene wiederum einen tiefer sinnbildhchen Gehalt giebt.
Maria mit dem Kinde, in der Mitte thronend, erscheint als erhabene Per-
sonification der Kirche Christi; ihr entgegen knieen auf der einen Seite
die heiligen drei Könige mit ihren Gaben, während auf der andern Seite
ein Engel mit dem Stabe steht (statt des Sternes, welcher die Könige auf
ihrer Bahn geleitet) und Joseph neben diesem sitzt, oberwärts aberHalb-
figuren von Engeln der heiligen Gnadenmutter Symbole der höchsten
Macht darreichen. Die Composition dieses Werkes ist völlig durchdacht,
das Ganze im reinsten Gleichmaasse entwickelt, die Figuren in freier
Würde und in liebevoller Ausgestaltung aller Einzelmotive ausgeführt.
Unterwärts, zwischen den Säulen der Portalwandungen, schliessen sich
Statuen an, zumeist Personen aus den Büchern des alten Bundes darstel-
lend, welche als Yerkiindiger und Yorläufer des Messias zu fassen sind;
diese wiederum in völligem Ebenmaasse, in starkem körperlichem Ge-
fühle, in sprechender Charakteristik zur Erscheinung gebracht. In den
Gliederungen der Bogenwöibung sind Reihenfolgen kleiner Gestalten ent-
halten , welche das zukünftige Heil vergegenwärtigen, Personificationen
der himmlischen Mächte, Heilige, auferstehende Selige. An den letzteren,
welche den äusseren Ring biklen, ist die feine Behandlung des Naekten
Halbfigur des Abel, von der Kanzel zu Wechselburg
(Nach Förster.)
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einen dieser Bilder die Halbfiguren von Abel und Cain mit ihren Opfer-
gaben, Sinnbihler des menschlichen Yerhaltens zu Gott. In der Behand-
lung dieser Reliefs zeigt sich das rüstige Streben, den individuellen künst-
lerischen Gedanken zur Erscheinung zu bringen; überall ist ein kräftiger
Sinn, der das Darstel-
lungsmittel mit Entschie-
denheit ergreift, in Ein-
zelheiten (z. B. im Yer-
hältniss der einzelnen
Körpertheile) oft noch un-
gesehickt, aber eben so
sehr (besonders in der Ge-
wandung) auf die klare
Durchbildung der Motive
bedacht; zur Grösse und
Schönheit siegreich hin-
durchschreitend und hie-
rin, ebenfalls im Einzel-
nen, schon das Staunens-
würdige leistend. Jene
Halbfiguren des Abel und
Cain sind vorzüglich ge-
lungen, die erstere von
hohem klassischem Adel.
— Auf sie folgen die
Sculpturen der goldnen Pforte zu Freiberg, die ebenfalls ein zu-
sammenhängendes, gedankenvoll gebundenes Ganzes, aber von noch un-
gleich reicherer Entfaltung, ausmachen. Die Halbkreislünette des Portals
enthält die Anbetung der Ivönige in Hautrelief, in einer Fassung, welche
der dargestellten Scene wiederum einen tiefer sinnbildhchen Gehalt giebt.
Maria mit dem Kinde, in der Mitte thronend, erscheint als erhabene Per-
sonification der Kirche Christi; ihr entgegen knieen auf der einen Seite
die heiligen drei Könige mit ihren Gaben, während auf der andern Seite
ein Engel mit dem Stabe steht (statt des Sternes, welcher die Könige auf
ihrer Bahn geleitet) und Joseph neben diesem sitzt, oberwärts aberHalb-
figuren von Engeln der heiligen Gnadenmutter Symbole der höchsten
Macht darreichen. Die Composition dieses Werkes ist völlig durchdacht,
das Ganze im reinsten Gleichmaasse entwickelt, die Figuren in freier
Würde und in liebevoller Ausgestaltung aller Einzelmotive ausgeführt.
Unterwärts, zwischen den Säulen der Portalwandungen, schliessen sich
Statuen an, zumeist Personen aus den Büchern des alten Bundes darstel-
lend, welche als Yerkiindiger und Yorläufer des Messias zu fassen sind;
diese wiederum in völligem Ebenmaasse, in starkem körperlichem Ge-
fühle, in sprechender Charakteristik zur Erscheinung gebracht. In den
Gliederungen der Bogenwöibung sind Reihenfolgen kleiner Gestalten ent-
halten , welche das zukünftige Heil vergegenwärtigen, Personificationen
der himmlischen Mächte, Heilige, auferstehende Selige. An den letzteren,
welche den äusseren Ring biklen, ist die feine Behandlung des Naekten
Halbfigur des Abel, von der Kanzel zu Wechselburg
(Nach Förster.)