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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Brenneis, J.: Rechtsfragen in der Praxis der Kunst und des Handwerks, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0143

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Rechtes gegen den willen des Urhebers ist, abgesehen von den
§? \9, 20 u. 24 K.G., durch 8 *4 K.(S. ausgeschlossen.

Es bleibt dem Urheber, der das Vermögensrecht veräußert
hat, nur der Schutz gegen unbefugte Änderung des Werkes
oder seiner Bezeichnung (8 \2).

Die Wirkung des Persönlichkeitsschutzes äußert sich hinsichtlich
der Ausübung der ausschließlichen Befugnisse darin, daß die
Ubertragungs- oder Lizenzverträge einschränkend auszulegen
find, namentlich auch hinsichtlich der veröffentlichungsarten.
Im Zweifel ist anz»nehmen, daß eine von dem Künstler nicht
genehmigte oder seinem künstlerischen Interesse widerstreitende
Art der Veröffentlichung von ihm nicht gewollt ist.

Das vermögensrechtliche Verfügungsrecht ist, wie wir in 8 lt>
gesehen haben, übertragbar.

Die ausschließlichen Befugnisse umfassen das vervielfältigen
(Nachbilden, Nachbauen). Darüber sagen die Gesetzesmotive
folqendes: Der Vervielfältigung ist durch ausdrückliche Vor-
schrift zur Vermeidung von Zweifeln die Nachbildung gleich-
gestellt worden. Line solche Bestimmung ist notwendig, um
außer Zweifel zu stellen, daß auch die Wiedergabe des Werkes
mittels eines anderen Verfahrens sowie das Anfertigen einer
Vorrichtung, die zur Perstellung von Abzügen dient, dem
Rechte des Urhebers unterliegt.

Bei photographischen Werken ist deshalb auch die Perstellung
eines Positivs nach einem Negative, wie der umgekehrte Kall
ohne Zustimmung des Berechtigten verboten. Als Nachbildung
gilt auch das Nachbauen, die Ausführung eines Bauwerkes,
fei es nach fremden Plänen, sei es nach einem fertigen Werke.
Die Vervielfältigung umfaßt:

v Die mechanische Wiedergabe eines Werkes z. B. durch
Photographieren).

2. Die ein künstlerisches Verfahren oder überhaupt eine künst-
lerische Betätigung erfordernde Nachbildung.

3. Die Ausführung eines Entwurfs.

Die Abbildung eines Werkes, auch in Katalogen und Preis-
verzeichnissen.

5. Die Perstellung von Vorrichtungen zur Vervielfältigung —
Formen, Platten, Steinen, photographischen Negativen)
usw. Rein vorbereitende pandlungen, wie das Iurecht-
machen der Platten, genügen selbstverständlich noch nicht
zur Urheberrechtsverletzung. Doch liegt eine Vervielfäl-
tigung vor, sobald das Werk schon erkennbar hervortritt, z.B.
wenn die Umrisse auf der Platte oder auf dem Stein aus-
gezeichnet sind, oder wenn eine Bleistiftzeichnung zur
Übertragung auf den Stein oder den polzstock vorliegt.

S. Das Nachbauen eines Bauwerkes und die bauliche Aus-
führung eines Bauentwurfes.

7. Die Nachbildung einer Photographie durch ein Kunst-
verfahren.

8. Die Nachbildung eines Werkes an einem gewerblichen
oder kunstgewerblichen Gegenstand oder zu ge-
werblichen oder Gebrauchszwecken (also z. B. auf pak-
kungen, Ausstattungen, als Warenzeichen).

y. Die Nachbildung oder Ausführung des Werkes in einem
Exemplar und die Vervielfältigung in mehreren Exemplaren.

^o. Die entgeltliche und die unentgeltliche Nachbildung oder
Vervielfältigung.

tv Die Nachbildung oder Vervielfältigung aus eigenem
Antrieb und in ftemdem Auftrag und auf Bestellung.

\2. Die Vervielfältigung zu eigenen gewerblichen Zwecken
und zu fremdem Gebrauch. Die Nachbildung zu eigenem
Gebrauch ist zulässig. (Dsterrieth.)

Die gewerbsmäßige Verbreitung.

Unter Verbreitung versteht man die Überlassung der verviel-
fältigten oder nachgebildeten Exemplare des Werkes zum
bestimmungsgemäßen Gebrauch an andere. Sie kann durch
verkauf, Tausch oder Schenkung erfolgen. Die Verbreitung
erfordert also immer, daß die einzelnen Exemplare der recht-
lichen Verfügungsgewalt des Vervielfältigers oder Nachbildners
entzogen werden.

Zum verbreiten gehört auch das Feilbieten, das Bereitstellen
einzelner Exemplare zum verkauf und die Ankündigung bereit-
stehender Exemplare. Gewerbsmäßig ist jede Verbreitung,
die aus der Privatsphäre des Verbreiters herausfällt. Gewerbs-
mäßig ist hiernach jede Verbreitung, die mit Maßnahmen
verbunden ist, die das Werk an einen den persönlichen Kreis
des Verbreiters überschreitenden Kreis gelangen lassen sollen,
also z. B. die Verbreitung eines Kunstblattes an die Mitglieder
eines Kunstvereins. Nicht gewerbsmäßig ist z. B. die Schen-
kung aus persönlichen Motiven an verwandte, Freunde. (Gster-
rieth.) Unbefugt ist jede Verbreitung, zu der der Berechtigte
nicht ausdrücklich oder stillschweigend seine Einwilligung erteilt
hat. Eine stillschweigende Einwilligung liegt in der Regel
in der Genehmigung der Vervielfältigung.

Die Vorführung mittels mechanischer oder
optischer Einrichtungen.

Die Vorführung erfordert eine Veranstaltung, um den Anblick
des Werkes mehreren Personen zugängig zu machen, z. B. ein
Kinematographentheater. Mb die Vorführung vor mehreren
Personen gleichzeitig oder nacheinander stattfindet, ist un-
erheblich.

Freie Benutzung.

Die freie Benutzung eines Werkes ist zulässig, wenn dadurch
eine eigentümliche Schöpfung hervorgebracht wird (8 1,6 K.G.).
In der Regel handelt es sich, wenn man von der freien Be-
nutzung eines Werkes spricht, um das Werk als ganzes ein-
schließlich der nicht schutzfähigen Elemente.

{. Dies ist namentlich der Fall, wenn der Künstler durch ein
Werk angeregt wird, diegleicheAufgabezu behandeln,
den gleichen Gedanken oder den gleichen Gegenstand darzu-
stellen. Aus der Übereinstimmung der Aufgabe ergeben sich
zwangsläufig auch Übereinstimmungen der Anschauung und
Ausführung. Beruht aber, abgesehen von dieser äußerlichen
Anregung und ihren notwendigen Konsequenzen, das spätere
Werk auf einer unabhängigen Anschauung und ist die
Ausführung lediglich durch die eigene Anschauung bestimmte
dann liegt eine selbständige Schöpfung und keine Nachbildung vor,

2. Ebenso liegt der Fall, wenn der Künstler angeregt wird,
Form-, Stil-, Konstruktions- und andere Freimotive
eines fremden Werkes zu benutzen, z. B. die Motive des zer-
fließenden Akanthusblattes, des Muschel- und Bandwerkes
im Rokoko oder das Prinzip der von der Velde-Linie die auf
dem Prinzip der natürlichen Bewegtheit des Materials beruht
und oft mißverstanden wurde), das Prinzip der Farbenzerlegung
der Neoimpressionisten usw. Auch gehört hierher der Fall
der Entlehnung einer bestimmten Technik. Die Verwendung
solcher Motive, Ideen, verfahren ist immer frei, wer infolge-

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