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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Kunst und Schiffahrt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0021

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Lloyd im Hotel „Adlon" in Berlin und in Paris
hat Troost Anteil gehabt. Die Ausstattung der
Räume des in Danzig in Bau befindlichen Dampfers
„Lolumbus" wird ihm Gelegenheit bieten, sich
zum ersten Male in großem Umfange auf dem
Gebiete der Schiffsarchitektur^zu betätigen. Mit
diesen seinen Entwürfen sich des Näheren zu be-
schäftigen, muß späterer Zeit Vorbehalten bleiben.
Hier nur noch ein kurzes Wort über die Einrichtungen
der „Sierra"-Dampfer, die zur Hälfte von den ver-
einigten Werkstätten für Kunst im Handwerk, zur
anderen Hälfte von der Firma L. Friese in Kiel
ausgeführt sind

Die von den vereinigten Werkstätten für die
Dampfer „Sierra Lordoba" und „Sierra Nevada"
ausgeführten Speisesalons sind sehr stimmungsvoll
dekoriert. Die Innenarchitektur ist in vornehmen,
ruhigen Linien und in modernen Formen gehalten.
Alles Überladene ist vermieden und durch geschickte
Farbenabstimmung eine große Wirkung erzielt.
Kräftig hebt sich das satte Rot des in Mahagoni
gehaltenen Büfetts von dem vorherrschenden weiß
ab, noch übertönt von dem Rot des Epinglestoffes,
mit dem die bequemen Armlehnstühle überzogen
sind, und harmonisch ergänzt von dem tiefen Rot
der Läufer. Das glänzende weiß der Decke geht an
den wänden in ein zartes Lrcme, das von rofa-
abgefetzten Rahmungen wirkungsvoll unterbrochen
wird, über. Eigenartig ist die Dekorierung der
Fenster mit schweren, dunkelroten Vorhängen, die
bis zur Erde reichen und die Raumwirkung des
Speisesalons beträchtlich erhöhen. — Durch diese
Anordnung wird der Eindruck des Niedrigen, den
große Schiffsräume leicht Hervorrufen, vermieden.

Die Gesellschaftsräume der „Sierra"-Dampfer
find in ihrer Dekoration nicht so einheitlich aus-
geführt wie die Sxeisesalons. Bei ihrer Ausstattung
ist der häufig wiederkehrenden Erscheinung'Rechnung
getragen, daß sich auf einer Seefahrt gestimmte
Gruppen bilden, die sich hier oder dorthin Gesell-
schaftsraum zu einem Plauderstündchen zusammen-
finden und ihren Platz immer gern wieder aufsuchen.
Mit Rücksicht darauf ist man auf die Idee gekommen,
die gesamte Dekoration des Gesellschaftsraumes
zwar einheitlich zu gestalten, aber in der Anordnung,
der Linienführung und der Farbentönung der Möbel
Gruppen anzudeuten. Damit nun aber die deko-
rative Gesamtwirkung der Gesellschaftsräume hier-
unter nicht leide, find alle Gruppen wieder auf
einen einheitlichen Grundton abgestimmt. Die Ge-
sellschaftsräume bekommen durch diese Ausstattung
etwas Lebhaftes, ohne doch ihre einheitliche deko-

rative Wirkung zu verlieren. Auf den Dampfern
„Sierra Lordoba" und „Sierra Nevada" kommt bei
einer in moderner Linienführung gehaltenen Archi-
tektur ein grünlicher Farbton zur Geltung, der in
allen Nuancen wiederkehrt, vortrefflich nimmt sich
in dem grünen Grundton der stets frische Blumeir-
schmuck aus, der in einer reichen Umrankung des
an der Hinteren (Querwand befindlichen Spiegels
seinen wirkungsvollen Abschluß findet. Die Be-
krönung der hintererr wand trägt eine reich ver-
zierte Uhr, ihr gegenüber hat an der vorderen Quer-
wand ein schöner, in Mahagoni ausgeführter Bi-
bliotheksschrank Aufstellung gefunden. Entsprechend
der Zwanglosigkeit, die in einem Gesellschafts-
salon herrschen muß, wenn sich die Gäste schnell
heimisch und wohl fühlen sollen, sind die einzelnen
Gruppen der Tische, Sofas und Stühle völlig frei
angeordnet.

In einem gewollten Kontrast steht auf allen
Lloydschiffen der Rauchsalon zu dem Gesellschafts-
raum und dem Speisesalon. Statt leichter und ge-
fälliger Formen finden wir im Rauchsalon schwere,
oft wuchtige Linienführung und einen dazu passen-
den dunklen Farbton. Auf den Dampfern „Sierra
Nevada" und „Sierra Lordoba" sind die wände in
dunkel geräucherter Eiche gehalten, zu der die satt-
rote Lederpolsterung der Sofas und Stühle in
einem angenehmen Gegensatz steht. In der Mitte
des Rauchsalons haben Korbstühle Aufstellung ge-
funden, während in den Ecken und an den wänden
entlang rotgepolsterte Ledersofas bequeme Sitze
bieten. Sehr wirksam ist der in der vorderen Quer-
wand eingebaute Kamin in Iaune de Sienne-
Marmor, umrahmt von zwei etwas zurücktretenden,
in den in gleichen Farben der Wandbekleidung ge-
haltenen Schränken. Die dem Kamin gegenüber-
liegende wand wird durch ein Gemälde in ver-
goldetem Spiegelrahmen geschmückt.

Auch diese Einrichtungen, die ihrem Lharakter
nach freilich nicht mit den Glanzleistungen Bruno
Pauls an Bord der unter anderen Voraussetzungen
gebauten Dampfer „Prinz Friedrich Wilhelm" und
„George Washington" zu vergleichen sind, lassen
erkennen, daß der Begriff „Schiffskunst" feste
Formen angenommen hat und nichts mehr mit
einer Häusern und Schlössern fremder Länder ent-
lehnten Kunst, die man früher und leider auch heute
noch vielfach zur Anwendung bringt, gemein hat.
Sie dient vielmehr allein dem besonderen Zweck
des Schiffes, paßt sich seinen Raumverhältnissen
und seiner Eigenart an und bringt diese Eigenart in
jeder weise künstlerisch zum Ausdruck.

Kunst und Handwerk. 6H. )ahrg. Heft

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