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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Kunst und Schiffahrt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0015

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und geläuterten Geschmack Anregung zu bieten
vermochte.

Für die Durchführung seiner Zdee fand Loh-
mann eine wesentliche Unterstützung in dem von
ihm für die Entwürfe herangezogenen Bremer
Architekten Z. G. Poppe, für die Ausführung vor
allen Dingen in den Firmen A. Bembs in Mainz,
3- <L pfaff, Berlin, Kümmel, Berlin, Schäfer,
Bremen. Für das Prinzip der Salonausstattungen
find die Zdeen Poppes ein Vierteljahrhundertlang
allein maßgebend gewesen. Ein ausgesprochener
Meister des Barock, hat er in den Steinmetzzieraten
seiner mächtigen Architekturen, geradeso wie in
seiner Innendekoration, den reichen Überfluß ge-
häufter Schmuckmotive, das Ausschütten mit vollen
pänden gepflegt. Von der Spätrenaissance der
Engelsköpfe und Kartuschen ging der Dekorations-
ftil Poppes, der Mode folgend, im Laufe von
21/2 Jahrzehnten zu Barock und Rokoko und zu der
schlichteren englischen Renaissance, von den dunklen
Polzstimmungen zu helleren, freundlichen Tönen,
zu flacherem Relief und sparsamerem Schmucke
über, bis er in den Salons des Dampfers „Kaiser
Wilhelm II." bei der Lmpiremode ankam. So ist
es ihm vergönnt gewesen, an einer großen Aufgabe
ein Vierteljahrhnndert lang in den verschieden-
artigsten Lösungen alle Seiten seiner Fähigkeiteir
und seiner Kraft zu zeigen, die in den glänzenden
Gesellschaftsräumen des Schnelldampfers „Kron-
prinzessin Lecilie" noch einmal zu besonderem
Ausdruck kamen. An der Kraft zum Fortschritt hat
es ihm nicht gemangelt. Den höchsten Ansprüchen
des jeweils herrschenden Zeitgeistes hat er Rechnung
getragen, bis er, fast schon ein Siebzigjähriger, an
der Pforte des Allerneuesten stehen blieb, um dessen
Verwendung für die Schiffsausstattung von nun
an Jüngeren zu überlassen.

Richt auf einmal, sondern allmählich und unter
Beobachtung einer gewissen Vorsicht von seiten
der Verwaltung des Norddeutschen Lloyd hat sich
seit Igo? der Wandel in der Ausstattung der
Schiffsräume, die Einführung moderner Formen
an Stelle der bis dahin ausschließlich bevorzugten
älteren Stilarten italienischen, französischen und
englischen Ursprungs vollzogen. Auf dem Schnell-
dampfer „Kronprinzessin Tecilie" wurde der erste

versuch gemacht, und zwar mit der Ausstattung
der sogenannten Kaiserzimmer und Luxuskabinen,
während die Poppeschen Entwürfe für die Aus-
stattung der großen Salons dieses Schiffes sich noch
vorwiegend älteren Stilarten anlehnen, ließ man
bei den in der besten Lage des Promenadendecks
und des Oberdecks angeordneten Zimmergruppen
— im ganzen zehn zu je zwei oder drei Zimmern
nebst Baderanm — die verschiedensten, darunter
auch die modernsten Kunst- und Geschmacksrich-
tungen zu Worte kommen. Diese, wie schon ein-
gangs erwähnt, von dem damaligen Generaldirektor
des Norddeutschen Lloyd, Dr. Wiegand, herrührende
Zdee bezweckte, der deutschen Raumkunst in ihren
verschiedensten Richtungen Gelegenheit zu bieten,
sich auf dem Felde dieser ebenso reizvollen wie
schwierigen Kleinarchitektur zu betätigen und zu
zeigen, was sie auf diesem Gebiete zu leisten ver-
mochte. Von seiten des Norddeutschen Lloyd
wurde nun die Pauptgrundriß-Anordnung der
einzelnen Räume festgelegt, den Künstlern aber
bezüglich der weiteren Ausbildung ihrer Räume
und Ausstattungsstücke der weitestgehende Spiel-
raum gewährt, soweit sich dies irgend mit dem Be-
triebe eines derartigen Dampfers vereinigen ließ.
So war die moderne Raumkunst vor die Lösung
dankbarer neuer Aufgaben gestellt, und man darf
mit Recht und auch mit Stolz behaupten, daß sie
diesen Ausgaben gerecht geworden ist. Drei der
bekanntesten Meister moderner Znnenkunst, vier
namhafte bremische Architekten und einige als
leistungsfähig bekannte Ausstattungsfirmen waren
vom Norddeutschen Lloyd zu einem Wettbewerb
in der Ausstattung der bezeichneten zehn Zimmer-
gruppen eingeladen. Bruno Paul, der leider allzu-
früh verstorbene Jos. Olbrich und Richard Riemer-
schmid waren die auswärtigen, L. Eeg, E. Runge,
Abbehusen & Blendermann, wellermann & Frölich
und Runge & Scotland die bremischen Architekten,
welche sich neben den Ausstattungsfirmen der Lösung
der Aufgabe widmeten.

Von dem Grundsätze ausgehend, daß in dem
Organismus des Schiffes der Inbegriff vollendeter
Sachlichkeit, sorgfältigster Raumausnutzung und
absoluter Zweckmäßigkeit zu erblicken sei, gingen
sie ans Werk, um gleichzeitig den neuen Stilformen,

Professor R. Riemerschnnd. „Kronprinzessin Lecilie" Aaiserziminer. Intarsien in den kleinen Füllungen der Möbel

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