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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Kunst und Schiffahrt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0017

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Bruno Paul ist dann irrt kaufe der folgenden
Jahre in besonderem Maße berufen gewesen,
an der Raumausstattung neuer Lloydschiffe mit-
zuwirken, soweit es seine amtliche Tätigkeit als
Leiter der Berliner Kunstgewerbeschule nur irgend
zuließ. Durch die inzwischen in Bremen etablier-
ten Vereinigten Werkstätten für Kunst und bsand-
werk, zu deren leitenden Kräften er gehörte, war
er auch in engere Beziehungen zu Bremen ge-
treten, und so ward es möglich, ihn weiterhin zur
Lösung größerer Aufgaben der Schiffsarchitektur
heranzuziehen. Rach dem wohlgelungenen Ver-
suche auf der „Kronprinzessin Lecilie" ging man als-
bald dazu über, auch Saloneinrichtungen für Lloyd-
dampfer nach modernen Gesichtspunkten zu schaffen,
lgoy machte man an Bord des Reichspostdampfers
„Derfflinger" den versuch mit dem Rauchsalon.
Wiederum lieferte Bruno Paul den Beweis, daß
auch in einem solchen Raume mit maßvoller Be-
schränkung alles Dekorativen eine wohltuende Be-
haglichkeit erzielt werden kann. Auf dem größeren
Dampfer „Prinz Friedrich Wilhelm" des Nord-
deutschen Lloyd schuf er dann die Einrichtungen
des Speisesaals und des Gesellschaftszimmers, des
Treppenhauses und mehrere Vorplätze. In dem
Speisesaal bot namentlich die Decke infolge der vielen
unregelmäßigen Unterzüge und Decksbalken in der
Eisenkonstruktion eine außerordentliche, schwierige
Lösung; in Bruno paul fand sie ihren Meister.
Der in Hellen Farben gehaltene Raum bietet
296 Personen größtenteils an runden Tischen
Platz. Er imponiert durch einfache Vornehmheit
und Ruhe. Die wände sind weiß lackiert, die Decke
ist mattweiß getupft und mit reichen Schnitzereien
versehen. Durch zahlreiche, inmitten kleiner Felder
offen angebrachte matte Glühbirnen erhält der
Raum eine sehr festliche Beleuchtung. Die Möbel
sind aus Zitronenholz mit reicher wassereichen-
Intarsia hergestellt. An den Längswänden sind
Sophas eingebaut, deren grün-schwarz karrierter
Lpinglestoffbezug in schönem Kontrast zu der
Zitronenholz-Umrahmung steht. Linen sehr aparten
Eindruck machen die mit Kapitälen und Sockeln
aus Weißmetall und in der Mitte mit schwarzem,
grün gestreiftem Leder bespannten Säulen. Bei
den Büfetts aus besonders fein gemasertem Zi-
tronenholt hat Professor paul in sehr geschickter
Weise die natürliche Maserung des Holzes benutzt,
um die glatte Farbe aufzulösen und lebendig wirken
zu lassen. Die weiß gestrichene, stabförmig geteilte
und leicht geschweifte Rückwand des Salons hat
von der Hand des Münchener Malers Siek ihren
Schmuck durch Porzellanmalereien nach Nymphen-

burger Muster erhalten. Die Mitte des Salons wird
von einem Lichtschacht beherrscht, welcher rings
in der Zarge mit einem Strahlenkranz von runden
Glühbirnen in matten Gläsern umgeben ist. Der
Lichtschacht ist besonders reich und eigenartig aus-
gestattet. Rund um die durchbrochene Brüstung,
nach dem darüber liegenden Gesellschaftssalon hin,
befinden sich reiche Schnitzereien in Sumpfeiche,
nach Entwürfen Bruno Pauls von dem Bildhauer
v. Goßen in Breslau geschnitzt. Sie stellen die Stern-
bilder des Tierkreises dar. Die grauen Töne der
Wassereiche heben sich von dem Grunde, aus
leuchtend rotem Korallenholz, (sog. Badukholz) sehr
wirkungsvoll ab. Diese Schnitzereien ziehen sich
(in einfache, strenge Ornamente übergehend) in
der ganzen Höhe des Lichtschachts hinauf. So ist
durch die schwarz-roten Edelhölzer, im Gegensatz
zur weißen Wandung, ein sehr farbenprächtiges,
lebendiges Bild erzielt. Oben schließt der Lichtschacht
mit einer reichgemusterten Gberlichtverglasung mit
durchbrochenen Ventilationsgittern in zierlichen
Ornamenten ab. Die Tische und Stühle sind aus
dunkel gebeiztem Eichenholz in Wassereichenton ge-
arbeitet. Die Vorhänge wie auch die Tischdecken usw.
sind aus dem Stickereiatelier der vereinigten Werk-
stätten, München, hervorgegangen und nach Ent-
würfen von Professor Paul von Frau Margarethe
v. Brauchitsch angefertigt.

Besonderes Interesse bietet auch der Vorplatz
vor dem Speisesalon. Er ist mit einer Vertäfelung
aus hellweißem Lfchenholz verkleidet, welche in
kräftigen Kehlungen, mit dazwischen eingefügten
glatten pilastern, mit einfacher, sehr monumental
wirkender Wassereicheneinlage verziert ist. Be-
sonders schön wirken die Türen auf diesem Vorplatz.
Sie bilden eine glatte Fläche ohne Rahmen und
sind rings von kleinen, einfachen Wassereichen-
mustern in kleinen, würfelförmigen Einlagen um-
rahmt und in der Mitte mit großem, silbernem
Zierschloß versehen. Sehr dekorativ wirken die an
der vorderwand angebrachten Heizkörperverklei-
dungen in reichem, durchbrochenem Gitterwerk mit
Marmorverkleidungen. Die weiße Decke ist glatt
durchgezogen und durch kleine viereckige Felder mit

eingelegten perlstäben geteilt.

Die wand nach dem unteren Treppenhaus ist
durch ein Gitterwerk von dem Vorplatz abgeschlossen,
die Treppe selbst mit reichen Wassereichen- und
Mahagonischnitzereien versehen. Die Stufen wie
auch der Boden auf sämtlichen Vorplätzen sind mit
Gummifliesen in grün-schwarzem Muster belegt.

In den Gesellschaftssalon führen große facet-
tierte Glastüren, zwischen denen in die Mittel-

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