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&e in heftiger Bewegung auf das linke Knie niedergefallcn,
und streckt das rechte Bein vor; der linke Arm und die eine
Hand sind kräftig abwärts gestreckt und ausgeschkagen ; die
Rechte betheuernd auf die Brust gelegt; heftig wogt noch
in ihm das Entsetzen, über die angekündigre Verrathere»!
Er sagt: „Herr ich verlasse dich nie!" Die starke
lebenvolle Gestalt, das hohe Profil, das aus der tiefen Ein-
salstmg so treu und kräftig aufblickende Auge; die herrlich
gewölbte Stirn, mit dem Kranze krauser Haare; der volle
Bart — Alles zusammen bildet einen Kern- und Fels-
Petrus! Nur so kann der hohe Fürst der Apostel ge-
dacht werden: Muth, Treue, Liebe; und doch eine Vcp-
mischnug von der Unbesonnenheit*), welche zu wal-
lendes Blut bey denen hervvrbringt, bey denen das Herz
mit dem Kopfe davonläuft! - O! du guter Petrus, du
Trost und Hoffnung, und Muster, der redlichen Gefallene»,
du bist's ganz! ZwWen Petrus und dem nun fol-
genden hochstehenden Iakobus erscheint im zwepten
Grunde ein alter Kopf, den das tieffromme Auge bedeutend
wacht.
Nu» ragt die Prachtgestalt des jugendlich-schönen Ze-
bcdaiden Iakobus „der auch ein Sohn des Donners
genannt wird" gebietend auf, schreitet lebenvoll und kräftig
vor; der linke Fuß ist noch gehoben; der rechte Arm mit
der ausgestreckten Hand pathetisch neben dem liegenden
Petrus und über ihn hin, gegen den Erlöser ausgestrcckt.
Das herrlich-schöne jugendliche Haupt deö ersten
eartyrers ei.iter vsn heiligen Aposteln, ist mnthlg und
bevnahc so hoch erhoben, wie das des Christus; die grope
Linie, welche den Uinrifi der ganzen erhabene» Gestalt vom
Haupte bis auf den zurückweichenden Fuß hinab, umzieht,
ist einer der gelungensten Würfe der Kunst. Wie schön
die eröffuete linke Hand! Und welch Gewand, alle Umrisse
des großartigen Körperbaues bezeichnend, leicht in sanft an-
gegossenen Fairen. Er ist ideal-schön, mit Jugendlocken und
kurzem zierlichem Barre. Und welche Gefühle reden aus
diesen seekenvvllen Zügen! Tiefer Schmerz, gekränktes
Gefühl.-Mit innig auf die Brust gedrückter Hand will er
noch seine Unschuld, seine Treue bethcuern; als die fever-
lich wehmüthigen Worte: „Dieser Kelch ist das neue
Testament in meinem Blute!" ihn ergreifen, und
jedes eigene Gefühl in selbsivergesscnde Wehmuth anfiösen.
Nun folgt eine ehrwürdige Gestalt, Bartholomäus
der freundliche Greis. Der kahle Scheitel, der lange flies-
sende Bart, starke Gcsichrszüge, durch redlich - kräftige Gut-
wüthigkeit, und heilige Einfalt belebt, bezeichnen ihn. Er
hat voll Inbrunst die Arme über die Brust gekreuzt, treue
Nachfolge gelobend, die er mir seinem Greifen-Blute bald
versiegeln wird! Sein Gewand ist wie das des Petrus ge-
gürtet, doch hier auf nackte» Leib: jenem hängt der Man-
•> UeAdlong • Forward würde rin Engländer sagen.
tel über den Rücken und den linken Arm. Beyde ®e*
wände sind sichtlich von schwerem, gröberem Stoffe, wir
die des Christus, des Johannes und des Jakobus. Tho^
mas ist dicht hinter Bartholomäus gcknicrt: dankend,
zweifelnd, uneins mit sich selbst — hält er bepde Hände pa-
rallel nahe aber offen. Er kann sie nicht glaubend falten.
Seine Stirn ist etwas hart in,d eng; die Nase etwas spitz-
findig gebogen; das Ganze der Physiognomie nnd Gestalt
zusaiymengezogeli, alles in sich hinein; ein physiognomisches
Meisterstück. Die Zweifel dränge» die Wehmuth zurück!
Zwischen Iakobus, Bartholomaus und Thomas er-
scheinen, im inneren Grunde, drey Köpfe. Ein Greis, ein
Mann, ein Jüngling, unter denen ich mir Andreas und
Philippus, und bepm Iüngliligs-Kopfe, mit reichen
Locken umwallt, den Schäfer aus Saran Simon den Ka-
naniten denken würde, den der unsterbliche Säuger des
Messias „das Lied der himmlischen Schaaren neben den
Quellen von Bethlehem" hat vernehmen lassen.
Jezt folgt Judas Jschariot, die lezte Gestalt der
großen, lebendig vor dem Beschauer sich hinreihenden läng-
lichen Gruppe. Er ist eben im Ausscheiden aus dem heili-
gen Kreise, (und zwar auf immer) begriffen. Er wen-
det sich von ihnen Allen ab. Durch Thomas Nieder-
knien nnd sein Abwenden, ist ein Intervall entstan-
den, welches äußerst bedeutungsvoll ist. Christus Ver-
kündigung des nahen Verräthers; seine Worte: „was
du thu n willst, das thue bald!" haben ihn tief er-
bittert! Abgewendrt sind Gestalt, Sinn und Herz! Er
wendet sich gehend ab; in der Linken hält er den Beutel
fest; die Rechte ist unwillig zusammengeballt erhoben; das
Antlitz finster (irnce würbe ein Italiener sagen) verschlos-
sen, bunkelglühend der Blick, den er, dasselbe noch auf die
Gruppe der Heiligen zurückwendend, ausschießt. Er ist wohl-
gestaltet, doch recht grundböse im Ausdruck. Das Gewand
ist karg um die etwas hagere Gestalt gefaltet.
Fr. Brun, geb. MÄnte«.
Nachrichten au« Rom.
(Vom 14. Marz.)
Das große Bild, an welchem der Ritter Grass, schon
seit mehreren Jahren gemalt hat, ist nun vollendet. Es
stellt den h. Petrus dar, welcher dem knieenden Papste die
Schlüssel zurückgiebt. Hinter dem Apostel steht ein Engel
mit der Tiare, hinter dem Papste Cardinal Pacca und ein
Geistlicher. Oben ist eine Glorie von Engeln, und im Hin-
tergrund Monte Maria mit S. Peter sichtbar. Der Künst-
ler gehr über die heißen Monate nach Lucca, kehrt aber auf
den Herbst wieder hieher zurück.
Einer seiner Schüler,.Bosse ans Riga, hat nun eine
Copie der Verklärung für den Dom seiner Vaterstadt voll-
&e in heftiger Bewegung auf das linke Knie niedergefallcn,
und streckt das rechte Bein vor; der linke Arm und die eine
Hand sind kräftig abwärts gestreckt und ausgeschkagen ; die
Rechte betheuernd auf die Brust gelegt; heftig wogt noch
in ihm das Entsetzen, über die angekündigre Verrathere»!
Er sagt: „Herr ich verlasse dich nie!" Die starke
lebenvolle Gestalt, das hohe Profil, das aus der tiefen Ein-
salstmg so treu und kräftig aufblickende Auge; die herrlich
gewölbte Stirn, mit dem Kranze krauser Haare; der volle
Bart — Alles zusammen bildet einen Kern- und Fels-
Petrus! Nur so kann der hohe Fürst der Apostel ge-
dacht werden: Muth, Treue, Liebe; und doch eine Vcp-
mischnug von der Unbesonnenheit*), welche zu wal-
lendes Blut bey denen hervvrbringt, bey denen das Herz
mit dem Kopfe davonläuft! - O! du guter Petrus, du
Trost und Hoffnung, und Muster, der redlichen Gefallene»,
du bist's ganz! ZwWen Petrus und dem nun fol-
genden hochstehenden Iakobus erscheint im zwepten
Grunde ein alter Kopf, den das tieffromme Auge bedeutend
wacht.
Nu» ragt die Prachtgestalt des jugendlich-schönen Ze-
bcdaiden Iakobus „der auch ein Sohn des Donners
genannt wird" gebietend auf, schreitet lebenvoll und kräftig
vor; der linke Fuß ist noch gehoben; der rechte Arm mit
der ausgestreckten Hand pathetisch neben dem liegenden
Petrus und über ihn hin, gegen den Erlöser ausgestrcckt.
Das herrlich-schöne jugendliche Haupt deö ersten
eartyrers ei.iter vsn heiligen Aposteln, ist mnthlg und
bevnahc so hoch erhoben, wie das des Christus; die grope
Linie, welche den Uinrifi der ganzen erhabene» Gestalt vom
Haupte bis auf den zurückweichenden Fuß hinab, umzieht,
ist einer der gelungensten Würfe der Kunst. Wie schön
die eröffuete linke Hand! Und welch Gewand, alle Umrisse
des großartigen Körperbaues bezeichnend, leicht in sanft an-
gegossenen Fairen. Er ist ideal-schön, mit Jugendlocken und
kurzem zierlichem Barre. Und welche Gefühle reden aus
diesen seekenvvllen Zügen! Tiefer Schmerz, gekränktes
Gefühl.-Mit innig auf die Brust gedrückter Hand will er
noch seine Unschuld, seine Treue bethcuern; als die fever-
lich wehmüthigen Worte: „Dieser Kelch ist das neue
Testament in meinem Blute!" ihn ergreifen, und
jedes eigene Gefühl in selbsivergesscnde Wehmuth anfiösen.
Nun folgt eine ehrwürdige Gestalt, Bartholomäus
der freundliche Greis. Der kahle Scheitel, der lange flies-
sende Bart, starke Gcsichrszüge, durch redlich - kräftige Gut-
wüthigkeit, und heilige Einfalt belebt, bezeichnen ihn. Er
hat voll Inbrunst die Arme über die Brust gekreuzt, treue
Nachfolge gelobend, die er mir seinem Greifen-Blute bald
versiegeln wird! Sein Gewand ist wie das des Petrus ge-
gürtet, doch hier auf nackte» Leib: jenem hängt der Man-
•> UeAdlong • Forward würde rin Engländer sagen.
tel über den Rücken und den linken Arm. Beyde ®e*
wände sind sichtlich von schwerem, gröberem Stoffe, wir
die des Christus, des Johannes und des Jakobus. Tho^
mas ist dicht hinter Bartholomäus gcknicrt: dankend,
zweifelnd, uneins mit sich selbst — hält er bepde Hände pa-
rallel nahe aber offen. Er kann sie nicht glaubend falten.
Seine Stirn ist etwas hart in,d eng; die Nase etwas spitz-
findig gebogen; das Ganze der Physiognomie nnd Gestalt
zusaiymengezogeli, alles in sich hinein; ein physiognomisches
Meisterstück. Die Zweifel dränge» die Wehmuth zurück!
Zwischen Iakobus, Bartholomaus und Thomas er-
scheinen, im inneren Grunde, drey Köpfe. Ein Greis, ein
Mann, ein Jüngling, unter denen ich mir Andreas und
Philippus, und bepm Iüngliligs-Kopfe, mit reichen
Locken umwallt, den Schäfer aus Saran Simon den Ka-
naniten denken würde, den der unsterbliche Säuger des
Messias „das Lied der himmlischen Schaaren neben den
Quellen von Bethlehem" hat vernehmen lassen.
Jezt folgt Judas Jschariot, die lezte Gestalt der
großen, lebendig vor dem Beschauer sich hinreihenden läng-
lichen Gruppe. Er ist eben im Ausscheiden aus dem heili-
gen Kreise, (und zwar auf immer) begriffen. Er wen-
det sich von ihnen Allen ab. Durch Thomas Nieder-
knien nnd sein Abwenden, ist ein Intervall entstan-
den, welches äußerst bedeutungsvoll ist. Christus Ver-
kündigung des nahen Verräthers; seine Worte: „was
du thu n willst, das thue bald!" haben ihn tief er-
bittert! Abgewendrt sind Gestalt, Sinn und Herz! Er
wendet sich gehend ab; in der Linken hält er den Beutel
fest; die Rechte ist unwillig zusammengeballt erhoben; das
Antlitz finster (irnce würbe ein Italiener sagen) verschlos-
sen, bunkelglühend der Blick, den er, dasselbe noch auf die
Gruppe der Heiligen zurückwendend, ausschießt. Er ist wohl-
gestaltet, doch recht grundböse im Ausdruck. Das Gewand
ist karg um die etwas hagere Gestalt gefaltet.
Fr. Brun, geb. MÄnte«.
Nachrichten au« Rom.
(Vom 14. Marz.)
Das große Bild, an welchem der Ritter Grass, schon
seit mehreren Jahren gemalt hat, ist nun vollendet. Es
stellt den h. Petrus dar, welcher dem knieenden Papste die
Schlüssel zurückgiebt. Hinter dem Apostel steht ein Engel
mit der Tiare, hinter dem Papste Cardinal Pacca und ein
Geistlicher. Oben ist eine Glorie von Engeln, und im Hin-
tergrund Monte Maria mit S. Peter sichtbar. Der Künst-
ler gehr über die heißen Monate nach Lucca, kehrt aber auf
den Herbst wieder hieher zurück.
Einer seiner Schüler,.Bosse ans Riga, hat nun eine
Copie der Verklärung für den Dom seiner Vaterstadt voll-