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Kugler, Franz
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 2) — Stuttgart, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.27230#0511
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§. B. Die Bronzearbeit.

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steigerte Aufnahme der antiken Bildungsweise, zu neuer und eigen-
thümlicher Ausbildung gefördert. Einige Meisterarbeiten, die unter
solchen Verhältnissen hervorgebracht wurden, bezeugen es, wie auch
der deutschen Kunst, wären anders die Zeitumstände einer unmit-
telbar fortgesetzten Entwickelung günstig gewesen, die Balm zur
höchsten Vollendung offen gestanden hätte.

Sehr bezeichnend für den eben angedeuteten Uebergang aus
der gothischen Bildungsweise ist ein bronzenes Taufbecken in der
Stadtkirche zu Wittenberg, gef. im J. 1457 durch Hermann
Vischer (den älteren) von Nürnberg.1 Es ist mit den Figuren der
Apostel geschmückt. Diese Figuren haben gerade keinen höheren
Kunstwerth, doch erkennt man in ihnen deutlich das Bestreben,
die altüberlieferten Typen neu zu beleben; bei einzelnen sieht man
sogar schon hier (in der Gewandung) Motive, die an die Antike
erinnern, — gewissennassen als ein Blickschritt in jene fernere
Vergangenheit, welche die gothischen Formen mit denen der An-
tike verbindet.

Ungleich wichtiger sind die Bronzewerke, welche der Sohn des
ehengenannten. Peter Vischer,2 geliefert hat. (Er wurde Meister
im Jahr 1489 und starb 1529.) Die bedeutendste unter seinen
früheren Arbeiten, von denen wir eine Kunde haben, ist das Grab-
monument des Erzbischofes Ernst von Magdeburg, im Dome von
Magdeburg (vollendet 1495, nicht, wie gewöhnlich angegeben
wird, 1497).3 Es ist ein grosser Sarkophag, auf dessen Deckel
die Gestalt des Erzbischofes ruht, an den Seiten die Figuren der
Apostel, zweier Heiligen und mannigfaches Zierwerk. In diesem
Werk erscheint der bildnerische Styl jedoch abweichend von der
Arbeit des Vaters und abweichend von den späteren des Peter
Vischer selbst; es ist in Einzelnem, namentlich der grossartig be-
handelten Figur des Entschlafenen, das scharfe, eckige Wesen,
welches zu jener Zeit in Nürnberg, vornehmlich durch Adam Kraft,
eingeführt war, während die Apostelfigiirchen schon einen Keim
jener idealeren Auffassung verrathen, welcher später bei Vischer
den Sieg davontragen sollte. In ähnlicher Weise soll auch eine
zweite Arbeit von P. Vischer, die Grabplatte des Bischofes Johann

1 Schadow, Wittenbergs Denkmäler, Taf. A. — Vergl. Kugler’s Notizen im
Museum, Bl. f. bild. Kunst, 1837, No. 5, S. 37. Kugler, Kl. Schriften I, S. 454
u. ff. — Ueber die in der Kirche zu Römhild (Sachsen-Meiningen) befindlichen
Bronzedenkmale der hennebergischen Grafen Heinrich’s VIII. (gefertigt 1507 bis
1510) und Otto’s IV. (gefertigt vor 1500) s. Kugler, Kleine Schriften II, S. 648
u. ff., wo dieselben nur als Arbeiten der Vischer’schen Giesswerkstätte, nicht als
Compositionen Peter Vischer’s dargestellt werden. — S. 659 ebenda wird ein
ähnliches Verhältniss für das Denkmal des Kurfürsten Johann Cicero im Dom zu
Berlin (1530, mit dem Namen Johann Vischer’s) angenommen. — 2 Die Nürn-
berger Künstler, geschildert nach ihrem Leben und nach ihren Werken, Heft IV.

— Vergl. M. M. Mayer, des alten Nürnbergs Sitten und Gebräuche, II, S. 29 ff.

— Schadow, Wittenbergs Denkmäler. — 3 Cantian, Ehernes Grabmal des Erzb.
Ernst v. M. etc.
 
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