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A. Die Kunst des romanischen Styles.
besonders anzumerken. — Abermals jünger ist der Altar von Wech-
selburg, ein reicher, mit Bildwerk verzierter Arkadenbau, der, wie schon
bemerkt, ursprünglich für einen andern Zweck (für den eines Lettners)
bestimmt gewesen und erst später an seine gegenwärtige Stelle versetzt
zu sein scheint, wobei er vielleicht einige Stücke seiner Ausstattung ver-
loren hat. Er enthält, in Arlcadennischen, vier Gestalten des alten Bundes,
welche zum Theil die Statuen der goldnen Pforte nachalimen, in einem
noch freieren, noch weicher geschwungenen Style, aber schon minder
kräftig aufgefasst, minder sorgfältig behandelt. Auf dem mittleren Auf-
satze, welcher das Werk krönt, steht eine Gruppe des gekreuzigten Hei-
landes mit Maria und Johannes, diese gleich jenen früher genannten
Gruppen aus Holz geschnitzt, doch durch Aebenfiguren reicher entwickelt:
die Reliefbilder des Gottvater mit der Taube und zweier Engel an den
Kreuzarmen, des Joseph von Arimathia, der mit dem Kelche das Blut
des Erlösers auffängt, am Fusse des Kreuzes, der Gestalten des besiegten
Heidenthums und Judenthums unter den Füssen von Maria und Johannes.
Alles ist in dieser Arbeit aufs Zarte-
ste und Flüssigste durchgebildet, alle
Motive zur edelsten, feinsten und em-
pfindungsreichsten Entwickelung ge-
bracht. — Das Schlusswerk in der
Keihe dieser Sculpturen ist ein zu
Wechselburg befindlicher Grab-
stein, mit den stark erhabenen Bil-
dern des Stifters der Kirche, des Gra-
fen Dedo IY. (gest. 1190) und seiner
Gemahlin, külin, gross, lebenvoll, mit
mächtig gescliwungenen Gewändern,
in voller Freiheit des Styles. Die Ar-
beit fällt jedenfalls in eine dem Tode
des Stifters sehon erheblich ferne Zeit.
— Alle diese Sculpturen waren üb-
rigens, ebenso wie die vorgenannten aus anderem Material, mit farbiger
Bemalung versehen. An dem Altare von Wechselburg ist dieselbe er-
halten; mit der Innigkeit der Empfindung übereinstimmend, welche in
der ganzen Arbeit Avaltet, erhöht sie die Wirkung der letzteren in cha-
rakteristischer Weise.
Die Kunst hatte mit diesen Werken die Schwelle der Vollendung er-
reicht. Aber die Zeit war, wie es scheint, noch nicht reif, auf solcher
Bahn mit neuen Erfolgen weiterzuschreiten. Die Tendenzen, welche der
gothisclie Styl einführte, trugen wesentlicli dazu bei, den künstlerischen
Sinn auf eine andre Bahn und zu abermals neuen Anfängen zu führen.
Was sich anderweit von Sculpturen dieser Epoche in Deutschland
vorfindet, ist an Zahl, zumeist auch an künstlerischer Durchbildung,
geringer.
Engel vom Crucifix über dem Altare zu
Wechselburg. (Nach Förster.)
A. Die Kunst des romanischen Styles.
besonders anzumerken. — Abermals jünger ist der Altar von Wech-
selburg, ein reicher, mit Bildwerk verzierter Arkadenbau, der, wie schon
bemerkt, ursprünglich für einen andern Zweck (für den eines Lettners)
bestimmt gewesen und erst später an seine gegenwärtige Stelle versetzt
zu sein scheint, wobei er vielleicht einige Stücke seiner Ausstattung ver-
loren hat. Er enthält, in Arlcadennischen, vier Gestalten des alten Bundes,
welche zum Theil die Statuen der goldnen Pforte nachalimen, in einem
noch freieren, noch weicher geschwungenen Style, aber schon minder
kräftig aufgefasst, minder sorgfältig behandelt. Auf dem mittleren Auf-
satze, welcher das Werk krönt, steht eine Gruppe des gekreuzigten Hei-
landes mit Maria und Johannes, diese gleich jenen früher genannten
Gruppen aus Holz geschnitzt, doch durch Aebenfiguren reicher entwickelt:
die Reliefbilder des Gottvater mit der Taube und zweier Engel an den
Kreuzarmen, des Joseph von Arimathia, der mit dem Kelche das Blut
des Erlösers auffängt, am Fusse des Kreuzes, der Gestalten des besiegten
Heidenthums und Judenthums unter den Füssen von Maria und Johannes.
Alles ist in dieser Arbeit aufs Zarte-
ste und Flüssigste durchgebildet, alle
Motive zur edelsten, feinsten und em-
pfindungsreichsten Entwickelung ge-
bracht. — Das Schlusswerk in der
Keihe dieser Sculpturen ist ein zu
Wechselburg befindlicher Grab-
stein, mit den stark erhabenen Bil-
dern des Stifters der Kirche, des Gra-
fen Dedo IY. (gest. 1190) und seiner
Gemahlin, külin, gross, lebenvoll, mit
mächtig gescliwungenen Gewändern,
in voller Freiheit des Styles. Die Ar-
beit fällt jedenfalls in eine dem Tode
des Stifters sehon erheblich ferne Zeit.
— Alle diese Sculpturen waren üb-
rigens, ebenso wie die vorgenannten aus anderem Material, mit farbiger
Bemalung versehen. An dem Altare von Wechselburg ist dieselbe er-
halten; mit der Innigkeit der Empfindung übereinstimmend, welche in
der ganzen Arbeit Avaltet, erhöht sie die Wirkung der letzteren in cha-
rakteristischer Weise.
Die Kunst hatte mit diesen Werken die Schwelle der Vollendung er-
reicht. Aber die Zeit war, wie es scheint, noch nicht reif, auf solcher
Bahn mit neuen Erfolgen weiterzuschreiten. Die Tendenzen, welche der
gothisclie Styl einführte, trugen wesentlicli dazu bei, den künstlerischen
Sinn auf eine andre Bahn und zu abermals neuen Anfängen zu führen.
Was sich anderweit von Sculpturen dieser Epoche in Deutschland
vorfindet, ist an Zahl, zumeist auch an künstlerischer Durchbildung,
geringer.
Engel vom Crucifix über dem Altare zu
Wechselburg. (Nach Förster.)