Der Vorsitzende stellte Antrag auf Entlastung, ebenso Antrag
auf Genehmigung des Voranschlages, was sogleich erfolgte, vor
zur Lrgänzungswahl des Ausschusses geschritten wurde, wurde
laut Antrag aus der Mitgliederversammlung die Diskussion
über die im Vereinsleben brennend gewordenen Fragen eröffnet.
Als erster Redner trat Herr Reinhold Kirsch auf, der heftige
Angriffe gegen die Vorstandschaft richtete. Auf die Angriffe
in der Presse hätte der Kunstgewerbeverein ä tempo erwidern
sollen. Die Kalamität des Geldmarktes und die
Kriegs wirren seien nicht die einzige Schuld des
Geschäftsrückgangs. Man vergißt eben, für den Absatz
genügend Sorge zu tragen. Es werden Ausstellungen
arrangiert, die sich allein für die Unternehmer und Arran-
geure rentieren. Die ausgestellte Ware ist zur Deko-
ration herabgesunken und es ist nicht einzusehen, weshalb
die Künstler nur dazu da seien, das Publikum durch ihre
Ausstellungen zum guten Geschmack zu erziehen. Der Redner
wandte sich besonders gegen den Werkbund und den Mün-
chener Bund, dessen Art und Weise und Mittel, seine Ge-
danken in Tat umzusetzen, nicht einwandfrei seien. Der
Kunstgewerbeverein dagegen läßt sich dadurch beiseite drücken
und wartet, bis der Absatz aus dem Boden wächst; nur darum
ist der Absatz von Jahr zu Jahr geringer geworden. Und
dafür bringe man jährlich Mk. 20000 mit auf. Die Kosten für
Zeitschriften usw. dazu gerechnet, kämen Mk. \ooooo zusam-
men, die, unter die Kunstgewerbler verteilt, eine ganz andere
Wirkung tun würden! Die erste Aufgabe der Existenz des
Kunstgewerbevereins ist eine wohlorganisierte Verkaufspropa-
ganda und der verkauf.
Kunstkeramiker Jean Beck, der die berechtigte Abneigung
und Unzufriedenheit der Mitgliedschaft betont, verneint die
Frage, ob der Kunstgewerbeverein seinen satzungsgemäßen
Zweck erfüllt. Der Kunstgewerbeverein habe deshalb seine
führende Stellung verloren und sei als Veteranenverein
zu bezeichnen. Unter rühriger Leitung wäre es nicht passiert,
daß eine andere Vereinigung auftritt, die dem Kunstgewerbe-
verein den Rang abläuft. Der Redner verlangt vortrags-
abende^über Absatz und Bedürfnisse, Diskussions- und mehr
Fachabende. An die Vereinsspitze gehören Fachleute, die der
Bevormundung der Künstler von gewisser Seite mit aller
Energie entgegentreten und fruchtbare Arbeit für das Kunst-
gewerbe in ganz Bayern leisten.
Juwelier Schöpflich hebt hervor, daß der Verlust der füh-
renden Stellung nur auf die unkaufmännische Leitung zurück-
zuführen sei. Wenn die vorstandschast meint, der Verein
sei kein Geschäftsunternehmen, so verkennt sie den Zweck
des Vereins.
Robert Suder (Juweliergeschäft Meishaupt) beleuchtet den
Umsatz in der Halle, dessen Resultat jämmerlich sei und sich
vollends tragisch gestalte, wenn man bedenke, daß sie Zuschuß
von seiten des Vereins resp. des Staates beziehe. Er rügt die
Geschmacklosigkeit der Auslagen, die Unordnung !m Innern,
die Vernachlässigung der waren und den Mangel einer technisch
und praktisch gebildeten verkäuserkraft und empfiehlt Propa-
ganda und Fühlungnahme mit der gesamten Münchener Presse,
damit das große Publikum auf die Hallen aufmerksam wird.
Bronzegießer Gtto Laube tadelt die Tätigkeit der von der
Hallenkommission gebildeten Jury. Goldschmidt Haag wendet
sich gegen die heutige Fassung der Vereinszeitschrift, die auch
als interne Vereinszeitung nicht ihren Zweck erfülle und ihre
Spalten stets gern den Interessen und der Entwicklung eines
Konkurrenzverbandes („Deutscher Werkbund") öffne. Maler
Brandes wendet sich gegen die Langweiligkeit der Vereins-
abende, wünscht eine weniger bagatellmäßige Behandlung der
Mitglieder und richtet sarkastische Angriffe gegen den Vorsitzenden,
die unter stürmischem Protest zurückgewiesen werden. Schließ-
lich fragt er, ob ein Mitglied und Parteigänger des „Mün-
chener Bundes" überhaupt Ausschußmitglied bleiben könne.
Als der Vorsitzende Pfeifer nach all dem meint, daß die
kritische Beleuchtung nur den Zweck haben könne, Stimmung
für die Wahlen zu machen, erhebt sich der Sturm aufs neue.
Er stellt fest, daß bisher sich keine positive Anschauung für
die Ausführung von Verbesserungen ergeben habe, Verbesse-
rungen können übrigens nur durch Statutenänderung herbei-
geführt werden. Dieser letzten Meinung tritt eine Reihe wei-
terer Redner heftig entgegen. Wilhelm weist hingegen die
Vorwürfe gegen die Vereinsleitung, namentlich jene von Beck
und Brandes, zurück und bemerkt, die (Opposition soll erst
einmal zeigen, wie es besser gemacht werden kann. Maler
Leixfinger wendet sich gegen eine vom vorstandstisch gefallene
Äußerung, die Kunstgewerbler möchten „besseren Geschmack
bilden"; es handle sich nicht um die Geschmackbildung allein,
sondern vor allem um die wirtschaftlicheStärkung derMitglieder.
Ministerialrat Meine! tritt der von Leixfinger ausgesprochenen
Behauptung, der Staat bevorzuge eine Richtung, entgegen.
Von einer einseitigen Unterstützung kann nicht die Rede sein,
da der Kunstgewerbeverein vom Staat schon länger und
in höherem Maße unterstützt werde als der Bund.
Zur Debatte spricht auch noch Se. Magnifizenz Unterstaats-
sekretär v. Mayer und in längeren Ausführungen Kommer-
zienrat Gautsch, der, entgegen der hier so oft zum Aus-
druck gebrachten gegenteiligen Meinung, es für gut hält, wenn
die Herren vom Kunstgewerbeverein auch beim Münchener
Bund seien. Der Münchener Bund habe sich Einfluß auf
die Industrie zu verschaffen gewußt. Im Prinzip wolle
der Bund nichts vom Münchener Kunstgewerbe, dieses
solle seine Eigenart wahren. Der Bund habe keinen
Einfluß auf das Kunstgewerbe.
Redakteurbseilmeyer nimmt die Interessen der ZeitschrifHvon
„Kunst und Handwerk" wahr, gegen die alte Klagen aufgeführt
werden ohne jede Berücksichtigung der neuen Bestrebungen.
Gegen Schluß der Debatte stellt R. Kirsch der Vorstandschaft
die Vertrauensfrage, welche aber satzungsgemäß zurückgewiesen
wird, Herr Hofgoldschmied Heiden ergreift das Wort zu
einer eindringlichen, versöhnlichen Ansprache.
Der Tenor all dieser Ausführungen lautete: Der Verein
möge sich mit einer viel stärkeren Aktivität als bisher wirt-
schaftlich betätigen und seine Mitglieder im Konkurrenz-
kämpfe unterstützen, sein altes Ansehen wahren und es in
der Öffentlichkeit viel mehr geltend machen. Außer ein-
zelnen zu bestimmten Forderungen erhobenen Vorschlägen
(die in erster Linie die Ausstellungshalle betrafen) führten
die oft sehr heftig geführten Diskussionen auf keinerlei neue
Wege und Möglichkeiten. Es wird sich eben auch hier wieder
zeigen müssen, daß mit negativer kritischer Arbeit allein noch nichts
getan ist, sondern daß erst in gemeinsamer positiver Zusammen-
arbeit aller Faktoren das erwünschte Ziel eines neuen Auf-
schwunges des Münchener Kunstgewerbes erreicht werden kann.
Bei der Ausschußergänzungswahl wurden folgende Herren in den
Ausschuß gewählt resp. wiedergewählt: August Brandes; Georg
D. w. Lallwey; Wilhelm Eichheim; I. B. Haag; Prof. Or.
Halm; Reinhold Kirsch; Gtto Laube; Georg Pezold; Eduard
Schöpflich; Franz Zettler. —Da Herr Pezold die auf ihn ge-
fallene Wahl ablehnt und auch der der Stimnienzahl nächst-
stehende Herr Düll zurücktrat, kam der der Wahl nach nächst-
berechtigte Herr R. Suder in den Ausschuß.
IIIII1IIIIIIIIIIIIII1IIIIIII1III1IIIIIIIIIIIIIIIII1IIIIII1I1IIIIIIIIII11111II1III11IIII1IIIIIIIIIIIII1III1IIIII111IIIIIIIIII1II1I11IIII1II11I11I IIIIIIIIMIllIllMIlllllllllllllllllllIllllIlllIIllllllllllIlllllllllliilllllllll
verantrv. Redakteur (ausgenommen Anzeigeteil): Alexander Keilmeyer. — Kerausgegeben vom Bayer. Aunstoewerbeverein. — Druck und Verlag
von R. Gldenbourg, München.
auf Genehmigung des Voranschlages, was sogleich erfolgte, vor
zur Lrgänzungswahl des Ausschusses geschritten wurde, wurde
laut Antrag aus der Mitgliederversammlung die Diskussion
über die im Vereinsleben brennend gewordenen Fragen eröffnet.
Als erster Redner trat Herr Reinhold Kirsch auf, der heftige
Angriffe gegen die Vorstandschaft richtete. Auf die Angriffe
in der Presse hätte der Kunstgewerbeverein ä tempo erwidern
sollen. Die Kalamität des Geldmarktes und die
Kriegs wirren seien nicht die einzige Schuld des
Geschäftsrückgangs. Man vergißt eben, für den Absatz
genügend Sorge zu tragen. Es werden Ausstellungen
arrangiert, die sich allein für die Unternehmer und Arran-
geure rentieren. Die ausgestellte Ware ist zur Deko-
ration herabgesunken und es ist nicht einzusehen, weshalb
die Künstler nur dazu da seien, das Publikum durch ihre
Ausstellungen zum guten Geschmack zu erziehen. Der Redner
wandte sich besonders gegen den Werkbund und den Mün-
chener Bund, dessen Art und Weise und Mittel, seine Ge-
danken in Tat umzusetzen, nicht einwandfrei seien. Der
Kunstgewerbeverein dagegen läßt sich dadurch beiseite drücken
und wartet, bis der Absatz aus dem Boden wächst; nur darum
ist der Absatz von Jahr zu Jahr geringer geworden. Und
dafür bringe man jährlich Mk. 20000 mit auf. Die Kosten für
Zeitschriften usw. dazu gerechnet, kämen Mk. \ooooo zusam-
men, die, unter die Kunstgewerbler verteilt, eine ganz andere
Wirkung tun würden! Die erste Aufgabe der Existenz des
Kunstgewerbevereins ist eine wohlorganisierte Verkaufspropa-
ganda und der verkauf.
Kunstkeramiker Jean Beck, der die berechtigte Abneigung
und Unzufriedenheit der Mitgliedschaft betont, verneint die
Frage, ob der Kunstgewerbeverein seinen satzungsgemäßen
Zweck erfüllt. Der Kunstgewerbeverein habe deshalb seine
führende Stellung verloren und sei als Veteranenverein
zu bezeichnen. Unter rühriger Leitung wäre es nicht passiert,
daß eine andere Vereinigung auftritt, die dem Kunstgewerbe-
verein den Rang abläuft. Der Redner verlangt vortrags-
abende^über Absatz und Bedürfnisse, Diskussions- und mehr
Fachabende. An die Vereinsspitze gehören Fachleute, die der
Bevormundung der Künstler von gewisser Seite mit aller
Energie entgegentreten und fruchtbare Arbeit für das Kunst-
gewerbe in ganz Bayern leisten.
Juwelier Schöpflich hebt hervor, daß der Verlust der füh-
renden Stellung nur auf die unkaufmännische Leitung zurück-
zuführen sei. Wenn die vorstandschast meint, der Verein
sei kein Geschäftsunternehmen, so verkennt sie den Zweck
des Vereins.
Robert Suder (Juweliergeschäft Meishaupt) beleuchtet den
Umsatz in der Halle, dessen Resultat jämmerlich sei und sich
vollends tragisch gestalte, wenn man bedenke, daß sie Zuschuß
von seiten des Vereins resp. des Staates beziehe. Er rügt die
Geschmacklosigkeit der Auslagen, die Unordnung !m Innern,
die Vernachlässigung der waren und den Mangel einer technisch
und praktisch gebildeten verkäuserkraft und empfiehlt Propa-
ganda und Fühlungnahme mit der gesamten Münchener Presse,
damit das große Publikum auf die Hallen aufmerksam wird.
Bronzegießer Gtto Laube tadelt die Tätigkeit der von der
Hallenkommission gebildeten Jury. Goldschmidt Haag wendet
sich gegen die heutige Fassung der Vereinszeitschrift, die auch
als interne Vereinszeitung nicht ihren Zweck erfülle und ihre
Spalten stets gern den Interessen und der Entwicklung eines
Konkurrenzverbandes („Deutscher Werkbund") öffne. Maler
Brandes wendet sich gegen die Langweiligkeit der Vereins-
abende, wünscht eine weniger bagatellmäßige Behandlung der
Mitglieder und richtet sarkastische Angriffe gegen den Vorsitzenden,
die unter stürmischem Protest zurückgewiesen werden. Schließ-
lich fragt er, ob ein Mitglied und Parteigänger des „Mün-
chener Bundes" überhaupt Ausschußmitglied bleiben könne.
Als der Vorsitzende Pfeifer nach all dem meint, daß die
kritische Beleuchtung nur den Zweck haben könne, Stimmung
für die Wahlen zu machen, erhebt sich der Sturm aufs neue.
Er stellt fest, daß bisher sich keine positive Anschauung für
die Ausführung von Verbesserungen ergeben habe, Verbesse-
rungen können übrigens nur durch Statutenänderung herbei-
geführt werden. Dieser letzten Meinung tritt eine Reihe wei-
terer Redner heftig entgegen. Wilhelm weist hingegen die
Vorwürfe gegen die Vereinsleitung, namentlich jene von Beck
und Brandes, zurück und bemerkt, die (Opposition soll erst
einmal zeigen, wie es besser gemacht werden kann. Maler
Leixfinger wendet sich gegen eine vom vorstandstisch gefallene
Äußerung, die Kunstgewerbler möchten „besseren Geschmack
bilden"; es handle sich nicht um die Geschmackbildung allein,
sondern vor allem um die wirtschaftlicheStärkung derMitglieder.
Ministerialrat Meine! tritt der von Leixfinger ausgesprochenen
Behauptung, der Staat bevorzuge eine Richtung, entgegen.
Von einer einseitigen Unterstützung kann nicht die Rede sein,
da der Kunstgewerbeverein vom Staat schon länger und
in höherem Maße unterstützt werde als der Bund.
Zur Debatte spricht auch noch Se. Magnifizenz Unterstaats-
sekretär v. Mayer und in längeren Ausführungen Kommer-
zienrat Gautsch, der, entgegen der hier so oft zum Aus-
druck gebrachten gegenteiligen Meinung, es für gut hält, wenn
die Herren vom Kunstgewerbeverein auch beim Münchener
Bund seien. Der Münchener Bund habe sich Einfluß auf
die Industrie zu verschaffen gewußt. Im Prinzip wolle
der Bund nichts vom Münchener Kunstgewerbe, dieses
solle seine Eigenart wahren. Der Bund habe keinen
Einfluß auf das Kunstgewerbe.
Redakteurbseilmeyer nimmt die Interessen der ZeitschrifHvon
„Kunst und Handwerk" wahr, gegen die alte Klagen aufgeführt
werden ohne jede Berücksichtigung der neuen Bestrebungen.
Gegen Schluß der Debatte stellt R. Kirsch der Vorstandschaft
die Vertrauensfrage, welche aber satzungsgemäß zurückgewiesen
wird, Herr Hofgoldschmied Heiden ergreift das Wort zu
einer eindringlichen, versöhnlichen Ansprache.
Der Tenor all dieser Ausführungen lautete: Der Verein
möge sich mit einer viel stärkeren Aktivität als bisher wirt-
schaftlich betätigen und seine Mitglieder im Konkurrenz-
kämpfe unterstützen, sein altes Ansehen wahren und es in
der Öffentlichkeit viel mehr geltend machen. Außer ein-
zelnen zu bestimmten Forderungen erhobenen Vorschlägen
(die in erster Linie die Ausstellungshalle betrafen) führten
die oft sehr heftig geführten Diskussionen auf keinerlei neue
Wege und Möglichkeiten. Es wird sich eben auch hier wieder
zeigen müssen, daß mit negativer kritischer Arbeit allein noch nichts
getan ist, sondern daß erst in gemeinsamer positiver Zusammen-
arbeit aller Faktoren das erwünschte Ziel eines neuen Auf-
schwunges des Münchener Kunstgewerbes erreicht werden kann.
Bei der Ausschußergänzungswahl wurden folgende Herren in den
Ausschuß gewählt resp. wiedergewählt: August Brandes; Georg
D. w. Lallwey; Wilhelm Eichheim; I. B. Haag; Prof. Or.
Halm; Reinhold Kirsch; Gtto Laube; Georg Pezold; Eduard
Schöpflich; Franz Zettler. —Da Herr Pezold die auf ihn ge-
fallene Wahl ablehnt und auch der der Stimnienzahl nächst-
stehende Herr Düll zurücktrat, kam der der Wahl nach nächst-
berechtigte Herr R. Suder in den Ausschuß.
IIIII1IIIIIIIIIIIIII1IIIIIII1III1IIIIIIIIIIIIIIIII1IIIIII1I1IIIIIIIIII11111II1III11IIII1IIIIIIIIIIIII1III1IIIII111IIIIIIIIII1II1I11IIII1II11I11I IIIIIIIIMIllIllMIlllllllllllllllllllIllllIlllIIllllllllllIlllllllllliilllllllll
verantrv. Redakteur (ausgenommen Anzeigeteil): Alexander Keilmeyer. — Kerausgegeben vom Bayer. Aunstoewerbeverein. — Druck und Verlag
von R. Gldenbourg, München.