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runde Plättchen als Ohrgehänge *). Obgleich Gesichts- ;
form, Costüm und Haltung völlig dem altgrtechischen Stpl -
gemäß sind, verräth doch die anatomische Nichtigkeit der j
Formen, die Fülle aller Theile, besonders daS richtige j
Hervortreten der Hüfte und die zierliche, fließende Be-
handlung des Marmors das Zeitalter der nachahmenden,
römischen Kunst.

5) Dasselbe findet statt bei der kolossalen Figur ei-
nes Bacchuspriesters ans weißem Marmor, die von
vorzüglicher Arbeit ist. Haar und Bart sind zierlich ge- j
lockt, das Haar mit einer Binde umgeben,und mitEphen- j
blättern und Korpmben geschmückt; in der rechten ausge- >
streckten Hand hält er eine Schaale, in der linken, an dem
Schenkel anliegenden eine Kanne; beide Hände und Vor-
derarme sind restaurirt. Seine Bekleidung besteht in ei-
nem fetngefalteten Gewand, das bis auf die Füße geht.
Darüber liegt ein dickeres Obergewand, welches jedoch nur
um die Lenden geschlagen ist, und über die Brust auf die
Mitte des Körpers herab ein Pantherfell, lieber die
Arme schlingt sich ein leichtes Gewand und die Füße sind
mit Sandalen bekleidet. In dieser merkwürdigen Figur
ist zugleich priesterlichcr Ernst und bacchische Heiterkeit
ausgedrückt, und die kräftigen, gewaltigen Formen bilden
einen eigenen Eontrast mit der Sorgfalt und Zierlichkeit
der eng anliegenden Bekleidung.

4) Kleine Säule aus weißem Marmor, um welche
sechs weibliche Figuren in Hochrelief gearbeitet sind. Die
drei größeren ganz gleich, mit einem der Thurmkrone ähn-
lichen Schmuck auf dem Haupte, gescheitelten Haaren, über
die Schulter herabfallenden Flechten und gegürtetem Ge-
wand. Die eine läßt die Arme ansgestreckt an den Sei-
ten herabfallen, die zwei andern legen die Rechte vor die
Brust, so daß man kaum zweifeln kann, hier eine Vorstel-
lung der dreigestaltigen Hekate, mit Andeutung
des verwandten Begriffs der Nemesis zu scheu. Vor
diesen befinden sich drei kleinere weibliche Figuren, eben-
falls ganz gleich, mit langem Untergewand und Mantel
und kurzen, hinten ausgeknüpften Haaren. Sie geben sich
die Hände und tanzen einen Reigen um die größeren.
Wir möchten sie als Horen erklären, und demnach in
dem ganzen Monument eine Andeutung des waltenden
und rächenden Schicksals sehen, um welches sich die Zeit
in schnellem Kreislauf bewegt. Wer den Hauxtschmuck
der drei größeren Figuren für Thurmkronen ansieht, hält
das Ganze vielleicht für drei Städre oder Provinzen, von
drei Fluß - oder Quellnvmphen umgeben. Diese Bedeu-
tung würde jedoch ausschließlich der römischen Zeit ange-
hören. In den drei größeren Figuren kündigt sich aber
unläugbar ein sehr alterthümliches Motiv an. Dagegen

scheint die flüchtige Ausführung des Werks allerdings auf
spätrömische Zeit hinzuweisen; auch hat die Bewegung der
tanzenden Figuren nicht jene steife und gemessene Zier-
lichkeit, die man in Werken des altgriechischen Styles
findet.

Nächst diesen Rundwerken sind bis jezt vier Büsten
aufgestellt, drei andere Postamente erwarten noch die ih-
nen gehörigen Werke. Die eine, ein jugendlicher Kopf,
mit einer Binde um die gelockten, oben sorgfältig gelegten
Haare, hat einige Aehnlichkeit mit dem jugendlichen Ath-
leten im capitolinischen Museum, welcher für ein Werk
aus dem Anfang der zweiten oder Entwicklungsepoche grie-
chischer Knust gehalten wird *). Eine zweite, unter Le-
bensgröße, stellt einen bärtigen Bacchus oder Bacchns-
priester im ältesten Costüme dar, mit spitzem Bart, zier-
lich geflochtenen Haaren und hinten herabhängendem, um-
geschlagenem Zopf. Die scharfe Arbeit, das Hinaufgezo-
gene der Augen - und Mundwinkel lassen, wie der ganze
Habitus, ein achtes altgriechisches Merk nicht verkennen.
Römische Nachahmung dagegen scheint ein dritter, noch
etwas kleinerer Priesterkopf ans sehr weißem Marmor,
der einen dicken Lorbeerkranz über dem Haar und das
Hinterhaupt mit einem Tuch verhüllt hat. Er ist lachend
mit offenem Munde vorgestellt und das Gesicht hat etwas
Maskenhaftes. Endlich ein Vulkan oder Kabire mit spitzem
Bart und eiförmiger Mütze von alterthümlicher, aber we-
nig sorgfältiger Ausführung.

An den Wänden sind fünf Reliefs auö gebrannter
Erde eingelassen, fammtlich von Einer Größe, in vier-
eckiger Einfassung die Profile des Neptun, Herkules und
Apollo, der Juno und Minerva in altgriechischem Stpl
enthaltend. Sie kommen ans der Sammlung des Fürsten
Poniatowsk».

Wenn man von diesem Incunabelnsaal durch den der
Aegineten, des Apollo, des Bacchus und der Mobiden
hindurchgebt, so gelangt man auf der Rückseite des Ge-
bäudes in die beiden Freskosäle, den Götter- und den
trojanischen Saal. Diesem leztern schließen sich auf dein
rechten Flügel die drei untern neuen Säle an. Zunächst
dem trojanischen Saal bildet der Heroensaal die Ecke
des Gebäudes. Er ist von einem dreifachen Seitenfenster
erhellt, die Wände mit violettgrauem Stncco lnstro be-
kleidet, das Gewölbe in mildem, graulichem Tone gehalten
und die Cassetten, die dasselbe verzieren, auf weiß und
himmelblauem Grunde vergoldet. Der Fußboden ist mit
farbigen Marmorn eingelegt. ,

i) In der Mitte sieht man den Jason, welcher
den Schuh anzieht, eine schöne Wiederholung der im fran-
zösischen Museum befindlichen, ehemals Cincinnatus ge-

>) Ganz ähnlich, nur dag ihr das Diadem fehlt, ist eine
Figur bey Montfaucon T. III. pl. 23.

S. die Herausgeber von Winckelmanns Werken Th. 5.
S. 55o und' die Abbildung daselbst Taf. ü,
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