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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Der Bayerische Kunstgewerbeverein: seine Tätigkeit und Wirksamkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0216

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Spätherbst wieder aus allen kunstgewerblichen
Kreisen Stimmen über die derzeitige Lage sam-
melte und veröffentlichte, angeregt offenbar von
Kreisen, welche die Folgen der allgemeinen wirt-
schaftlichen Depression der künstlerischen Entwicklung
im Kunsthandwerk zuschreiben zu müssen glaubten
und schließlich von der künstlerischen Entwicklung
auf die Tätigkeit einzelner Persönlichkeiten kamen.
Klagen richteten sich zumeist gegen den Münchner
Bund, der durch seine Mitarbeit an unseren letzten
Ausstellungen und durch sein aus dieser Arbeit ent-
wickeltes Programm öffentlich schärfer hervortrat
als in den ersten Jahren seines Bestehens.

Aber auch die Tätigkeit des Kunstgewerbevereins
ist kritisiert worden. Das kurze Resümee, welches
diese Aussetzungen nach den Ausschußverhandlungs-
berichten in den Worten des perrn Abgeordneten
pübsch gefunden und welches sich im öffentlicher:
Referate des perrn Rat Gsel widerspiegelte,
hat die Vereinsleitung veranlaßt, den versuch zu
machen, den Herren Abgeordneten des VII. Aus-
schusses ein Bild der Vereinstätigkeit zu unter-
breiten, welches der Auffassung des zurzeit berufenen
Vereinsausschusses entspricht.

Zunächst sei gestattet, auf den für den Verein kriti-
schen Satz des Referates einzugehen, welcher sagt:
„Einer der Herren wies ganz besonders darauf hin,
daß der hiesige Kunstgewerbeverein allzuviel von
Professoren und Beamten beherrscht werde und
daß dabei nicht jene Richtung zu Worte komme,
für die eigentlich der Kunstgewerbeverein da sein
sollte."

Der Vereinsausschuß besteht aus drei Lhrenaus-
schußmitgliedern mit Sitz und Stimme, aus 27 ak-
tiven Mitgliedern und aus den drei Herren der
Vorstandschaft.

von den Lhrenausschußmitgliedern sind zwei Pro-
fessoren, perr Prof. Fritz v. Miller, der im Verein
jedenfalls in erster Linie als der allseits hoch-
geschätzte Künstler und Handwerksmeister in seinem
Berufe steht und dessen seinerzeitige Lehrtätigkeit
an der Kunstgewerbeschule eine rein praktische war.
Ähnliches ist zu sagen von perrn Geh. pofrat Prof,
vr. v. Thiersch, der neben seinem Lehramte als
ausführender Baukünstler mit allen Gewerbs-
zweigen die engste Fühlung hat.

Perr K. Rat v. Schmädel steht heute noch mitten
im praktischen Berufsleben.

von den 2? aktiven Ausschußmitgliedern sind sechs
Herren Professoren, davon vier mit Beamten-
eigenschaft: Berndl, Dasio, Palm und
Lohr; Bradl und Rank sind nicht beamtet.
Dazu drei perren mit Beamteneigenschaft: Stadt-

baurat w. B e r t s ch , Direktor Senf und Gold-
schmied Ziseleur Fritz Schmidt (Kunstgewerbe-
schule).

Mit Ausnahme des Kunsthistorikers Prof. Palm
sind diese perren alle praktisch künstlerischen Berufen
entwachsen und haben dem Ausschuß zum Teil
schon vor ihrer Berufung zum Amte angehört.
Jedenfalls stehen alle perren dem Vereine als
künstlerisch tätige Männer näher als in ihrer Be-
amteneig ensch aft.

(8 Ausschußmitglieder, also 2/3 gehören praktischen
und kunsthandwerklichen Berufen an.

Im engeren Ausschuß, der sich aus den Obmännern
der vier Kommissionen zusammensetzt, steht e i n
Professor gegen drei Herren der Praxis.

In der engsten Vorstandschaft allerdings haben
zwei Professoren die Überzahl gegen perrn pof-
goldschmied Rothmüller.

perr Unterstaatssekretär Prof. l)r. v. Ma^yr ist altem
Brauche nach Vertreter der Freunde des Kunst-
handwerker, zugleich aber in seinem Spezialberufe
von besonderer Wichtigkeit für uns. Dem der-
zeitigen I. Vorsitzenden wurde das ehrenvolle Amt
zu einer Zeit übertragen (1,905), da er mitten im
praktischen Berufsleben stand und noch nicht an
eine Berufung an die Technische pochschule (1,909)
dachte.

Nun wäre es wohl denkbar, daß dieses Drittel Pro-
fessoren und Beamte die faktische Führung durch
intensivste Teilnahme an den vereinsarbeiten an
sich brächten. Es darf aber festgestellt werden,
daß in unseren Gesamt- und Linzelausschuß-
sitzungen das Verhältnis meist zugunsten der Ver-
treter der Praxis ausfällt, namentlich in der ersten
Kommission (mit H Mitgliedern, davon 2 Pro-
fessoren), auf der die meiste Arbeit ruht, da sie
als Aufnahmejur'f für unsere Palle oft wöchentlich,
mindestens alle (4 Tage Zusammentritt. Es kommen
hier die Meister der praktischen Arbeit bei Prüfung
der Oualitäten nach Geschmack und Technik durchaus
zum Wort, und es wird mit freimütigem bestim-
menden Urteil von dieser Seite nicht zurückgehalten.
von einem llberwiegen des Professoren- und
Beamtentums im verein kann für den die Ver-
hältnisse Kennenden kaum die Rede sein. Es wäre
noch die Richtung zu besprechen, für die eigentlich
der Kunstgewerbeverein da sein sollte.

Ob sich eine solche Richtung fest umschreiben läßt,
mag bezweifelt werden; wäre es möglich und würde
sich der Verein auf solche festlegen, so würde das
jedenfalls sein Ende bedeuten. Die Vereinsgründer
der fünfziger Jahre und die Neugründer der
siebziger Jahre haben tm § i unsrer Statuten den
 
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