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Dieser von der Hand eines Freundes mitgetyeilten Be-
schreibung, erlauben wir uns noch einige Bemerkungen, in
Hinsicht auf das Künstlerische des Bildes, hinzuzufügen.
Hr. Wächter, dem sein treffliches Gemälde: Hiob, vor
seinen Freunden sitzend, sein sterbender Sokrates , und an-
dere mannichfaltige Compvsitionen, seit geraumer Zeit eine
ehrenvolle Stelle unter unfern ersten Historienmalern an-
gewiesen, hat hier eine der lieblichsten Ideen in einer höchst
anmnthigen CompositLon dargestellt. Sein Geist weilt am
liebsten in den Dichterphantasien des griechischen Alter-
rhums, und so eignet er sich auch die Darstellungswcise
der Alten in der Wahl des Nackten und der Bekleidung
vorzugsweise zu. Auch dieses Bild zeigt uns die Figuren
nach antiker Art bekleidet, auf einen: alterthümlich gebauten
Kahne. Die Farben sind äußerst angenehni und heiter zu-
sammengestellt, die Behandlung leicht und nicht sehr aus-
geführt; denn unser Künstler, reich an poetischen Ideen,
wendet sich mit seiner Neigung mehr auf die Compositiou.
Darum halten wir uns denn auch vorzüglich an die Zeich-
nung und den Gedanke», und freuen uns der anmnthigen
Gruppirung der Figuren, des bedeutenden Ausdrucks in
den Gesichtern, und des schönen Wurfs der Gewänder.
Die Gruppe der Mutter mit den zwey kleinen Kindern,
und den zwey größeren auf bepden Seiten, ist schön geord-
net, und ganz besonders ist der sinnende, in die Wellen
schauende Knabe eine treffliche Figur. Die bevdcn Lieben-
den, welche hinter ihm stehen, bilden eine Gruppe für sich,
und erhöhen zugleich in schönen Linien dir vorige. Zur Lin-
ken schließt der Mann, mit dem Reisehur ans dem Haupte
neben dem Gepäcke stehend und rudernd, zur Rechten der
müde, gebückt sitzende Greis die Gruppe; jeder füllt das
entgegengesezte Ende des Kahns; und aus der Hand der
blühenden Jungfrau weht der Schleyer in schönem Bogen
empor, wie die Glorie für das Ganze, lieber den Gedcm-
ken selbst dürfen wir nichts weiter hinzufügcn, als den
Wunsch, daß es doch allen Künstlern glücken möchte, so
wahrhaft poetische, klare und ansprechende Gegenstände zu
finden, und auf eine so edle Weise darzustellcn, wie es hier
Hrn. Wächter gelungen ist. Was mit poetischem Sinn und
innigem Gefühl aus dem Leben ergriffen wird, das Rein-
Menschliche in der Verklärung der schönen Idee, bleibt für
alle Zeiten der lohnendste Gegenstand der bildenden Kunst.

Das Gemälde ist im Besitz des Hrn. Oekonomieraths
Sick in Stuttgart.

S.

Üeber Albert Thorwaldsen's zwcytes, in sei'
ner Vaterstadt verfertigtes Basrelief: die Ein-
setzung des heiligen Abendmahls. /

Die traurigen Worte „Einer ist unter Euch, der
mich verrathen wird" find ausgesprochen: der Nach-

klang des Entsetzens', welches dieselben in dem Herzen der
redlichen, liebenden Jünger hervorgebracht haben, ist noch im
Ausdrucke der Gesichtszüge, ja in den Stellungen sichtbar,
(wie wir beym genaueren Durchgehen zeigen werden); aber
schon verschmilzt derselbe in Andacht,. Wehmuth und tie-
fem Gefühl;

denn: „Er steht das Gebächtniß seines Todes zu stiften,
„Schon spricht er die feyerlichen Worte!"

Jesus hat eben, vom neben ihm zur Seite stehenden Ti-
sche, den Kelch genommen, und hält ihn in der linken
Hand leicht und fest: die Rechte ist feyerlich zum Einsegnen
erhoben: das Haupt gen Himmel gerichtet, Auge uud Seele
mit ihm! Die hohe schlanke Gestalt, Ideal (aber in einem
ganz andern Style, wie heidnisches Ideal) sanft und edel
verlängert, die fließenden Umriffe, gleich einer Palme des
Orients: gescheiteltes, glattabwallendes Haar unten in wei-
che Locken fallend, und hinter dem Ohr zurückgestrichen.
Lange in tiefe» Falten zu den Füßen hinadfallende Tunika,
mit Aermeln bis auf die Hand; herrliches Obergewand, vom
linken Arm über die rechte Schulter hinabsinkend, und vorn'
frey. übergeschlagen; voll, weich und wunderschön. Christ»?
schreitet vor, in lebenvoller Bewegung,' redend, und im
Aktus ihnen den Kelch des Bundes zu reichen. Diese hohe
Gestalt ist wieder Eanon einer Christusgestalt: so rein
ausgesondert von allen Nebengedanken, erinnert sic nur an
sich selbst! Es ist der Jesus, der Heiland der Christen;
das Lamm Gottes, in prophetischer Begeisterung und Wür-
de! Alles an derselben strebt himmelan, durch Schmerz
und Wehmuth, der Verklärung entgegen!

Jobannes ist vor ihm niedergesunken; in Liebe,
Wehmuth und Andacht zerflossen, neigt er sich sanft auf ei-
nem Knie vorwärts- über, zu dem erhabenen Meister und
Freunde! Himmel und Erde vergehen um ihn ! Das sanft
geschloffene Auge der Innigkeit, der sanstgeöffnete, einen tie-
fen Seufzer atdmende Mund; die schwach gefalteten vor
ihm herabsinkendeil Hände; die ganze holde Jugendgestalc,
die gleichsam- bethanten Locken; selbst die weich um den
herrlichen Körper wallenden Gewände; alles, alles ist Har-
monie, Ausdruck der heiligsten Wehmuth! Man sieht ihn
erbleichen, man erbleicht mit ihm, und findet sich mit
thränendein Auge, und sanstgefalteten Händen, — man
muß selbst die heilige Wehmuth ausathmen, ehe man diese
einzige, ja einzige Gruppe verläßt!

Die dritte im innern Grunde des Basreliefs folgen-
de Figur, ist ein schöner Mann in männlicher Reife: tiefere
Züge, herrlicher, rimlockter Kopf, und kräftiger Bart. Cr
hebt anbetend die zusammengelegten Hände zu dem Erlöser
empor; der Ausdruck der hingegebensten, redlichsten Treue
bezeichnet das ganze biedere Gesicht, aus dein das weit offne
Auge strahlt. Man sieht nur den Obertheil dieser Gestalt:
sie redet nicht, sie betet schweigend an.

Dann die vierte Petrus: Er ist ganz im Vorgnm-
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