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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Heilmeyer, Alexander: Jakob Bradl
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0186

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Neujahrskarten von Prof. Jakob Bradl

reiche Werke: Statuen, Gruppen, Reliefplastiken
der christlichen Kunst, die über die ganze Welt hin
zerstreut sind.

Und der Ulaler Bradl! Den kennen die wenigsten.
Denn er hat sich nicht auf Leinwänden und Staffelei-
bildchen ausgelebt, sondern auf wänden und
Decken. Ich denke ihn mir am liebsten auf hohem
Malergerüst in einer alten Kirche, wie er ein Bild
an die wand, in Gewölbe und in Zwickel malt
oder eine furiose Komposition an die Decke. Und
da konnte es wohl passieren, daß er bei solchem
Aufenthalt in Landkirchen, ehe er sich zum Malen
anschickte, den Frühgottesdienst mit Drgelspiel be-
gleitete und an Sonntagen mit den Pfarrkindern
auf dem Kirchenchor sang und musizierte.

Als Zeichner hat Bradl angefangen, Stammbücher
und Lhroniken mit hübschen illuminierten Bildern
zu schmücken, und von selbst stellte sich dabei das
Bedürfnis ein, diese Bildchen reimweis zu erklären
und ihren Inhalt noch weiter auszuführen, und so
wurden kleine Gelegenheitsdichtungen daraus.

Man erstaunt, wenn man alle diese Fülle, Mannig-
faltigkeit, geniale Vielseitigkeit, Originalität und
Schönheit seines Schaffens übersieht. Leider ist
es nicht möglich, auch im Bilde davon einen um-
fassenden Begriff zu geben, weil vieles in die Welt
hinausgegangen ist, ohne daß es im Bilde fest-
gehalten worden wäre, und weil das meiste von
Bradls Schöpfungen angewandte Kunst ist und
eigentlich erst an Ort und Stelle im Zusammen-
hang mit der ganzen Umgebung gesehen und ge-
würdigt werden kann. So gut es eben ging, haben
wir eine Anzahl seiner Werke vereinigt und zu
einem kleinen Strauß zusammengebunden, der
nun mittlerweile auch gleich ein Wandersträußchen
zu Bradls Abschied von München geworden ist.
Der Künstler Bradl wurzelt in seiner reichbegabien
Persönlichkeit. Seine Künste haben ihren Ursprung
in seinem guten Naturell und in seinem starken
Temperament. Das Beste hat er also von zu Pause
mit auf seinen Lebensweg bekommen. Und wir
müssen daher, ehe wir ihn weiter auf diesem Wege

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