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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Heilmeyer, Alexander: Die Deutsche Werkbundausstellung in Köln, [2]
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wie alle bisherigen Versuche in der Aufmachung
unserer Ausstellungshalle. Es lag in Köln dasselbe
Problem vor, um dessen Lösung sich unsere besten
Kräfte schon seit Jahren mühen. Daß die Aus-
stellung mit ihren Darbietungen hervorragender
Einzelstücke: Ehrengeschenke, Silbergeschirre, Be-
leuchsungskörper, ausgezeichnete Arbeiten der
Münchener Goldschmiedekunst mit Recht die Be-
achtung fand, welche das Münchener Kunstgewerbe
verdient, geht aus einzelnen pressestimmen her-
vor. (Unsere Abbildungen zeigen besser noch als
Worte die ausgezeichnete Qualität dieser Arbeiten.
D. R.)

Der Berichterstatter der Münchener Post schreibt
unterm 24. Juni aus Köln: „Der Kunstgewerbe-
Verein bietet am Rhein viel mehr als wir zu Pause
von ihm gewohnt waren. Diplom-Ingenieur
Or. Lömpel hat ihm einen Ausstellungsraum
von freundlich behaglicher Gesamtwirkung zu
schaffen gewußt. Er hebt die Leistungen unserer
Goldschmiede, die Rothmüllers, ferner die von
v. Mayerhofer, peiden, Karl Johann Bauer, pariser,
Schöpflich hervor." Der Referent der frankfurter
Ztg. spricht von unserer Aufmachung als von einer
„Theaterhalle" und fährt dann fort: hier findet
man die typischen Erzeugnisse dessen, was heute
als modernes Kunstgewerbe im Pandel ist und
sein Publikum hat. Der Ausstellungswanderer
kennt diese Peizkörperverkleidungen, Punschterrinen,
Leuchter und Keramiken schon so ziemlich, sie sind
zum Teil sogar schon Stammgäste auf der Leipziger
Messe geworden, und insbesondere die Bayerische
Gewerbeschau enthielt manches von dem, was
Bayern geschickt hat. freilich repräsentiert es sich
in Köln ungleich besser. •— fritz Stahl im Berliner
Tageblatt meint bei seiner Besprechung der ein-
zelnen Sonderausstellungen: „München hätte
als einzige deutsche Kunststadt ein ähnliches paus
(wie Wien) hinstellen können. Das hat seine Aus-
stellung 1908 bewiesen. Ls hat sich aber mit wenig
Räumen begnügt, von denen nicht alle in diese
Ausstellung gehören. Die wohl berufenen „Werk-
stätten" stellen nur kleine Modelle von Zimmern
aus. Der große Saal (Bayern) ist schön, in weiß
und Blau und enthält eine strenge Auswahl von
Münchener Kunsthandwerk und Gewerbe. Der be-
sondere Vorzug Münchens, die Teilnahme der pand-
werksmeister an den künstlerischen Bestrebungen,
wird offenbar. Man zeigt hier, wie man es früher
in München selbst getan hat, daß geschmackvolle
Ware für Jedermann auf dem Markt ist.

Ähnlich urteilt auch der Berichterstatter der Kölnischen
Zeitung: „Der anstoßende, mit grauen, schwarz-

beschlagenen polzsäulen, einem mächtigen, stufen-
förmigen Kaminaufbau und gemalten fenstern
ausgeftattete Raum des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins bringt wesentlich Metallarbeiten, vom
weinkühler bis zum Diamantschmuck, von der
schmiedeeisernen elektrischen Lampe bis zur fein-
ziselierten, edelsteinglitzernden Nachahmung alter
Prunkstücke. Der Raum ist etwas zu vollgestopft;
daß manche Dinge uns nichts neues sagen, ist kein
Vorwurf, sondern nur ein erfreulicher Beweis, daß
gute Arbeiten heute keine Seltenheit, sondern auch
in Warenhäusern gang und gäbe sind, freilich
fehlt es auch nicht ganz an Erzeugnissen, die in
einerwerkbundschau eigentlich rot anlaufen müßten."
Nachdem die Werkbundausstellung durch die sich
drängenden Ereignisse ein jähes Ende gefunden
hat, ist es unnütz, heute noch ihr Ergebnis, ihren
Erfolg oder Mißerfolg zu glossieren. Auf der
Werkbundtagung bemerkte Muthesius in seinem
vortrage:

„freilich, die eine Lehre müssen wir hier für alle
zukünftigen Ausstellungen ziehen, daß solche Aus-
stellungen auf das unbedingt Beste und Vorbild-
liche beschränkt werden müssen.

Die minderwertigen, gleichgültigen und überflüssi-
gen Dinge, die eine solche Ausstellung enthält,
wirken nicht etwa als harmlose Ausfüllungen,
sondern sie ziehen das Niveau herab und erweisen
sich für die Beurteilung schädlich." Und noch einen
anderen Satz, der sich zwar zunächst an die Adresse
des Werkbundes richtet, möchten wir anführen,
weil er auch für unsere Verhältnisse bemerkens-
wert ist: „wir erfreuen uns allgemeiner Aner-
kennung. Ja, es bildet sich bereits ein Ruf ans,
der, wenn wir nicht acht geben, uns verderben kann,
wie die Bewunderung, die man einem Kinde
zollt."

wenn man nur unsere heimischen Stimmen hört,
so hat es den Anschein als stünde München im Mittel-
punkt aller künstlerischen Entwicklung, als wäre es
die einzige künstlerische Zentrale und Geschmacks-
metropole. Die werkbundausstellung hat uns aber
darin gründlich belehren können, daß hinter dem
Berge auch-Leute wohnen, wer offenen Auges
durch die verschiedenen Sonderausstellungen ge-
wandert ist, wer die Einzelleistungen und die Be-
strebungen zur förderung heimischen Kunstgewerbes
in den verschiedenen Staaten und Städten bemerkt
hat, dem kann nicht entgangen sein, daß sich überall
der gleiche Zug bemerkbar machte, sich von München
zu emanzipieren und sich künstlerisch selbständig zu
machen, wir selbst haben dazu beigetragen, indem
wir in unseren Schulen und Werkstätten eine Menge

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