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N°. 75.

K u n

Blatt.

Dienstag, 21. S e p t e m b e r 1 8 3 0.

Ucbcr die Kunstwerke des königlichen Landhauses
Rosen stein bey Stuttgart.

Zweiter Bericht.

Seitdem durch Deutsche iu Italien die Frescomalerei
wieder in's Leben getreten ist, bat sich im deutschen Va-
terlande selbst diese Kunst in merkwürdigen Leistungen her-
vorgethan. Wer München und Bonn kennt, wird an den
glänzenden Fortschritten derselben nicht zweifeln können.
Au den größten Vorzügen auch des Landhauses Rosenstein
gehören seine Wandgemälde. König Wilhelm hat sich da-,
für namentlich den Meister ersehen, der früher in Rom
durch sein Frescobild „Herkules und Omphale" den Bei-
fall und die Bewunderung der kunstliebenden Besucher aus
allen cultivirten Nationen erworben hatte, und zu der
Wahl Gegenbauers kam die nicht minder glückliche der
Maler Dieterich und Gutekunst hinzu, um die Säle
des Gebäudes mit würdigen Darstellungen ausznstatten.

Dieterich erhielt den Auftrag, den Plafond deö
Speisesaalcs durch Scenen aus der Mythe des Dionysos
zu beleben. Gegcnbaner sollte den Gegenstand der Far-
nesina, die Fabel von Amor und Psyche, nach seinen wich-
tigsten Beziehungen an der großen Gallerte der Kuppel
und auf vier unter der Kuppel ihm vom Architecten zu-
getheilteu Pendentifs (Zwickeln) ausführen, und Gute-
kuust durch andere, aus derselben Fabel entlehnte Bilder
auf acht kleinen oblongen Feldern und zwei Quadraten
ihn unterstützen. Eine kleinere Arbeit von Gegenbauer,
die Vorstellung der vier Jahreszeiten, war für das Lese-
zimmer der Königin bestimmt.

Die Composition aus der Dionysos Myihe von Diete-
rich besteht aus fünf oblongen Flächen, die eine G' hoch, 14,
lang, zwei andere 5' 5" hoch, 20' 8" lang; die zwei kleinsten
z-'5" hoch, 14'lang. Auf den drei größere» sind die Erzie-
hung, der Brautzug und die Kampfe des Bacchus dargestellt.
Die zwei kleineren enthalten Kinder-Gruppen und Züge
mit Beziehung auf die Mythe und den Dienst dieses Gottes.

Das mittelste und größte unter diesen Bildern gibt
den festlichen Zug des Bacchus und dcr Ariadne. Diese

beiden sitzen auf einem goldenen Wagen; Ariadne aufrecht
und mit der ganzen Haltung des Körpers und Angesich-
tes nach dem rückwärts gelehnten Gotte schauend, welcher
gleichfalls in den Anblick der auf Naros gefundenen un-
glücklichen und nun so glücklichen Schönen versunken ist.
Er stüzt sich behaglich auf den linken Ellenbogen und schlingt
in träumerischem Schauen und Sinnen den rechten Arm
über sein mit Nebenlaub und Trauben bekränztes Haupt,
als wollte er den Kranz befühlen und an dessen Wirklich-
keit sich überzeugen, daß er noch derselbe und daß alles
auch um ihn her Wahrheit sep. Die obere Hälfte seines
jugendlich schönen Körpers ist unbekleidet; um die Lenden
und abwärts umgibt ihn der rothe Mantel in kräftigen
Falten. Die Geliebte trägt ein gelbliches Gewand und
hält den Hellrothen Mantel empor, der, vom Winde ge-
schwellt, in hohem Bogen über sie hiuwallt. Hymen steht
hinter ihnen und, von beiden unbemerkt, läßt er sachte den
Myrtenkranz auf ihre Häupter herab. — Die beiden Pan-
ther, welche den Wagen ziehen, werden von Amorinen ge-
ritten, von denen der eine mit deni Pfeile zum rascheren
Zuge antreibt, der andere die Leier schlägt, während beide
frohlockend auf das liebende Paar zurückseheu und den
Triumph ihres altern Bruders feiern. Ein dritter Amo-
rin geht neben dem Wagen und trägt mit Mühe einen
großen schwarzen Hahn. Der Zug ist von mehreren Sa-
tyrn und Faunen gefolgt, unter welchen sich der berauschte
fette Silen -auf seinem Esel auszeichnet. Er schwankt sehr
»ach der linken Seite herüber, wo seinem Gewichte ein
alter Satyr, der ihn führen will, kaum widersteht, wäh-
rend ein jüngerer auf der andern Seite zu seiner Hilfe
bereit ist. Ein Knabe folgt unmittelbar dem Wagen und
deutet ans des Gottes Wonne. Ein kleinerer zieht den
Bock am Barte, auf welchem sein mit Früchten beladener
Gespiele sitzt. Jener Satyr trägt auf der Schulter sein
Kind; dieser schleppt in unsicherem Tanze den Weinkrug,
der ihn dem rohen Zustande bacchantischer Lust schon nahe
gebracht hat. Unter diesem Getümmel werden auch zwei
Frauen sichtbar, die eine mit dem Korb voll Früchte auf
dem Kopfe, die andere wild und gräßlich die gellenden
Bleche zusammenschlagend. Durch diese einzige hat dcr
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