Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
200 —

Vaterlande unternahm er zur Erforschung der Alterthü-,
nier. ORit seinem Freunde gtey gab er ein lithographir-
tes Werk über die zu Vienne befindlichen Antiquitäten
heraus und fügte eine gründliche Einleitung, wie eine
historisch-gelehrte Erklärung hinzu.

Aus eine in Frankreich unerhörte Weise, mit dem
Manzen auf dem glücken, ja oft sogar ohne diesen, aber
nie ohne eine kleine Tabackspfeife wandernd, machte er,
nicht selten unter freiem Himmel kampirend, eine Vor-
schule für spätere beschwerliche Reisen. Mit Fleiß hatte
er schon in Vienne die Dimensionen römisch-griechischer
Baukunst erforscht, weiterhin sich mit den Denkmalen des
Mittelalters byzantinisch-gothischer und maurischer Kunst
beschäftigt. Seine Forschungen und Entdeckungen füllen
ein zwei Bände starkes, bis jezt noch ungedrucktes Werk.
Er bereitete so eben noch eine Reise nach England und
Deutschland vor, um seine Sammlung zu vervollständigen,
als die Erpedition ihn abrief.

Von seinen praktischen Arbeiten in der Kunst zeichnen
sich mehrere in Marseille augefertigte Büsten und eine
Statue der Seinenvmxhen in Marmor auö. Die lcztere
ist von der Stadt Lyon für das Museum angekauft und
gehört nicht zu dessen geringsten Zierden. So wie Viettp
in jeder Darstellung eines Flußgottes der Alten ein durch-
aus charakteristisches-Abbild des Flusses sind, wie er aus
einzelnen Bruchstücken der Büsten sich den Charakter zu
entwickeln getraute, eben so wollte er in seiner Seinegöt-
tin auch diesen ganzen Fluß personisiziren. Deshalb hat
er vom Ursprung desselben, bis zu seiner Mündung auf
einer Wanderung seinen Lauf verfolgt und diesen Total-
eindruck in der Lage und namentlich im Gewände der
Göttin wieder zu geben versucht. Er hat, obwohl genauer
Kenner der Antike, doch seiner Göttin nur ein provin-
zielles Gesicht als Typus der schönsten.und frischesten
Pariserinnen gegeben, um auch darin seinem Grundsätze
Iren zu bleiben. Es konnte nicht fehlen, daß ihm die Pe-
danten rietheu die Antike besser zu studiren.

Won einem Manne, der mit Leichtigkeit seine grie-
chischen Klassiker liest, in neugriechischer Sprache ver-
kehrt, die besten englischen, italienischen und seine vater-
ländischen Werke (leider noch nicht die deutschen) über
das Alterthum gelesen hat, von einem zugleich ausübenden
und wissenschaftlichen Künstler, der einen ausdauernden
Körper und einen unbegränzten Eifer besizt, läßt sich mit
Mecht eine gute Arbeit über Griechenland erwarten. 2hm
tst besonders der Auftrag geworden, Schätze der Skulptur
vnd Architektur aufzusuchen. Da er sich gegen jene Nim-
mersatte, Alles dem Geburtsorte entführende Sammclwnth
schon früher ausgesprochen hat, so wird er dem neuerstan-
denen Griechenland gewiß in der Angabe seiner Kunst-
reichthümer eine große Stütze bieten können. Briefe von

ihm, wie er sie in der Eile an seine Freunde schrieb, sind
seit längerer Zeit ausgeblieben. Wir theilen hier ans
einem frühern einige interessante Notizen mit. Derselbe
war früher geschrieben, ehe die Erlaubniß der Regierung,
noch länger in Morea bleiben zu dürfen, dem Künstler
zu Tycil geworden war.

September 1829. Von Tergat ging ich nach Argos,
wo man das alte Theater Behufs der Depntirtenversamm-
lnng ausräumte. Ich habe Mpcenä, die wahrhaft home-
rische Stadt, besucht; Nemea, deren majestätische Ruinen
keineswegs durch die modernen Baracken entstellt sind.
Ich habe mich vierzehn Tage in dem prächtigen Korinth
aufgehalten, leider jezt nur ein unförmlicher, mit Nesseln
bedeckter Marmorhaufen. Die Ueberbleibsel seines Nep-
tuntempels erheben sich allein in der Mitte dieses. Chaos
von zertrümmerten Mauern, Auch Tempel und Stadt
seiner unvergleichlichen Akropolis sind zerstört. Stolzes
Korinth, welche Herabwürdigung hast du erlitten! Sicyon
hat mich für Korinth entschädigt. DaS ist von allen
Städten des Peloponnes die, welche am meisten die Spu-
ren ihrer alten Denkmäler erhalten hat. Ihre Lage ist
originell und malerisch. Vier Tage reichten nicht hin,
um Alles zu sehen. Ich werde dahin zurückkehren. Von
da, immer zu Fuß, ging ich über den Isthmus durch die
scvronischen Felsen und ich mußte zu loki Skala (schlechte
Leiter), wo man über Felsengrüude klettert und das
Gepäck mit Seilen hißt, fast den Hals brechen. Dieser
wenig besuchte Weg ist einer der anmuthigsten und male-
rischsten Griechenlands.

In der Mitte des Isthmus erfuhr ich, dass Megaris
von schwärmenden, unzufriedenen Polikaren verwüstet je»,
eben so Eleusis, wohin die Türken aus Athen Ausfälle ge-
macht und die wenigen unter den Trümmern verborgenen
Einwohner getödtet batten. Dessenungeachtet beschloß ich
meinen Weg fortzusetzen. Ich übernachtete zu Teichos,
am Ende des Vorgebirges von Megara. Dieser neue Flek-
ken war voll von Flüchtlingen aus Attika, und man fand
sich also dort etwas schlechter, als unter den Hottentotten
beherbergt. Nur dem Namen nach ist der Ort durch
eine schlechte Mauer neuerer Fabrik befestigt. Ich besuchte
darauf strecks das große Megara. Während fast eines
ganzen Tages irrte ich in diesem Labyrinth der durch
Häuser - und Kirchentrümmer verschütteten Straßen herum.
Ich sah keine lebende Seele; ich war allein; ich hörte
nichts als meine Stimme in den Ausrufen, die mir der '
Schauder dieser Einsamkeit abnöthigte. In Korinth sah
ich wenigstens Einwohner unter den Trümmern Herum-
wanken, ein Stück Bazar und Häuserchen im Bau, in
Megara Todtenstille,. vollständige Ruinen und durch wen? —
ach durch Griechen!

(Der Beschluß folgt.)
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen