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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft I (Januar 1909)
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Kolb, Gustav: Für einfache Schulverhältnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0021

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ihr wohnt.“

zu tun? Solche Leistungen
Damit hat der Leser voll-

Nur seine Darstellungsweise selbst ist nicht
Striche. (Auf

Abbildung 12.

teristisch zur Darstellung zu bringen.
einfach genug, besonders stören die kreuzweis übereinander gelegten
unserer verkleinerten Wiedergabe nicht gut zu sehen).
Eine spätere Aufgabe lautete: „Zeichnet das Haus, in dem
Die Lösung gelang im allgemeinen noch
besser als die der vorigen Aufgabe und
zwar kam die Liebe zum eigenen Haus da
und dort unzweideutig zum Ausdruck, wie
die Abbildungen zeigen. Darstellungen wie
in Abbildungen 17 und 18 muten fast wie
eine Dichtung an.
Später ging ich zu Einzelheiten über;
ich liess z. B. die Haustüre zeichnen,
durch die jeder in sein Wohnhaus tritt.
Eine weitere Aufgabe lautete: „Das nächste-
mal muss jeder irgend einen Gegenstand
aus seiner Wohnung zeichnen, der ihm
gefällt.“ Das gab aber merkwürdige
Leistungen — und günstige Gelegenheit
zu einer Besprechung über den guten und
schlechten Geschmack. Doch davon ein
andermal. Abbildung 21 zeigt eine gute
Lösung dieser Aufgabe.
Mancher Leser wird nun fragen: „Ja,

was haben diese Beispiele aus einer
„Einjährigenklasse“ mit „einfachen Schulverhältnissen“
können von Volksschülern niemals erwartet werden.“
ständig recht. Die vorgeführten Arbeiten zeigen
zudem auch nur die besten Leistungen, die schlechten
aber habe ich wohlweislich in meiner Mappe ge-
lassen, denn von ihnen könnte man nichts lernen.
Aber trotzdem möchte ich behaupten, dass Auf-
gaben wie die vorgeführten in jeder Volksschule
behandelt werden können. Man muss die Anfor-
derungen eben nieder stellen und insbesondere in
der Darstellungsweise einfach und bescheiden sein.
Der Umriss genügt vollständig, den Organismus
klar zur Anschauung zu bringen. Auf Abbildung 7
ist rechts eine Kinderzeichnung zu sehen. Der
kleine Zeichner ist 63/4 Jahre alt, hat also noch
keinen Zeichenunterricht genossen. Die Zeichnung
zeigt aber trotzdem das Charakteristische und
Wesentliche der Oberhofenkirche vollständig richtig
und wäre noch besser, wenn die Krabben an den
Turmhelmen weggeblieben wären. Allein dem
kleinen Mann stachen diese „Knauppen“, wie er sie
nannte, über alle Massen in die Augen, sodass sie
gar gross und dick aufs Papier kamen. Auch ein
Beispiel, wo der systematische Zeichenunterricht
einzusetzen hat, wenn der Schüler richtig sehen und vor allem die grosse Gesamt-
form auffassen lernen soll. Also, lieber Leser, wage dich mit deinen Knaben und
Mädchen nur keck an solche Aufgaben heran, du wirst ihnen damit auch die
Augen und ihr Herz öffnen für die Schönheit ihrer Heimat. G. K.
 
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